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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

deutsche Ausdruck ist „Sieden“. So heißt auch das älteste deutsche Kochgeschirr: der Sieder. Wir erfahren, daß frisches Wildpret am Spieße gebraten, Heerdenthiere aber im Kessel verschnitten wurden. An mittelalterlichem Kochgeschirr haben wir zu verzeichnen: irdene Töpfe und Schüsseln, hölzerne Teller, Gabeln, stets mit nur zwei Zinken, Löffel mit kurzem Stile und großer, runder und tiefer Schale, kupferne Kasserole, Roste von starkem Eisendraht, kleine Kuchenweller mit eingepreßten Linien, Messer mit ebenfalls kleinem Stiele und desto größerer Schneide, Waffeleisen mit den mannigfachsten Figurenformen auf den gerundeten Blättern zur Herstellung runder Kuchen und der sogenannten Waffeln, Holzmodelen zum Formen von Lebkuchen und sonstigem Gebäck, Thonformen für Sülzen und Aehnliches, mit Wappen, Figuren, Blumen, Krebsen, Fischen u. dergl. m. zum Abdruck auf der Teig- und anderer Masse. Auch hier hielt die Kunst ihren Einzug und prägte den Geräthen ihre Gebilde auf.

In der Küche finden wir in Vorrath Speck, Rauchfleisch, Sülze und gesalzenes Fleisch. Sülze und Gallerte waren beliebte Nachgerichte und wurden aus Ochsenfüßen, die feineren Arten aus Hühnern und Fischen gesotten. Das Reich der Lüste zollte einen viel größeren Tribut an die Küche, als heutzutage. Wir finden da beisammen Häher, Raben, Störche, Schwäne, Reiher, selbst Pfauen und Krähen, aber auch Fasanen, Hühner, Gänse, Enten und Tauben, welche auf der Falkenbeize oder im Jagdnetz gefangen waren. Lange Zeit war das Pferdefleisch eine beliebte Speise, denn das Roß war den Germanen einst heilig, bis christliche Priester wider die heidnische Speise eiferten und sie langsam verschwand. Beliebt war auch das Fleisch der Schweine, Rinder, Schafe, Hirsche, Hasen, Biber. Seen und Flüsse spendeten Aale, Hausen, Hechte, Forellen und kleinere Fische. Starkgewürzte Brühen, in denen die Speisen bereitet wurden, vertraten die Stelle der Suppen. Von der Buntscheckigkeit eines mittelalterlichen Speisezettels haben wir schon früher berichtet. Zum Nachtisch gab es Obst, besonders aber Nüsse.

Der deutsche Gemüsebau wurde bereits von den Römern gerühmt. Der Garten war die Domäne der Frau und sie zog dort schon zu Karl’s des Großen Zeit ihren Lauch, Kümmel, Kohlrabi, Bohnen, Erbsen und Zwiebeln für die Küche, Rosen, Lilien, Schwertel, Rosmarin, Sonnenblumen und Tausendgüldenkraut für des Hauses und des Leibes Nutzen und Zierde.

Aus den Hülsenfrüchten bereitete man mit Vorliebe Breie. In gerösteter Form zu flachen Kuchen geformt, bildeten sie das erste Brod, zu dem später Gersten- oder Hafermehl genommen wurde. Dann benutzte man die Reste des alten Teiges als Gährmittel und schuf, unter Hinzunahme von Weizenmehl, ein feineres Brod, das im Gegensatze zu dem „Derbbrod“ Schönbrod oder Weißbrod hieß. Auf Bildern des zwölften Jahrhundert erscheinen bereits die Brezeln ganz in der ihnen noch heute eigentümlichen Form, nur um Vieles größer, und ferner waren früh schon beliebt Krapfen und Pfannkuchen. Selbst als das Bäckereigewerbe bereits zünftig geworden war, ließ es sich die wackere deutsche Hausfrau nicht nehmen, das Brod für den Hausbedarf mit eigener Hand zu bereiten.

