Seite:Die Gartenlaube (1879) 082.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)


Heizeffect dadurch herabgemindert wird, daß das abgelassene warme Wasser selbstverständlich aus der Wasserleitung durch kaltes ersetzt werden muß.

Die letzte der Heizungen in dieser Reihe ist die Luftheizung, wozu noch die möglichen Combinationen derselben mit den vorgenannten Heizmethoden kommen. Sie ist, beiläufig bemerkt, die älteste der Centralheizungen. Für die Anlage einer Luftheizung wird in einem fensterlosen Raume des Kellers, der nur eine Zuführungsöffnung für die frische Luft von außen hat, ein entsprechend großer Heizofen aufgestellt, welcher die Luft dieser sogenannten Heizkammer erwärmt. Von hier aus steigt die Luft in die darüberliegende Mischkammer, wird hier mit zugeführter kalter Luft zu der erforderlichen Temperatur gebracht und nun durch gemauerte Canäle in den Wänden nach den zu heizenden Räumen geführt.

Auf die Art und Größe des Heizofens in der Heizkammer kommt hauptsächlich die Leistungsfähigkeit und Brauchbarkeit der Heizung an. Ist der Ofen aus Eisen construirt und so angelegt, daß ein Glühendwerden desselben eintreten kann, so hat die Heizung dieselben Nachtheile, wie die Benutzung eines gewöhnlichen Ofens. Die Luft wird trocken, enthält Kohlenoxydgas und Aschentheilchen und wird zum Athmen untauglich. Ist nun noch dazu der Heizapparat undicht, so kommen auch noch Verbrennungsgase mit in die warme Luft, und es wird in allen Zimmern tagelang nach Rauch riechen, wenn der Schornsteinfeger die Heizkammer hat betreten müssen, um die Züge des Heizofens zu reinigen, wie das bei fehlerhafter Anlage vorgekommen ist.

Alle diese Uebelstände sind aber durch die neuesten Einrichtungen beseitigt.

Man benutzt heutzutage zur Erwärmung der Luft in den Heizkammern statt des Ofens eine eigene Dampfheizung und erhält so eine Dampfluftheizung, auf welche ein Traum der Zukunft sich gründet. Man will nämlich von einer Centralstelle aus einen ganzen Häusercomplex in dieser Weise heizen, wie man jetzt für Zuführung von Gas und Wasser sorgt. Erwärmt man die Heizkammerluft mit einer Heiß- oder Warmwasserheizung, so entsteht die Heißwasserluft- respective Warmwasserluftheizung. In ganz ähnlicher Weise giebt es auch Dampfwasserheizungen.

Diese Combinations-Luftheizungen sind heutzutage nach Aufgeben der alten Luftheizungen am meisten angewendet, da sie alle Schäden, die vorher aufgeführt wurden, vermeiden. Einer Austrocknung der Luft in den Heizkammern muß übrigens bei jeder Luftheizung durch aufgestellte Wasserverdunstungsgefäße vorgebeugt werden.

Bei großen öffentlichen Gebäuden werden alle diese Centralheizungen in den mannigfaltigsten Combinationen angewendet. Ein eigenes Heizer- und Maschinistenpersonal sorgt für die prompte Ausführung der Heizungs- und Ventilationsvorschriften und wird im Keller durch elektrische Thermometer von den Temperaturgraden der einzelnen Räume unterrichtet, um dafür sorgen zu können, daß die gewünschte Temperatur überall durch die Heizung erzielt wird. Anemometer (Luftzugmesser) zeigen an, ob die geforderten Luftmengen durch die Ventilationscanäle wirklich abgegeführt und durch frische, genügend erwärmte Luft ersetzt werden, und Hygrometer (Feuchtigkeitsmesser) weisen nach, ob die Luft mit so viel Wasserdämpfen gesättigt ist, wie zum Athmen für den Menschen dienlich erscheint. Bei Wohngebäuden ist eine so eingehende Wartung der Heizung und Ventilation nicht möglich, und deshalb treten, namentlich bei fehlerhafter Anlage, so häufig Störungen und Unzuträglichkeiten ein, die dann immer gleich fast sämmtliche geheizte Räume betreffen. Am wenigsten Wartung und Pflege bedarf eine gut angelegte Warmwasserheizung, die auch deshalb immer für Wohngebäude die beste Centralheizung bleiben wird.

Ganz mit Recht ist nun aber in Norddeutschland der Kachelofen, namentlich wenn mit ihm eine Ventilationseinrichtung verbunden ist, der beliebteste Heizapparat, und nicht genug kann man sich darüber wundern, daß die Franzosen und Italiener in kalten Tagen noch immer am Kamin frieren. Der Kamin ist zwar gesundheitlich und ästhetisch gerechtfertigt, verbraucht aber eine ungeheure Menge Brennmaterial, ohne den gewünschten Nutzen zu liefern. Nur die strahlende Wärme wird hier ausgenutzt; die leitende kommt gar nicht in Betracht.

