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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)


zögen im Winter nur nach dem südlichen Europa und höchstens bis nach Sicilien und den Griechischen Inseln. Daß sie bis nach Afrika und speciell nach Aegypten kommen und von da weiter bis nach Nubien und Abessinien, war uns damals noch unbekannt. Verwunderlich, ja beinahe unglaublich erschien uns dies hauptsächlich wegen des eigenthümlichen Fluges der Bachstelze, die ja bekanntlich immer nur in kurzen Absätzen und in kürzeren oder längeren Bogenlinien durch die Luft schießt und, scheinbar wenigstens, diesen Flug alle Augenblicke unterbricht, um sich wieder zu setzen und weiter zu „wippen“. Aber das Factum war da und ließ sich nicht wegleugnen: überall in den Gärten von Kairo sah man Bachstelzen, auch unter den Palmen der Nilufer und gleichfalls in den großen Alleen, die nach den Pyramiden führen, ja an den Pyramiden selbst, also inmitten der Wüste. Und dort war es auch, wo ich zuerst von dem seltsamen Phänomen hörte, über das ich kurz berichten will.

Wir saßen nämlich eines Abends am Fuße der Cheopspyramide bei einer Schale Mokka, den uns die Beduinen bereitet hatten, und bliesen unter heiterem Geplauder die blauen Rauchwolken unserer Korani-Cigarretten in die Luft – die einzigen Wolken, nebenbei bemerkt, die zu sehen waren, denn der Himmel war, wie fast immer in Aegypten, völlig wolkenlos und von einer so durchsichtigen Helle, wie wenn er aus einer immensen Glaskugel bestände; wir warteten nur auf den Untergang der immer tiefer sinkenden Sonne, um unsere Rückfahrt nach Kairo anzutreten. Das tiefe Schweigen der uns umgebenden Wüste hatte etwas ungemein Feierliches, es wurde nur von Zeit zu Zeit durch den heiseren Geier hoch über uns unterbrochen, und noch höher kreisten die Pelikane, deren Flug, so schwerfällig sie auch in der Nähe aussehen, an Majestät von keinem andern Vogel erreicht wird. Dicht vor uns tänzelten und wippten einige Bachstelzen, die ganz zutraulich waren, hin und her flogen aber immer wieder in unsere Nähe kamen. Ich äußerte bei dieser Gelegenheit, daß ich nicht recht begreifen könne, wie die Vögel im Stande seien, die weite Reise über das Mittelmeer zu machen. Das hörte der Scheich Ibrahim, dem unser Dragoman davon sprach. Der alte Beduine wandte sich in einem Gemisch des Arabischen und Französischen folgendermaßen an mich, und der Dragoman half zu besserem Verständniß aus:

‚Weißt Du denn nicht, hadretak (hoher Herr), daß diese kleinen Vögel von den großen über das Meer getragen werden?‘

Ich lachte, und die Freunde gleichfalls; denn anfangs glaubten wir, falsch verstanden zu haben. Aber nein! Der Alte erzählte ganz unbefangen weiter:

‚Das weiß ja bei uns jedes Kind. Diese assafihr (kleinen Vögel) sind viel zu schwach, um aus eigener Kraft die lange Seereise machen zu können. Das wissen sie auch sehr gut, und deshalb warten sie auf die Störche und Kraniche und andere große Vögel, auf deren Rücken sie sich setzen; sie lassen sich so über das Meer tragen. Die tijuhr (großen Vögel) thun es gern, denn sie haben die kleinen Gäste sehr lieb, die ihnen noch dazu auf der langen Reise durch ihr lustiges Gezwitscher die Zeit vertreiben.‘

Das schien uns unglaublich; wir riefen ein paar braune Beduinenknaben herbei, zeigten ihnen die Bachstelzen und fragten sie:

‚Wißt Ihr, wie die kleinen Vögel hierher gekommen sind?‘

‚Gewiß,‘ antworteten sie, ‚der Abu Saad (der Storch) hat sie über das Meer getragen.‘

‚Da hörst Du, daß ich Dir die Wahrheit berichtet habe,‘ sagte der alte Ibrahim nicht ohne Selbstgefühl und hielt mir zugleich seine braune Hand mit einer leichtverständlichen Bewegung entgegen. Ohne Bakschisch, das heißt ohne Trinkgeld, geht es nun einmal nicht in Aegypten. –

An der Abendtafel im ‚Hôtel du Nil‘ erzählte ich dann Allen die es hören wollten, die seltsame Geschichte, fand aber natürlich nur ungläubige Ohren.

