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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

dem Leben gefertigten Zeichnungen betrachtet haben, womit Johanna Schmidt, die begabte Tochter des Straßburger Professors Oscar Schmidt, den Band aus Brehm’s „Thierleben“ geschmückt hat, dessen trefflichen Text wir ihrem Vater verdanken. Wie reizend, wenn man auch nur einige dieser seltsamen Typen, einige Meer-Anemonen, einige Fischchen und Seepferdchen, einige Krabben oder sonstiges Krustergekrabbel bei sich zu Hause beobachten und pflegen könnte! Die Süßwasser-Aquarien haben überall als Zimmerschmuck, als Belehrungsmittel Eingang gefunden, warum sollte Gleiches nicht mit See-Aquarien stattfinden können? Freilich bedarf es hier der Ueberwindung größerer Schwierigleiten; wenn auch genügende Apparate hergestellt werdend können zur Durchlüftung des Wassers, so ist es weit schwieriger, die Bewohner zu beschaffen. Die Bestrebungen der Einzelnen, die etwa aus Seebädern Thiere mitnehmen möchten, reichen hier nicht aus.

Ich habe mich in meinem Laboratorium in Genf schon öfter mit mancherlei Versuchen abgeplagt, ohne das mir Zusagende finden zu können. Um so mehr ist es mir eine Freude, hier sagen zu können, daß ich von einem kleinen Zimmer-Aquarium, welches ich nebst seinen Einwohnern, bestehend aus verschiedenen Arten von See-Anemonen, Krabben, Zahnkarpfen und Seepferdchen, von den Gebrüdern Sasse, Markgrafenstraße in Berlin, bezogen habe, vollständig befriedigt bin. Seit acht Monaten steht dieser kleine, etwa einen Fuß hohe, etwas längere Glaskasten in meinem Laboratorium, und die Thiere leben darin in vollkommener Frische, obgleich ich absichtlich manche ungünstige Verhältnisse gehäuft habe. Das Aquarium steht nämlich unmittelbar an einem Fenster, das von drei Uhr Nachmittags die Sonnenstrahlen direct erhält. Es war leicht ersichtlich, daß die Thiere dieses durch das Wasser hindurchfallende Sonnenlicht sehr unangenehm empfanden; die Anemonen zogen sich zusammen und entfalteten sich nur in trüben Tagen oder nach Sonnenuntergang; Fische und Krabben versteckten sich so viel wie möglich. Das Aquarium wurde also durch einen den Sonnenstrahlen undurchdringlichen Vorhang geschützt. Die Wärme ist ebenfalls kein zu verachtender Feind – aber nichtsdestoweniger haben die Thiere die heißen Sommermonate ebenso glücklich überstanden, wie jetzt die kalten Wintermonate, während welcher freilich das Laboratorium wie ein gewöhnliches Zimmer geheizt wird.

Ohne Zweifel ist dieses günstige Resultat der ausreichenden Lüftung zu verdanken, welche in außerordentlich einfacher Weise hergestellt wird. Ich will den Apparat nicht beschreiben – er beruht auf dem einfachen physikalischen Grundsatze, daß strömendes Wasser Luft mit sich reißt. So fließt denn entweder aus einer Maschinenleitung, die ja jetzt fast in allen Städten vorhanden ist, oder aus einem in einiger Höhe aufgehängten Reservoir süßes Wasser durch eine dünne Glasröhre ab, welche oben in einen mit einer Oeffnung versehenen Knoten geschlungen ist. Die hier eintretende Luft wird von dem strömenden Wasser mit hinabgerissen und sammelt sich in einem Glase an, aus welchem eine Röhre mit höchst feinem Ausgang in das Aquarium führt. Dort perlt nun beständig die Luft hervor, welche von dem im Glase sich sammelnden und beständig durch einen Heber abfließenden Wasser comprimirt wird.

Die erste Aufstellung des Apparates ist nicht ganz leicht; es müssen dabei die Niveauverhältnisse wohl berücksichtigt und der Zufluß des süßen Wassers von oben, sowie der Abfluß desselben unten genau geregelt werden; ist dies aber einmal geschehen, so arbeitet den Apparat, wenn er von einer Wasserleitung gespeist wird, ununterbrochen Monate hindurch ohne weitere Mühe fort und die Luft perlt Tag und Nacht durch das Aquarium, dessen Seewasser klar und hell bleibt und keiner Erneuerung bedarf. Hat man keinen laufenden Wasserstrom zur Verfügung, so genügt ein kleines Reservoir oben und ein entsprechendes unten, deren Capacität so bemessen ist, daß das einmalige oder zweimalige Füllen im Laufe von 24 Stunden genügt, um beständig Luft durch das Aquarium zu treiben.

Für die Thiere, welche ich aufzählte, genügt als Nahrung fein geschnittenes Fleisch, Abfälle aus der Küche. Es ist ungemein unterhaltend zu sehen, wie die kleinen Zahnkarpfen die Fleischstückchen in dem Wasser wegschnappen, ehe sie zu Boden fallen, wie sie sich darum jagen und streiten, wie die Meer-Anemonen ihre Fühlerkreise öffnen, den weiten Mund hervorstülpen und dann durch Zusammenbiegen der Fühler den Bissen in den weiten Magensack hineinschieben, wie die listigen Krabben bald den Fischen ihre Beute entreißen, bald mit Scheeren und Füßen das Fleischstückchen aus den Fühlfäden der Meer-Anemonen herauszuangeln suchen, um es gegen die Brust zu drücken und seitwärts tänzelnd sich in eine Ecke zurückzuziehen, wo sie es mit Muße verzehren.