Am Rhein ist der eiserne Ofen noch immer fast allein im Gebrauch; sogar auf ihren Wohnungsumzügen belästigt er die Leute mit Schmutz, denn dort gehört der Ofen zum beweglichen Mobiliar und wird von den Miethern aus einer Wohnung in die andere mitgenommen.

Kamin und eiserner Ofen läßt sich aber mit dem Kachelofen so gut vereinigen, daß man eigentlich in dieser Beziehung Jedem gerecht werden kann. Allbekannt sind in Berlin die Kaminöfen, deren sich in letzter Zeit das moderne Kunstgewerbe mit so viel Glück angenommen hat. Unsere Ausstellungen haben hierfür Musterstücke genug in gewähltester Glasur und Technik aufzuweisen.

Diese Kaminöfen gewähren den reizvollen Anblick des Holzfeuers auf offenem Kamin, führen aber die Feuerluft in Zügen durch einen oben aufgesetzten Kachelofen und nutzen dieselbe so für eine dauernde Erwärmung des Zimmers aus. Sie sind außerdem so gebaut, daß seitlich sich noch eine Feuerungsöffnung mit luftdichtem Verschluß befindet, die eine Benutzung des Kamins ausschließen kann. Das Kaminfeuer kann man daher unabhängig von Ofenfeuerung seitlich benutzen und umgekehrt; den Anblick des offenen Holzfeuers, kann man sich für trauliche Dämmer- und Plauderstündchen aufsparen.

Als Combinationen der eisernen Oefen mit den Kachelöfen sind die sogenannten Duvigneau’schen, als die am meisten verwendeten, zu erwähnen, deren Lob ich sehr oft habe aussprechen hören. Der kleine eiserne Ofen steht hier frei im Bauche des Kachelofens und berührt die Kacheln nur am Fuße und da, wo die Feuerluft aus ihm in den Kachelofen überströmt. Wird dieser Ofen ungeschickt gebaut, sodaß der eiserne seitlich mit dem Kachelofen sich berührt, so treibt ersterer, indem er sich bei der Heizung ausdehnt, unfehlbar die Kacheln aus den Fugen. Eine durchbrochene eiserne Thür, meist fein polirt, entzieht den kleinen eisernen Ofen dem Auge des Betrachtenden. In früheren Jahren waren die nach demselben Principe gebauten sogenannten Feilner’schen Oefen in Gebrauch; sie haben sich nicht bewährt, weil da Kachel- und eiserner Ofen nicht von einander getrennt waren.

Zum Schlusse noch eine kurze Bemerkung über die jetzt so häufig in vielen Restaurationen, Cafés und Weinstuben angewendete Ventilationsart mittelst einer in einer Schornsteinröhre brennenden Gasflamme. Das ist im Princip richtig, denn die Gasflamme erwärmt die Luft in dem Rohre; diese entweicht nach oben und saugt so die Luft aus dem Zimmer hinter sich her. Leider aber ist das Schornsteinrohr viel zu eng, als daß es so viel schlechte Luft aus dem Raume herausbefördern könnte, wie nöthig ist, um eine erträgliche Luft herzustellen. Der Querschnitt dieser Ventilationsrohre beträgt gewöhnlich 0,03 Quadratmeter; die Geschwindigkeit der Luft in denselben kann sich in günstigen Fällen auf 2,5 Meter pro Secunde steigern, sodaß also stündlich 0,03.2,5.60.60 == 270 Cubikmeter Luft abgeführt werden. Soll nun in einem Locale, in welchem geraucht wird, eine erträgliche Luft hergestellt werden, so muß pro Person stündlich ein Luftquantum von circa 80 Cubikmeter zugeführt und als verbraucht durch die Ventilation abgeführt werden. Man ersieht leicht, daß obiges Schornsteinrohr für circa 4 Menschen genügt, während derartig ventilirte Räume häufig von der fünffachen Personenzahl benutzt werden. Die Ventilationseinrichtung ist also nicht ausreichend. Man hat in diesem Falle die Röhrenzahl den Verhältnissen entsprechend zu vermehren, beziehentlich ihren Querschnitt zu vergrößern. Bei öffentlichen Gebäuden nehmen die Ventilationscanäle, wenn sie schließlich in 1 oder auch 2 oder 3 Schloten vereinigt sind, ziemlich bedeutende Dimensionen an und erregen mit ihrer Masse und den krönenden Deflectoren, welche die Windströmungen auch noch zur Absaugung der schlechten Luft benutzen sollen, oft genug beim Publicum Fragen nach der Bedeutung dieser thurmartigen Schornsteine.

Möchten doch unsere leider nur oft casernenartig angelegten Wohnhäuser mit Rücksicht auf gute Heizung und Ventilation gebaut werden, namentlich so weit es sich um die ungesunden Keller- und feuchten Erdgeschoßwohnungen handelt! Frische Luft in richtiger Temperatur ist für Gesundheit und Leben des Menschen ein unschätzbares Gut, ist Medicin.

Ahrendts, Regierungsbaumeister.



Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_082.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)