Der Einzige, der weder lachte noch spottete, war der Hofrath Heuglin, der berühmte Afrikareisende und (mit Brehm) wohl der bedeutendste Ornithologe unserer Zeit, wenigstens für die afrikanische Vogelwelt. An ihn wandte ich mich nach Tische und klagte ihm meine Enttäuschung. Der gute Hofrath lächelte in seiner feinen kaustischen Weise und zwinkerte dabei mit den Augen, wie er gewöhnlich zu thun pflegte, wenn man ihn in einer wissenschaftlichen Frage zu Rathe zog. Dann sagte er: ‚Lassen Sie die Andern nur lachen! Sie verstehen ja doch nichts davon. Ich lache ganz und gar nicht darüber, denn auch mir ist die Sache bekannt. Ich hatte sogar längst bei irgend einer Gelegenheit in meinen Schriften etwas darüber gesagt, wenn ich nur einen schlagenden Beweis dafür gehabt und zwar aus eigener Anschauung. Unsereiner muß sich mit solchen Dingen weit mehr in Acht nehmen, als der blos erzählende und unterhaltende Schriftsteller; wir müssen für alles den Beweis haben. Für möglich halte ich übrigens den Fall, aber, wie gesagt, ich kann ihn nicht verbürgen.‘ – So der gute Heuglin, der nun auch schon zu den Todten gehört.

Meine Entdeckung, wenn ich sie so nennen darf, behielt ich übrigens, nachdem Heuglin sich so darüber ausgesprochen hatte, für mich, und würde auch noch heute über dieselbe schweigen, wenn ich nicht kürzlich eine neue Autorität dafür gefunden hätte.

Ich lese nämlich in der zweiten Ausgabe von Petermann’s großem Reisewerke:[1]

‚Professor Roth aus München erzählte mir in Jerusalem, daß der bekannte schwedische Reisende Hedenborg, der sich auf der Insel Rhodus niedergelassen, folgende interessante Beobachtung gemacht habe. Er hörte öfter, wenn die Züge der Störche im Herbst über das Meer nach Rhodus kamen, Gesang von Singvögeln, ohne daß er diese entdecken konnte. Einst ging er den Zügen der Störche nach und sah, als sie sich niederließen, daß von ihren Rücken kleine Vögel aufflogen, welche sich auf diese Weise über das Meer tragen ließen. Die Größe der Entfernung hatte ihn verhindert zu bemerken, welche Gattung von Singvögeln dies gewesen.‘

So schreibt der berühmte Geograph.[WS 1] Hedenborg und Roth sind durchaus glaubwürdige Gewährsmänner. Daß Ersterer die Gattung der kleinen Vögel nicht näher bezeichnen konnte, ist in Bezug auf das Factum an sich nur von untergeordneter Bedeutung und schließt auch jedenfalls die Bachstelzen nicht aus, vorzüglich wenn man damit die Erzählung des alten Ibrahim in Verbindung bringt. Interessant wäre es aber, wenn sich, durch diese Mittheilung angeregt, andere Kenner und Sachverständige darüber aussprechen möchten; wir bekämen vielleicht auf diesem Gebiete noch ganz andere und weit seltsamere Dinge zu hören. Ist doch das Instinctleben der Thiere, trotz aller Beobachtungen und Erfahrungen noch in so vieler Beziehung ein Buch mit sieben Siegeln.“

  1. Reisen im Orient von H. Petermann. Zweite Ausgabe. I. Bd. S. 41.





Berichtigung. In Gustav Weck’s Gedicht „Im Paradiese“ (Nr. 39) hat sich in einem Theile unserer Auflage ein Druckfehler eingeschlichen; es ist dort in der ersten Strophe, zweite Zeile statt „hellen Raum“ zu lesen: „stillen Raum“.





Kleiner Briefkasten.

J. Sch. in H. W. Heimburg. Verf. von „Aus dem Leben meiner alten Freundin“ ist, wie wir auch bereits angezeigt, allerdings identisch mit der Autorin der gegenwärtig durch unser Blatt laufenden Erzählung „Lumpenmüllers Lieschen“. Die mit so vielem Beifall aufgenommene ersterwähnte Novelle erschien seinerzeit in der „Magdeburgischen Zeitung“ und ging dann als Buch in den Faber’schen Verlag in Magdeburg über. „Aus dem Leben meiner alten Freundin“ ist ein in seinen Linien gehaltenes Seelengemälde von eigenthümlichem poetischem Reiz, das wir durchaus Ihrer Beachtung empfehlen dürfen. Was duftiges Colorit und stimmungsvolle Situationsmalerei betrifft, erreicht das treffliche Buch nahezu die Rangstufe der gleichartigen novellistisachen Erzeugnisse des mit Recht gefeierten Theodor Storm.

