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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

und Gärtner liegt das Eingangsthor, und weiterhin, ungefähr zehn Schritte entfernt, das Leichenhaus.

Die kaiserliche Admiralität, unter welche das Institut gestellt ist, hat sich mit anerkennenswerther Fürsorge bestrebt, das Lazareth nach jeder Richtung hin mit den betreffenden Heilanstalten des Inlandes auf gleiche Stufe zu setzen. Es haben daher auch bei der inneren Ausstattung der Krankensäle und bei den wirthschaftlichen und gesundheitlichen Einrichtungen die neuesten Erfahrungen in der Krankenpflege Berücksichtigung gefunden. Die Ausstattung ist nicht nur eine reiche, bis in die kleinsten Details bemessene, sondern auch eine gediegene und solide und mit besonderer Rücksicht auf die isolirte Lage des Instituts berechnete.

Mit der Leitung des Instituts ist ein erfahrener Marine-Oberarzt beauftragt worden. Zur Aufnahme sind in erster Reihe die Officiere und Mannschaften der deutschen Kriegs- und Handelsmarine ohne Unterschied berechtigt. Es können jedoch auch, wenn es der Raum gestattet, andere Deutsche und Angehörige fremder Nationen aufgenommen werden. So wird denn das deutsche Marinelazareth in Yokohama dazu beitragen, dem deutschen Namen auch nach dieser Richtung hin im Auslande Anerkennung zu verschaffen.




Die Postsparcassen. „Ich habe jetzt,“ erzählte mir ein sogenannter Weinreisender, „täglich zwanzig Mark Spesen. Bei sparsamer Lebensweise kann ich an jedem Tage sehr gut fünf Mark zurücklegen. Behalte ich nun das Geld bei mir, dann weiß ich nicht, ob ich es wieder nach Hause bringe. Denn als Weinreisender komme ich oft in lustige Gesellschaft oder an den Spieltisch, und dann können meine Ersparnisse sehr leicht an einem Abende hinschwinden. Aber ich richte mich jetzt anders ein. Jeden zweiten Tag gebe ich zehn Mark zur Post – postlagernd in L. unter meiner Adresse. Nach drei Wochen komme ich zurück und erhebe auf der Hauptpost meine hundert Mark, für die ich recht gern an Porto inclusive Bringerlohn zwei Mark fünfzig Pfennig bezahlen werde.“

Seit jenem Tage habe ich den Mann noch nicht wieder gesehen und weiß also nicht, ob er seinen Plan ausgeführt hat. In Betreff der Verlegenheit aber, die er anführte, steht er nicht allein. Ueberall giebt es eine große Anzahl von Leuten, die Geschäfte halber oft ihren Wohnort verändern müssen. Für diese hat es nun wenig Sinn und Zweck, ihr Geld in Sparcassen anzulegen. In ihre Heimath kommen sie selten, nach anderen Orten, wo sie Geld gespart, vielleicht niemals zurück. Ein Erdarbeiter z. B., der bei den Eisenbahnbauten in Sachsen beschäftigt ist, befindet sich heute bei Gohlis, in vierzehn Tagen bei Markranstädt, und in vier Wochen arbeitet er vielleicht auf der Staatsbahn bei Zwickau. Was nützt ihm die Sparcasse seines Heimathsortes oder die so trefflich eingerichtete Sparcasse der Stadt Leipzig?

Als mir jener Reisende von seiner Benutzung der Post zu Gunsten seines Sparsystems erzählte, hatte ich schon von den in England, Italien, Belgien und in der Schweiz förmlich eingerichteten Postsparcassen gehört, welche überall die kleinen Ersparnisse in Empfang nehmen und überall, wo sich Postanstalten befinden, das Geld sofort auch wieder auszahlen. Auf dem jetzt während der Weltausstellung in Paris abgehaltenen Congresse für Wohlfahrtseinrichtungen ist der Gegenstand ausführlich zur Sprache gekommen, und auch unser verdienstvoller Generalpostmeister Stephan hegt, wie verlautet, die ernste Absicht, die Postsparcassen in Deutschland einzuführen. Auf dem Pariser Kongresse war es der französische Volkswirth Gustav Hubbard, welcher in einer Sitzung des erwähnten Congresses den Plan einer großen, unter staatlicher Leitung stehenden Postsparcasse zunächst für Frankreich entwickelte. Dieser Plan ist aber für jedes civilisirte Land anwendbar, und es hat die Gesetzgebung, durch welche Postsparcassen in einem Lande errichtet würden, vor Allem folgende drei Punkte in’s Auge zu fassen: 1) die Bestimmung der Postämter zur Annahme und Auszahlung der kleinen Ersparnisse; 2) die Uebernahme der bestehenden Sparcassen durch den Staat und 3) die Verwaltung des gesammelten Sparcapitals durch den Staat.

