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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)

gestatten; ferner darf es nicht durch Unebenheiten, tiefe Einsenkungen oder schwere Bedeckung solche Bewegungen erschweren oder den Körper in eine gekrümmte Haltung zwängen; endlich darf es die Athembewegungen nicht hindern.

Diese Zwecke verlangen eine nahezu wagerechte Fläche des Lagers, wie sie gute Sprungfeder- oder Drahtnetzmatratzen am sichersten bieten; nur für den Oberleib ist eine mäßig ansteigende Erhöhung gestattet, wie Gewohnheit und manche Brustleiden mehr oder weniger gebieterisch verlangen. Der Kopf liege auf einem ziemlich festen Kissen oder einer Rolle, dick genug, um in der Rückenlage den Kopf etwas gegen die Brust zu neigen, damit das Athmen mit geschlossenem Munde leicht von Statten gehe, und um ihn in der Seitenlage so zu stützen, daß er nicht gegen die untere Schulter hinabzusinken braucht. Die Rückenlage ist im Allgemeinen vorzuziehen, weil in ihr das Athmen am leichtesten von Statten geht (? d. R.); auch die für die Jahre der Entwickelung ihr zuweilen zugeschriebenen Nachtheile sind eher anderen Verhältnissen, namentlich der zu großen Bettwärme zur Last zu legen. In der Seitenlage athmet die untenliegende Brusthälfte weniger, weil sie bei jedem Athemzuge zugleich einen Theil der Körperlast zu heben hat.

Als Nachtkleid soll unser Bett die Körperwärme zusammenhalten, ohne uns zu überhitzen und ohne die Lüftung unserer Hautfläche zu verhindern. Durch den Wärmeüberschuß oder die Abwärme unserer Haut geheizt, soll es uns vor allgemeiner oder theilweiser Abkühlung schützen, Wärmewechsel von der Haut fernhalten, die im Schlafe weniger als im Wachen fähig ist, ihre Wärmeabgabe gemäß den Außenverhältnissen zu verändern. Es muß auch unsere Wärme besser zusammenhalten, als unsere Kleidung im Wachen, weil wir im Schlafe weniger Wärme erzeugen, und weil der Körper im Liegen durch den beständig an seiner warmen Oberfläche aufsteigenden Luftstrom stärker abgekühlt wird, als in aufrechter, gehender, stehender oder sitzender Haltung. Indem nämlich unsere Haut die sie umgebende Luft erwärmt, erzeugt sie innerhalb unserer Kleider wie im Bette einen aufsteigenden Luftstrom, der bei aufrechter Haltung länger mit uns in Berührung bleibt, in liegender dagegen, wo er die Körperachse quer bestreicht, rascher wechselt und daher, gleichwie ein stärkerer Wind oder Luftzug im Freien, der ihn erwärmenden Haut mehr Wärme entführt. Diese Abkühlung fühlen wir auch im wohldurchwärmten Zimmer, wenn wir uns ruhend auf einer Bank oder einem Sopha ausstrecken, und werden durch sie veranlaßt, uns mit einer schützenden Decke zu umhüllen. Derselbe Umstand bewegt uns, bei ungenügender Bedeckung oder im kalten Bett uns zusammenzukauern, weil dadurch die wärmeabgebende Körperoberfläche verkleinert wird.

Wie viel Hindernisse das Bett der Hautabkühlung entgegenstellen soll, das hängt, gerade wie bei den Kleidern, nicht blos von der Außentemperatur, von der Wärme und Bewegung der Luft ab, sondern auch von der individuellen Wärmeerzeugung, die sich einigermaßen durch das Wärmebedürfniß zu erkennen giebt. Einigermaßen – aber keineswegs immer mit genügender Sicherheit. Durch Gewöhnung bringen es nämlich Viele dahin, daß sie erst bei ausbrechendem Schweiße sich wohl fühlen; Andere sind kalt, besonders an Händen oder Füßen, ohne sich dessen so weit bewußt zu werden, daß sie Abhülfe dagegen suchen. Kinder kauern sich nicht immer zusammen, wenn sie im Bette kalt sind, sondern wälzen sich oft umher und werfen ihre Bedeckung ab, was andere nur thun, wenn sie zu heiß werden. Man muß bei ihnen darauf achten, daß sie im Bette sich gehörig warm, weder kalt, noch heiß anfühlen, und je darnach die Umhüllung mehren oder mindern; dadurch werden sie zu richtigem Wärmegefühle erzogen und finden später von selbst ihr richtiges Maß. Die Wärmeerzeugung ist sehr verschieden, denn wohlgenährte, fett- und blutreiche Menschen haben mehr Eigenwärme, als schlecht genährte, magere und blutarme; die Fettumhüllung des Körpers unter der Haut hält die Wärme des Körpers zusammen. Bei starker Körperbewegung wird mehr Wärme erzeugt und abgegeben, als bei ruhender Lebensweise; nach starker Arbeit wird aber vermittelst der stärkeren Blutbewegung durch Lungen und Haut mehr Wärme abgegeben und tritt daher schnellere Abkühlung mit dem Bedürfnisse der Erwärmung durch erregende, wärmende Getränke, stärker geheiztes Zimmer, wärmere Einhüllung ein. Kleine Kinder bedürfen nicht nur wegen ihrer schwächeren Wärmebildung, sondern auch weil sie durch ihre im Verhältnisse zur Körpermasse größere Oberfläche verhältnißmäßig viel Wärme abgeben, dichtere Einhüllung; ebenso auch alte Leute wegen ihrer geringeren Wärmebildung.