B. J. in Bremen. Episches bringt die „Gartenlaube“ grundsätzlich nicht.




Für unsere von zwiefachem Unglück heimgesuchten Oesterreicher

gingen ein: Verlagshandlung der „Gartenlaube“ M. 300; Alexander Wiede M. 50; eine mitleidige Frauenseele M. 2; S. in Chemnitz M. 1; F. W. M. 3; aus Hainichen M. 10; Alfred L. in W. M. 10; J. Z. in Dresden M. 10.5; Gustav Hanneck in Braunschweig M. 3.5; Karl C. D. in Bamberg M. 10; G. Pl. in Chemnitz M. 5; J. L. Braunsberg in Frankenthal M. 5; P. B. in Reichenbach M. 10; W. Ellen in Magdeburg M. 20; aus Berlin M. 6; Johmae in Soldin M. 10; M. A. L. in Erfurt M. 3; Fed. Fischer in Buchholz M. 10; E. G. in Bremen M. 3; A. Leon in Schlochan M. 5; F. T. Rbg. a. S. M. 3; aus Coburg M. 10; F. G. in Bremen M. 3; Dr. Becker in Altkirch M. 3; H. H. H. in Cassel M. 10; P. Scheren in Zittau M. 10; E. J. in S., Ober-Lausitz M. 3; Ungenannt in Dresden M. 40; vier Leser der „Gartenlaube“ in Weißstein M. 10; Dr. Z. V. M. 15; C. Hermann Schmidt in Pösneck M. 10; F. S. in Ulm M. 5; aus Völklingen M. 5; L. B. M. 4; R. R. in Detmold M. 5; R. B. in Cassel M. 8; Ungenannt in Durlach M. 8.5; C. Damnitz in Hamburg M. 5; A. Brühl in Gellendorf M. 3; Frau P. B. in Harzgerode M. 6; A. Quelmalz in Oberfrohna M. 6; Regierungsrath Kuntze in Grabitz M. 5; D. K. in Schlitz M. 5; C. Ks. in Suhl M. 10; G. Zechmeyer in Nürnberg, für Briefmarken, M. 1.70; ein Leser der „Gartenlaube“ seit 1855 in Cassel, der noch so glücklich ist, ein trautes Heim zu haben, M. 30; D. R. in Heidelberg, vier Briefmarken à 20 Pf. (nicht M. 1.) 80 Pf.; R. R. in Borna M. 30; Ertrag einer Sammlung in Pösneck M. 5; J. W. Lang in Gotha M. 10; Stadtbaumeister Aug. Ilg in Ueberlingen M. 5; J. B. M. M. 20.5; Geheimrath Sattig in Görlitz M. 10; Hugo Arnoldi in Barmen M. 3; T. und H. S. in O. M. M. 10; Dr. Otto Just in Zittau M. 4; K. in Glogau M. 10; L. Sch. in Peine M. 3; G. Roeder in Frankenthal M. 6; ein Dienstmädchen in Hamburg M. 1; eine Wittwe und ihre zwei Töchter in Detmold M. 5; Max May in Freiburg M. 5; T. B. Schmitt, kgl. Billeten-Exped. in Gunzenhausen M. 2.80; Ludw. Bobsin in Boizenburg M. 15; M. K. in Danzig 40 Pf.; G. L. in Gotha M. 3; M. R. H. M. 10; Oberförster Schmidt in Morgenröthe M. 10; F. A. und E. Schumann M. 25; Fr. M. B. in Kassel M. 30; A. Sch. in Göppingen M. 2; S. M. in Prenzlau M. 1.50; Oberger. Anw. Gravenhorst in Lüneburg M. 30; Bertha S. in Herischdorf M. 6; Krieger, Ulrich, Jordans M. 2.50; Prof. Ht. in Aachen M. 10; ein armer Reisender in Freiburg in Haan M. 10; E. St. in Schweinfurt M. 5; H. in Posen M. 5; Ld. Gdt. in Ffurt. M. 25; aus Roensahl M. 5; von einem Dienstmädchen M. 5; Kränzchen M.- A. M. 15; Dr. Erler in Stollberg M. 5; Ferd. D. in Hanau M. 5; aus Landsberg a. W. M. 1.; aus Rußland M. 9.40; G. in Paris M. 8.20; W. E. D. in Oldesloe M. 5; E. H. in München M. 5; Frau W. in Freiburg i. B. M. 10; Duttenhofer in Rottweil M. 20; Advocat Naumann in Neustadt M. 10; August D. in Schwabing M. 6; H. B. in Taura M. 5; Frl. Gebhard in Brandenburg M. 2; aus Leobschütz M. 10; ein langjähriger Leser der „Gartenlaube“ in Meldorf M. 5; P. H. und F. H. in Minden M. 5.50; M. M. 1; Emilie M. 3; G. B. M. 1; Schlag. und Schw., Orgelbauer, in Schweidnitz M. 3; B. B. in Gotha M. 6; P. P. in Kempten (Baiern) M. 3.10; G. Gottschalk in Bernburg M. 3; O. M. 5; Stammgäste der Jüngling’schen Wirthschaft in Frankfurt a. M. M. 16.55; K. M. 10; „Das ist mein Oesterreich.“ M. 5; aus Schievelbein M. 1; T. S. in Kassel M. 9; Jul. Körner M. 10; O. R. in W. M. 12.50; M. R. in Eisleben M. 10; Ella Riedel M. 4; K. D. in Kassel M. 6; L. H. in Potsdam M. 5.

Die Redaction.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. gemeint ist nicht der Geograph August Heinrich Petermann, sondern der Orientalist Julius Heinrich Petermann, vergl. Kleiner Briefkasten (Die Gartenlaube 1878/48)
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 704. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_704.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)