Die Ermächtigung der Postbeamten zur Annahme der ersparten Gelder am Schalter und zur Ausstellung von Sparbüchern wird wohl bei dem heutigen Umfang der postalischen Tätigkeit auf keine besondern Schwierigkeiten stoßen. Wenn wir erwägen, daß die Post nicht nur Briefe, Pakete und Geldsendungen befördert, sondern sogar Rechnungen einzieht und Wechsel protestirt, dann werden wir leicht zugeben, daß sie auch jener neuen Anforderung vollkommen gewachsen ist. Erwünscht wäre es vielleicht, daß dabei eine Trennung der Cassen eingeführt würde, wie sie in England besteht. Die kleinen Ersparnisse, von zehn Pfennig an, werden dort von den sogenannten Pennybanken angenommen und es wird die ersparte Summe, wenn sie fünf Pfund Sterling (100 Mark) erreicht hat, an die eigentlichen Sparcassen, die Savingbanken, abgeliefert. Diese Theilung ist wichtig für den Zweck; es wird damit für den umherziehenden Theil der Arbeiterbevölkerung eine Sparbank mit möglichst zahlreichen Filialen geschaffen.

Mehr Schwierigkeiten würde die zweite Frage bereiten: die Uebernahme der bestehenden Sparcassen durch den Staat. Die Nothwendigkeit dieser Maßregel wird dadurch begründet, daß die gesammelten Capitalien in Privathänden nicht immer hinlänglich gesichert erscheinen. Die häufigen Bankerotte der englischen Sparcassen haben im Anfange der sechsziger Jahre selbst das Parlament des im Punkte der persönlichen Freiheit so empfindlichen England bewogen, die bestehenden Sparcassen unter Regierungsaufsicht zu stellen und staatliche Sparcassen an der Post in’s Leben zu rufen. Die freie Concurrenz zwischen diesen Privat- und Staatsanstalten hat im Verlauf von zehn Jahren, von 1865 bis 1875, zu dem Erfolg geführt, daß die Postsparcassen, was die Höhe der eingezahlten Summen und die Zahl der Bücher anbelangt, die alten Privatanstalten überflügelt hatten. Wir sehen also, daß auch ohne die Uebernahme der bestehenden Cassen durch den Staat die Postsparcassen zur Blüthe gelangen können. Diesen Weg gedenkt auch, wie das Postarchiv berichtet, unsere deutsche Regierung einzuschlagen.

Was schließlich die Verwaltung des gesammelten Geldes betrifft, so darf man mit Recht verlangen, daß dieses von der arbeitenden Classe dem Staate anvertraute Capital auch nach Möglichkeit im Interesse dieser Classe verwendet werde. Es wird vorgeschlagen, das Geld an Leihhäuser zu zahlen, und erst den verbleibenden Ueberschuß an die Stadt- und Dorfgemeinden auf sichere Hypotheken zu geben.

Aber nicht allein die Sicherheit der gesammelten Capitalien, für welche der Staat garantirt, nicht nur die Erleichterung der Einzahlungen und Erhebungen der Ersparnisse, nicht nur die Begründung einer großen nationalen Arbeiterbank, die in ihrer Bedeutung alle Hülfscassen überträfe, sondern auch politische Rücksichten sind es, die uns die Verwirklichung dieses Projectes für Deutschland herbeiwünschen lassen. Daß an dieser Reichssparcasse, an diesem Nationalvermögen die Arbeiter eines erlaubten Staatsschutzes sich erfreuen würden, das ist wahrlich ein Moment, welches nicht zu gering angeschlagen werden darf. Möchte also das Unternehmen erwogen werden und bald die teilnehmende Zustimmung aller verständigen Kreise finden! Man ist berechtigt zu der Annahme, daß es zu den besten Mitteln gehört, die verblendeten Arbeitermassen den Bethörungen durch wühlerische Hetzer abwendig zu machen und sie das Glück wieder nur da suchen zu lassen, wo es zu finden ist: in fleißiger Arbeit, geordnetem Wandel und Sparsamkeit.