Auch der Bereitung des Getränkes stand dieselbe, wie früher erwähnt, nicht fern. Das führt uns hinab in den Keller. Schon im „Parcival“ wird zwischen Meth, Wein und Lautertrank (Gewürzwein) unterschieden. Der Wein, besonders der inländische, wurde nämlich mit Gewürzen und Kräutern versetzt, dann gekocht und warm getrunken, und die Bereitung fiel vornehmlich in das Bereich der Frauenthätigkeit. Daneben trank man viel fremden Wein, besonders Ungar- und Cyperwein, Claret und rothen „Sinopel“, während man Meth aus Honig, Bier aus Gerste und Weizen selbst bereitete; erst im zwölften Jahrhundert gesellte sich zu den Bierbestandtheilen der Hopfen, und jetzt trat die Frau das nunmehr zur Kunst emporgestiegene Braugeschäft an den Mann ab. Früher überwog der Genuß des Bieres; später trank man in vornehmern Häusern fast nur Wein, und das Bier sank zu einem Getränke des Gesindes herab.



Colibri–Studien.
Von F. B. Bernays.

Die wunderbarste Fülle und Pracht ihrer Farben hat die Natur über die Blüthen ausgegossen. Aber die tropische Vogelwelt steht in dieser Beziehung wenig zurück. Man braucht nur

Der gemeine Colibri Nordamerikas
(Trochilus colubris)

einmal die Volièren eines zoologischen Gartens die ornithologischen Schätze eines größeren Museums zu mustern, um einen Begriff zu bekommen von der Unerschöpflichkeit der Farbenzusammenstellungen und Zeichnungen, von dem leuchtenden Schmelz, womit diese lustigen, geflügelten Kinder einer heißeren Sonne geschmückt sind. Unsere Voreltern besaßen noch vor hundert Jahren kaum mehr als eine dunkle Vorstellung von dieser Unerschöpflichkeit; die populäre Kenntniß tropischer Vogelpracht ging nicht viel über den Pfau, den Papagei, den Paradiesvogel, den Colibri hinaus, und noch in meiner Jugend konnten ein mottenfräßiger Paradiesvogel- und ein eben solcher Colibri-Balg nebst ein paar andern unbedeutenden Raritäten ihren Mann ernähren, wenn dieser die Schulen der Dörfer und kleinen Städte mit solchen Schätzen heimsuchte. Noch heute giebt es Kinderbücher, welche nur „den“ Colibri kennen, die nebenstehend abgebildete Art, die ich später ausführlicher besprechen werde; und nicht blos Kinder sind es, die keine Ahnung von der außerordentlichen Mannigfaltigkeit der Formen und Farben haben, welche die Wissenschaft unter dem Namen der „Colibris“ zusammenfaßt.

Man vergleiche nur die auf dem nächstseitigen Bilde zusammengestellten Repräsentanten der südamerikanischen Colibris, welche zwar zu den durch Farbe und Form ausgezeichneten gehören, aber ebenso gut mit hundert nicht minder interessanten hätten vertauscht werden können! Selbst bei mangelnder Farbe - wie anmuthend originell tritt uns jeder einzelne entgegen! Und nun denke man sich die Farben hinzu, welche ich für die Leser mit Worten auftragen will, freilich auf die Gefahr hin, sie zu ermüden. Einer der schönsten Colibris ist der rechts oben sitzende, Topaza pella; sein Rumpfgefieder ist kupferrothgelb, goldglänzend, während der Kopf und ein Band, welches sich um die Kehle zieht, sammetschwarz sind; die Kehle selbst ist rein goldglänzend, in's Smaragdgrüne spielend, welche Farben, je nach dem Lichte, wechseln. Die Schwingen sind rothbraun, Schwanzdeckfedern grün und die verlängerten Schwanzfedern dunkelkastanienbraun.

Unter dem Topaza pella sehen wir die Prachtelfe, Lophornis ornata, mit bronzegrünem Rumpfgefieder und stufig verlängerten, hellröthlichbraunen Kragenfedern. Die Haube dieses zierlichen Thierchens ist hellbraunroth und das Gesichtsfeld, wie die Kehle, sind prachtvoll glänzend grün, Schwingen und Schwanz dagegen braunroth, während der hellfleischrothe Schnabel eine schwarze Spitze hat. Das Weibchen ist ohne allen Schmuck. Neben der Prachtelfe sitzt der durch seinen langen Schnabel ausgezeichnete Schwertschnabel, Docimastes ensifer, dessen Hauptfarbe, Grün, metallisch glänzend in verschiedene andere Töne spielt. Oben, auf

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_104.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)