Zu warme Betten vermindern den für den normalen Stoffwechsel nothwendigen Gasaustausch durch die Haut, das sogenannte Hautathmen, besser Hautlüftung genannt; durch häufiges Schwitzen verweichlichen sie die Haut und machen dieselbe sehr empfindlich für Erkältungen. Es gilt im einzelnen Falle durch aufmerksame Beobachtung herauszufinden, wie viel Einhüllung jedem Körper gemäß ist, und lieber etwas weniger zu nehmen, als zu viel, statt dessen aber durch gehörige Körperbewegung, Hautpflege und Ernährung nach Möglichkeit für Steigerung der Wärmebildung und dadurch für Verringerung des Wärmebedürfnisses zu sorgen.

Zu unseren Betten werden vorzugsweise diejenigen schlechten Wärmeleiter benutzt, welche in den Zwischenräumen ihrer Bestandtheile beträchtliche Mengen Luft einschließen, ohne deren Durchzug zu verhindern, sodaß beständig frische, aber in jenen Räumen vorgewärmte Luft unsern Körper umspülen kann. Sie gleichen hierin ganz den Kleidern, als deren Aufgabe Pettenkofer nachgewiesen hat, die Geschwindigkeit der Luftströmungen an unserer Haut so weit zu mäßigen, daß sie nicht gefühlt wird, zugleich aber sie vorzuwärmen, sodaß die Abkühlung in die Kleider verlegt, von der Haut entfernt und also nicht empfunden wird: unsere Hautfläche soll im Bett wie in den Kleidern beständig von einer unmerklich bewegten und möglichst gleichmäßig warmen Luft von vierundzwanzig bis dreißig Grad Celsius umgeben sein.

Als Unterlage werden bekanntlich vorzugsweise Stroh, Seegras, Roßhaar, Federbetten, wollene oder wattirte Decken benutzt; sie alle können luftige und in gewissem Grade elastische Lager geben. Frisches, sogenanntes langes Stroh, in einen Bettsack gesteckt, besitzt beide Eigenschaften in hohem Grade, wird aber ziemlich bald fest zusammengedrückt und hierdurch, sowie durch das oft nöthige Aufschütteln, vielfach zerbrochen, giebt dann sehr viel Staub und wird selbst in eine filzige übelriechende Masse verwandelt. Seegras, durch wiederholtes Auskochen und Auslaugen von Salzen und zersetzungsfähigen organischen Stoffen des Meerwassers befreit, entspricht vermöge seiner Kräuselung und größeren Haltbarkeit unseren Anforderungen besser, muß aber ebenfalls öfter aufgelockert und in freiem Luftzuge, wo möglich im Sonnenschein, sorgfältig wieder getrocknet werden. Gekräuseltes Roßhaar giebt bekanntlich eine sehr widerstandskräftige, zugleich luftige und trockene Unterlage, deren allgemeinster Anwendung nur ihr hoher Preis widerstrebt. Federbetten von weichen jungen Federn, wenn sie nicht zu dick sind, verdienen keineswegs das Verdammungsurtheil, welches in Hinsicht auf die urväterlichen Kolosse von Federbetten vollkommen berechtigt ist. Jene sind weich, luftig, schmiegen sich den Körperformen gut an, schützen gegen Druck und halten die Wärme gut zusammen. Nur die dicken Betten lassen von vornherein wenig Luftdurchzug zu und saugen sich voll von Ausdünstungen, deren organische Bestandtheile nebst Wasser sie mit großer Zähigkeit festhalten; hierdurch werden sie dann vollends undurchgängig, und indem sie Schweiß erzeugen und zurückhalten, umgeben sie den Schlafenden mit ungesunden Dünsten und oft mit Ansteckungsstoffen. Für kleine Kinder und magere alte Leute sind gute Federbetten ganz unentbehrlich, während sie für gesunde und kräftige Leute, namentlich für die heranwachsende Jugend, als zu erhitzend, mit Recht verworfen werden. Außerdem haben die Federn die sehr unangenehme Eigenschaft, sich durch den Gebrauch in sehr kleine Theilchen, sogenannte Daunen oder Dunen zu spalten, welche jede Umhüllung durchbohren und die Luft mit lästigem, für die Athemwerkzeuge schädlichem Staube erfüllen.

Um das Unterbett, namentlich dünnere Roßhaarmatratzen, wärmer zu machen, legt man, wenn es nöthig ist, wollene oder wattirte Decken darauf, was einen großen Vortheil bietet. Man kann um so mehr die einzelnen Betttheile leicht und handlich wählen, damit sie durch Lüften, Ausklopfen, Sonnen, durch künstliche Erwärmung oder durch Waschen bequemer gereinigt werden können. Zu dem gleichen Zwecke ist, nach englischer Sitte, der Gebrauch langer bis auf die Füße reichender Flanellhemden empfehlenswerth.

Zur Vermehrung seiner Elasticität und um es luftig zu erhalten, darf das Lager, aus welchen Stoffen es auch bestehen möge, nicht auf einer festen und für Luft undurchlässigen Unterlage

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 427. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_427.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)