Eine spanische Schönheit. (Siehe Abbildung S. 25.) Von jeher hat Spanien, „das Land des Weins und der Gesänge“, einen besonderen geheimnißvollen Reiz auf unsere Phantasie ausgeübt. Warum? Es gleicht einem verschlossenen Zimmer in dem allenthalben offenen Hause Europa, dessen Räume sonst so bekannt und vertraut anmuthen. Aber in der verschlossenen Thür des Zimmers sind Ritzen, ganz kleine Ritzen, und durch die Ritzen hat das Auge einige fremdartig schöne Dinge entdeckt, welche der Zauber der Unnahbarkeit und des gebrochenen Lichts wunderbar verklärt hat. So ist denn unsere Phantasie angefüllt mit den immergrünen Gärten von Murcia, Valencia, Granada voll südlicher Pracht, mit einförmig wüsten Hochplateaus, wo der Merinoschäfer und der Räuber hausen, mit Stiergefechten, Alhambras und Zigeunern, stolzen Hidalgos und bezaubernden Duennas mit schmachtenden Mandelaugen, welche so versengend feurig blicken können, mit Citherklang, lauschigen Balcons und sonst allerlei. Dazu kommen Reminiscenzen aus der Glanzzeit der spanischen Geschichte und Literatur. Das ist Spanien für uns. Der Kenner des Landes hat freilich andere Vorstellungen; er weiß auch, was es mit den bezaubernden Duennas auf sich hat – die Schönheit ist eben allenthalben eine vereinzelt wachsende Blume, und die Wäscherinnen vom Manzanares sind keine Engel. Aber es ist etwas Besonderes an dem Schönheitstypus wie dem Schönheitsideal jedes Landes, und was den spanischen Typus auszeichnete, das hat jedenfalls für uns durch seine Fremdartigkeit etwas Reizvolles: ein gewisser, sozusagen orientalischer Zug neben der pikanten Farbenzusammenstellung des Südens und jener von sinnlich koketter Grazie durchsättigten Beweglichkeit, welche sich aus der kurzen Blüthe des südlichen Weibes mit Naturnothwendigkeit herausgebildet hat. Je kürzere Zeit letzteres zu bezaubern vermag, um so intensiver muß es den Zauber wirken lassen. Unsere Madrider Schöne, deren Photographie wir der Filiale eines spanischen Kunstverlags in Stuttgart (B. Schlesinger) verdanken, mit der reizenden aufgesteckten Mantilla, deren Zipfel sich über der Brust kreuzen, mit dem nie fehlenden Fächer, mit den schwimmenden dunklen Augen und den weißen Perlenzähnen – es wird ihr gehen wie allen ihren Landsmänninnen, welche „das Loos des Schönen auf der Erde“ so viel rascher erfahren, als ihre nordischen Schwestern. Im Umsehen ist sie eines Tages verblüht, und kein Photograph kommt mehr auf den Einfall, sie um eine Sitzung zu bitten und ihr Bild in die Welt hinaus zu schicken.



Berichtigung. Gelegentlich der lobenden Besprechung des humoristischen Prachtwerkes „Spießbürger und Vagabonden, eine zwanglose Gesellschaft von Hugo Kauffmann 25 Blatt in Lichtdruck, im Verlage von Adolf Ackermann in München“ ist versehentlich erwähnt worden, das hübsche Werk habe schon den vorjährigen Weihnachtstisch geziert. Wir berichtigen dies als einen Irrthum; denn es ist im Sommer vorigen Jahres erst erschienen, hat also wenigstens für den Weihnachtstisch den Reiz der Neuheit.



Kleiner Briefkasten.

Dr. Z. in St. Organ des neugegründeten deutschen Schriftstellerverbandes ist die von Johannes Prölß herausgegebene Wochenschrift „Allgemeine literarische Correspondenz“ (Leipzig, Herm. Foltz), in der Sie zugleich ein sehr reichhaltiges, mit kritischer Tüchtigkeit von modernen wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus redigirtes Literaturblatt des eleganteren Genres finden werden.

K. L. in L. Jawohl! Beiträge, welche sich mit den aussterbenden Resten altherkömmlicher Volksfeste beschäftigen, sind uns immer hochwillkommen. Nur bitten wir um sorgfältige Beobachtung!

M. S. in Breslau und Morphinophagos. Wenden Sie sich an Herrn Sanitätsrath Dr. Ed. Lewinstein in Berlin, welcher eine Heilanstalt speciell für Morphiumsüchtige leitet.

R. N. in Hohenelbe.Die zwölf Apostel“ ist der Titel eines Werkes von E. Marlitt.

E. S. in Osnabrück. Die gewünschte Auskunft wird Ihnen das Curatorium des Feierabendhauses für deutsche Lehrerinnen und Erzieherinnen in Steglitz gern ertheilen,

R. Z. in E. Ein Lebensbild des jüngst verstorbenen amerikanischen Gesandten in Berlin und geistvollen Dichters Bayard Taylor finden Sie in Nr. 17 des Jahrgangs 1878[WS 1].

A. S. Wurde auf Ihren Wunsch vernichtet.


Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 1877
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_040.jpg&oldid=- (Version vom 24.3.2018)