Es genügt, hier auf die Anstalt der Gebrüder Sasse aufmerksam gemacht zu haben, die mit Aquarien, Lüftungsapparaten und Thieren reich versehen ist und dem sinnigen Beobachter der Natur manche Freude verschaffen mag. Wenn gehörig angelegt und eingerichtet, bietet das Seewasseraquarium weit weniger Schwierigkeiten der Besorgung und Erhaltung, als die gewöhnlichen Süßwasseraquarien, deren Wasser sich viel leichter zersetzt und dann die Thiere tödtet. Nur vor Einem möchte ich die Liebhaber noch zum Schlusse warnen: man hüte sich vor allen Meerpflanzen wie vor Gift! Die ganz grünen, meist handartig ausgebreiteten Ulven, die etwa wie Salatblätter aussehen, können noch allenfalls zur Erhaltung des Wassers beitragen; alle andern Tange, mögen sie roth oder gelbgrün aussehen, sterben schnell ab, zersetzen sich und füllen das Aquarium mit fauligem Schleime, der auf die meisten Thiere geradezu giftig wirkt. Aber auch die Ulven haben das Unangenehme, daß sie zahlreiche mikroskopische Keimkörner und Schwärmsporen ausstreuen, die sich an den Wänden des Aquariums festsetzen, dieselben mit grünem und braunem Beschlage undurchsichtig machen und meist so fest haften, daß sie kaum mit steifen Bürsten und auch so nicht vollständig sich entfernen lassen. Ich habe eine solche Ulve zur Zeit in einem Aquarium gehabt, und obgleich dasselbe mehrfach ausgeputzt und selbst ausgetrocknet wurde, entwickeln sich noch immer die Vegetationen an den Wänden, sobald dasselbe neu besetzt wird. Freilich dienen die Sporen und Keimkörner manchen Thieren, wie namentlich gewissen Meerschnecken, zur Nahrung, aber diese bringen wieder die Unannehmlichkeit des vielen Schleimes, den sie absondern, und sind deshalb meist lästige Bewohner der Aquarien.

Der sinnige Beobachter wird in dem Besitze eines solchen Aquariums gewiß noch manche Momente finden können, die den Forschern bis jetzt entgangen sind und wichtige Fingerzeige geben mögen zur Erhaltung bis jetzt noch uncultivirbarer Thiere. Aber wenn auch dies nicht wäre, so wird seine Sorgfalt durch manche Freude belohnt werden, welche ihm die Beobachtung selbst bietet.




Blätter und Blüthen.


Das neue deutsche Marinelazareth in Yokohama (siehe Abbildung S. 37), der bedeutendsten Handelsstadt in Japan, auf der Ostseite der Insel Nippon an der Yeddo-Bai gelegen, ist die erste derartige Anlage, welche das deutsche Reich im Auslande errichtet hat.

Das jährlich wiederkehrende Auftreten ansteckender Krankheiten, wie des Typhus und der Pocken, in Japan machte bei dem zunehmenden Verkehr deutscher Schiffe mit diesem Lande eine geregelte Fürsorge für die Verpflegung und ärztliche Behandlung der dort erkrankenden Seeleute nothwendig. Der früher in’s Auge gefaßte Plan, jenen Gedanken in Gemeinschaft mit anderen dort verkehrenden Nationen zu verwirklichen, mußte aufgegeben werden, weil die hierbei vorzugsweise in Betracht kommenden Mächte Großbritannien, Frankreich und die Niederlande jede selbständig für das Bedürfniß ihrer Marine gesorgt hatten. So ist denn, nachdem durch den Reichshaushaltsetat für das Jahr 1875 die erforderlichen Mittel bewilligt waren, ein wesentlich deutsches Marinelazareth fertig gestellt und, so viel uns bekannt, auch bereits eröffnet worden.

Das Grundstück liegt malerisch in unmittelbarer Nähe der See, außerhalb der Stadt Yokohama, auf einem ziemlich steil ansteigenden Hügel, in einem Parke mit herrlicher Aussicht auf den Hafen. Dasselbe gewährt Unterbringungsraum für vierundvierzig Kranke, darunter vier Officiere oder Civilpersonen von entsprechendem gesellschaftlichem Range. Es besteht aus zwei massiv aufgeführten Baracken für je zweiundzwanzig Kranke, an den Seiten von offenen Veranden umgeben, welche durch einen ebenfalls offenen bedeckten Gang mit einander verbunden sind. Unsere Abbildung zeigt diese Baracken im Vordergrunde von der Giebelseite aus. Das laubenartige Häuschen zwischen diesen Gebäuden ist eine Brunnenbedachung. Rechts von den Baracken liegt das Closetgebäude für die Kranken und das Verwaltungspersonal, während links, durch die Bäume halb versteckt, das zweistöckige Verwaltungsgebäude, enthaltend die Wohnungen für den dirigirenden Arzt und den Inspector, sowie das Geschäftszimmer, hervorsieht. Das noch im Bau begriffene Holzgebäude am Fuße des Hügels, längs der Einfriedung, ist das Wohngebäude für das japanische Unterpersonal des Lazareths, nämlich für den Koch und die Krankenwärter. Unmittelbar rechts daneben (auf der Zeichnung nicht mehr sichtbar) zwischen diesem Gebäude und dem Häuschen für den Thorwächter

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_039.jpg&oldid=- (Version vom 24.3.2018)