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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)

Des Lateinischen kundige Leser mögen mit dem Schriftstück nachfolgende Entzifferung eines in Stil und Orthographie wahrhaft barbarischen Wortlauts vergleichen, an welche wir die deutsche Uebersetzung schließen:

(C.) Carolus gratis. Dei rex Francorum et Langobardorum omnibus fidelibus nostris presentibus et futuris illud nobis ad eterna beatitudine retribuere confidemus quicquid ad loca sanctorum uel in stipendia seruorum dei conferimus igetur notum sit omnibus fidelibus nostris qualiter nos ob amore Christe et stabelitate regni nostri caedimus ad monastherio cuius uocabolum est Haereulfisfeldi quem sanctissimus uir Lullo episcopus in honore beatissimorum apostolorum Simonis et Thathei uel citerorum sanctorum cuius pignora ibidem uenerantur uisus est aedificasse cessumque in perpetuo mansurum esse uolemus hoc est decima parte de uilla nostra in pago Torrinziae que dicetur ad Salsunga super fluıuum Uuisera id est cum terris mansis campis pratis siluis pumiferis uuatriscapis aquis aquarumque decursebus gressis et ingressis communiis peruiis sessis salinariis ubi patellas ad sale facere ponuntur cum omnibus aisgenciis ibidem pertinentis quantumcumque ad ipsa decima parte de ipsa curte pertinet et Lullo episcopus antea in nostro beneficio habuit ad die presenti ad prefato loco sancto pro anime nostre remedium ut ipsi apostoli Christe pro nobis in die iudicii intercessores adsistant trademus donamus adque confirmamus perpetualiter ad possedendunı habendi tenendi domenandi commutandi uel quicquid exinde ipsi rectoris ipsius monastherii uel successoris eorum facere decreuirent pro oportunetate ipsius monastherii in omnebus in dei nomine perfruatur eis arbitrius propterea presentem preceptum ordinandum decreuimus quod nos propter nomen Domini et reuerencia loci illius et stabelitate monachorum in eodem monastherio ad sepe dicto monastherio deleganimus nec seua cupiditas nec nulla iudiciaria potestas nullum umquam tempore augeat uiolare sed ut Christo adiouante ad nos uel ad successoribus nostris progenieque nostrorum omnique tempore aelimosina nostra salua et inconuulsa stabelis permaniat manum propriam subter eam decreuimus adfirmari et de annulo nostro siggillare precipemus.

(C.) Hitherius recognoui et (subscripsi S. R.) Signum (Karolus) Caroli gloriosissimi Regis. (L. S.)

Dataui in anno VII regni nostri sub die nonas Ianoarias hactum ad Cariciaco palatii publici in Dei nomine feliciter.


(J. N. Chr.) Karl von Gottes Gnaden König der Franken und Longobarden allen unsern gegenwärtigen und zukünftigen Getreuen! Was wir für die Stätten der Heiligen und zum Unterhalt für die Diener Gottes beitragen, dies wird uns, wie wir vertrauen, zur ewigen Seligkeit verhelfen. Deswegen thun wir allen unsern Getreuen kund, welche Schenkung wir aus Christi Liebe und zur Wohlfahrt unseres Reiches an das Kloster Hersfeld machen, welches der allerheiligste Bischof Lullus zur Ehre der allerseligsten Apostel Simon und Thaddäus, sowie der übrigen Heiligen, deren Reliquien daselbst verehrt werden, mit großer Mühe erbaut hat; und wir wollen, daß die Schenkung für beständig demselben verbleiben soll: das heißt, der Zehnte von unserm Reichsorte Salzungen im Thüringer Lande am Flusse Werra; und zwar vom Grund und Boden, den Hufen, den Feldern, den Wiesen, den Wäldern, den Obstgärten, den Canälen, den Gewässern und Wasserläufen, den abhängigen und unabhängigen Gemeinden, den vorhandenen Salzstätten, wo Siedepfannen zum Salzmachen stehen, sammt allen daran haftenden Nutznießungen. Ueberhaupt Alles, was zum Zehnten des Herrenhofes selbst gehört, und der Bischof Lullus vorher von uns zu Lehn gehabt hat, übergeben wir, schenken wir und beurkunden wir am heutigen Tage der vorhergenannten heiligen Stätte unsers Seelenheiles wegen, damit die Apostel Christi selbst am Tage des Gerichts als Fürbitter uns beistehen, zum beständigen Besitz: es zu haben, zu behalten, zu verwalten, zu vertauschen, oder was auch später die Obern des Klosters selbst oder ihre Nachfolger zum Gedeihen ihres Klosters zu thun für gut befinden; in Allem mögen sie in Gottes Namen nach ihrem Gutdünken schalten. Deswegen haben wir gegenwärtige Urkunde auszustellen beschlossen, und überweisen dieselbe im Namen des Herrn, und aus Ehrfurcht vor jener Stätte und zur Wohlfahrt der Mönche in eben jenem Kloster an das oft genannte Kloster, und es soll weder böse Lust, noch irgend welche richterliche Gewalt es jemals wagen, sie zu verletzen, sondern, damit unser Gnadengeschenk mit Christi Hülfe bei uns sowie unsern Nachfolgern und unsern Nachkommen und für alle Zeiten unversehrt und unverrückt bestehen bleibe, haben wir beschlossen, unsere eigenhändige Unterschrift zum Zeugniß dessen herunterzusetzen, und befohlen, es mit unserm Ringe zu untersiegeln.

(J. N. Chr.) Beglaubigt (und des Königs Namenszug geschrieben): Hitherius. Namenszug (Karolus) des allerglorreichsten Königs Karl. (L. S.)

Gegeben im siebenten Jahre unserer Regierung am 5. Januar; vollzogen auf der Reichspfalz Crecy im Namen Gottes zum Glück und Heil.

In dem wunderlich aufgebauten Namenszuge des großen Kaisers rührt übrigens von dessen Hand, wie die Kundigen wissen, nur das mittlere Stück her, welches a, o und u zusammenfaßt; die übrigen Buchstaben fügte die Kanzlei hinzu. Es wird für nicht wenige unserer Leser von Interesse sein, diesen wenn auch nur kleinen Zug von der Hand des gewaltigen Mannes zu erblicken, den wir an den Anfang der deutschen Geschichte zu stellen gewohnt sind; und die Urkunde ist alt genug, wenn auch eine Anzahl noch älterer aus Karl’s Regierungszeit und selbst deren aus der Zeit Pipin’s und der Merowinger sich erhalten haben. Das Archiv auf dem alten Hessenschlosse zu Marburg (vergl. „Gartenlaube“, Jahrgang 1873 S. 395), welches das Document bewahrt, verdankt dem preußischen Regime seine Begründung als Sammelpunkt für die zahlreichen Urkundenreste namentlich der Klöster in und um Hessen.

Salzungen verdient indeß nicht blos seines Alters, sondern auch seiner Saline und Bade-Anstalt, der Sulzberger’schen Stiftung und der anmuthigen Umgebung wegen nähere Beachtung. Wir bemerken gleich hier, daß die von etwa vierthalbtausend Seelen bewohnte Stadt zwischen Meiningen und Eisenach an der Werrabahn, am linken Ufer der Werra und am Zusammenfluß der Silge und Armbach liegt; hier war die uralte Südgrenze Thüringens, hier stießen einst der fränkische, obersächsische und oberrheinische Reichskreis zusammen, und noch heute bildet das Salzunger Weichbild den Grenz- und Uebergangspunkt von fränkisch-hennebergischer und thüringischer Sprache und Volksart, gerade wie die Ausläufer des Thüringerwald- und des Rhöngebirgs sich hier über die Werra hinüber begrüßen.

Das Alter des Salzwerks und die Anfänge des Orts würden vielleicht noch um sieben Jahrhunderte weiter zurückzuführen sein, wenn der römische Geschichtsschreiber Tacitus (XII, 57) die Oertlichkeiten, wo er im Jahre 59 nach Christi Geburt die deutschen Völkerschaften der Katten und Hermunduren sich um die Salzquellen an ihrem Grenzflusse hart bekämpfen läßt, deutlicher bezeichnet hätte. Da aber Hessen-Allendorf und Kreuzburg an der Werra mit demselben Rechte jene Stelle des Tacitus auf sich beziehen können, so ist Salzungen mit seiner feststehenden elfhundertjährigen Ehre zufrieden. Dagegen ist bemerkenswerth und durch viele Ausgrabungen bewiesen, daß das Verfahren, das Salz dadurch zu gewinnen, daß die Soole über einen in Brand gesetzten Holzhaufen geschüttet und verdampft wird, genau wie Tacitus es beschreibt, in ältester Zeit in Salzungen stattfand.

Die Entwickelungsgeschichte des Salzunger Salinenwesens kann nicht Gegenstand dieses Artikels sein; im Allgemeinen lehrt sie uns, daß das starre Festhalten am Alten auch hier für jede Verbesserung, jeden Fortschritt einen harten Kampf nöthig machte, und daß auch hier der Lohn des Sieges den Besiegten zu Gute kam. Die Theilhaber an der Pfännerschaft wie die Arbeiter befanden sich so wohl, daß vor dem Dreißigjährigen Kriege Salzungen von seinen Nachbarn „das Silberstädtchen“ genannt werden konnte. Eine dreizehnmalige Plünderung und Verheerung während dieses deutschen Elends richtete Stadt und Salzwerke zu Grunde. Die Stadt hat erst jetzt, nach mehr als zweihundert Jahren, die vormalige Einwohnerzahl wieder erreicht; sie erholte sich hauptsächlich an den wiedererstandenen und mit jeder neuen Verbesserung bedachten Salinen, deren Erzeugniß in letzter Zeit bis auf zweihundertdreißigtausend Centner gestiegen war. Die Gründerzeit ging auch an dieser altehrwürdigen Pfännerei nicht ohne Einwirkung vorüber: seit 1872 ist die Saline im Besitze einer Actiengesellschaft.

Derselbe Widerstand, welcher sich so lange Zeit den Fortschritten des Salinenbetriebs entgegenstemmte, war auch bei der Anlegung der Badeanstalt zu überwinden. Erst im Jahre 1801 wagte es ein tapferer Mann, der bekannte weimarische General von Seebach, angelockt von der Schönheit der Gegend, sich Salzungen zum Ort einer Badecur zu wählen. Diesmal glückte es der einen Schwalbe, einen Sommer herbeizurufen, an welchem die Stadt sich noch heute erwärmt. Da aber Berichte über Bäder grundsätzlich aus dem Gebiete der „Gartenlaube“ ausgeschlossen sind, so verweisen wir unsere Leser hinsichtlich dieses Gegenstandes auf R. Hertel’s und Dr. Wagner’s Schriften über das „Soolbad Salzungen“. Die reizende Lage des Curhauses deutet unsere Illustration genügend an.

Wenn das Städtchen selbst auch nicht mit besonderen Sehenswürdigkeiten

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 483. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_483.jpg&oldid=- (Version vom 3.6.2021)