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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878)


er darnach noch fünfzehn Jahre lebte, so dürfte wohl anzunehmen sein, daß er ein Alter von achtzig Jahren erreichte. Er wurde 1280 mit Katharine Rindsmaul, der Schwester des Albrecht Rindsmaul, der sich in der Schlacht bei Mühldorf mit an der Spitze der baierischen Ritter befand, getraut. Von seinen sechs Söhnen sind drei Priester und von den drei Töchtern ist eine Nonne geworden. – Nach dem Jahre 1425 findet man den Namen Schweppermann nirgends mehr.

Seyfried Schweppermann war ein gewaltig streitbarer, im Kriege hocherfahrener Mann, der das höchste Vertrauen Ludwig’s besaß, bei dem der Kopf, das Herz und die Faust von gediegener Art und Eines so tüchtig wie das Andere war: ein Mann, wie seine eiserne Zeit ihn brauchte. Deshalb wurde er zum Kriegshauptmann bestellt. Aber gar viele, ja die meisten seiner „Spießgesellen“ waren eines solchen Führers durchaus würdig, und Ludwig sah, was sie vermochten.

Der Tag von Gammelsdorf ist es, an welchem unser Held zum ersten Mal auf Seite der tapferen und siegreichen Baiern fechtend angeführt wird. Herzog Ludwig, später Kaiser, stritt sich wegen der Vormundschaft seiner drei jungen Vettern, der Herzoge von Nieder-Baiern, gegen die österreichischen Herzoge, welch’ letztere der niederbaierische Adel zu Vormündern berufen hatte. „Schier ein Jahr währte es,“ sagt eine alte Urkunde, „daß die Oesterreicher unter drei ihrer Hauptleut, Ulrichen von Waldsee, Ulrichen von Pfannnberg und Leupolden von Haunberg, mit viel raissigem Gezeug Baiern überzogen und raubten auf alle die, so Herzog Ludwig’s Part waren. Ludwig daucht sich gegen ihne zu schwach, dieweil sein Bruder, Pfalzgraf Rudolf, nit anhaimbs, sondern mit Kaiser Heinrich an Welschland was. Doch zuletzt versammelt Herzog Ludwig zu München sein Kriegsvolk, deß Hauptleut waren Graf Bertholt zu Graisbach, Weygel von Trausnit, Friedrich von Preitenstein, der alte und junge Löhelein von Sulzbach, Conrad der Kemnater und Seyfried Schweppermann, zog mit noch anderem fürnemen Adel von München auf Mosburk, Landshut zu erobern, aber obgemeldeter niederbayerischer Adel zog ihm mit Gewalt entgegen, wollten ihm nit im Lamd lassen, schlugen ihre Wagen zuruck, eine Meil Weges von Mosburk in der Hallerthau bei Gammelsdorf. Herzog Ludwig ruckte vor die Wagenpurk und sturmete von morgen bis zu abends. Da flohen die feindt davon auf Volksmannsdorf bei Isareck zu der Brucken, so allda über die Amper gieng. Die Bruck brach und ertrank der mehrer Theil, vil wurden erschlagen und vil gefangen.“

Einige Wochen nach der Gammelsdorfer Schlacht verbriefte der König dem Schweppermann eine Schuld von dreihundert Pfund Regensburger Pfennigen (ein Pfund gleich fünfzehn Gulden fünfzehn Kreuzer) und die Burg Grünsberg bei Altorf als Pfand für den Schaden, den er bei dem „Geritt“ zu Gammelsdorf erlitten. Im Jahre 1315 ist ihm das Prädicat Ritter noch nicht beigelegt.

Die größere, aber auch weiterhin bekannte Waffenthat vollführte Schweppermann am 28. September 1322 im Treffen bei Mühldorf oder Ampfing, unweit Altenötting. Vier Tage hatte Ludwig der Baier den Ritter Schweppermann mit Ungeduld erwartet. Derselbe, obwohl betagt und von unansehnlicher Größe, aber ein erfahrener Feldherr, war von Ludwig auserwählt, an seiner Seite den Gang der Schlacht zu leiten. Der fromme Schweppermann ordnete als oberster Feldhauptmannn die Haufen zum Kampfe. Johann, König von Böhmen, und Heinrich, Herzog von Nieder-Baiern, waren Führer des Vordertreffens, Conrad von Baierbrunn des rechten, Albrecht Rindsmaul des linken Flügels; in der Mitte war König Ludwig selbst von auserlesenen Getreuen umgeben, und Conrad von Schlüsselburg mit der Heeresfahne; – im Hinterhalte gewärtigte Burggraf Friedrich von Nürnberg das verabredete Zeichen zum Hervorbrechen. Mit dem Tage begann die Schlacht. Die Haufen stießen auf einander.

Ebran von Wildenberg schildert die Ankunft Schweppermann’s beim Heere: „Des grossen streits auf kunig Ludwigs taile was ein oberister Hauptmann, der frumb Ritter Seyfried Schweppermann; auf den Ritter wartet der Kunig etlich tag, das er nit wolt streiten, und da der Ritter kam und die veindt vom erst beschaut, da wurden ihm die Fueß zittern in dem stegraifen, daß ihm die sporn glungen; da ward von vil jungen Rittern und knechten gar spöttlich dazue geredt: hat dan der Kunig als lang auf den man gewart! Er würdt den Herzogen von Oesterreich mit vil schaden damit thoun. Kunig Ludwig fing den strit an nach rat und unterweisung des frummen Ritters.“

Nach dem glücklich erfochtenen Siege bei Mühldorf soll – wie eine jener liebenswürdigen Sagen, mit welchen das Volk die Geschichte ausgeschmückt hat, berichtet – Ludwig der Baier noch am Abende des Treffens bei sparsamem Mahle, das nur in Eiern bestand, Schweppermann besonderer Aufmerksamkeit gewürdigt haben, indem er ihn durch eine doppelte Gabe vor den Uebrigen auszeichnete, und zwar mit den bekannten Worten: „Jedermann ein Ei, dem frommen Schweppermann zwei!“

Ludwig feierte am 8. Jänner 1323 zu Kastel, welches er seit lange schon lieb gewonnen hatte, mit vielen Getreuen und Tapferen das Dankfest wegen dieses Sieges, und zum ersten Male ertönte an diesem Tage die große Glocke, „die Stürmerin“ genannt, zu deren Beschaffung neben Ludwig, dem Kloster Kastel und vielen Edlen auch Schweppermann Beiträge geleistet hatte; von einer Gettela von Lotterbach wird angeführt: „sie hat viel köstlich Metall von Silber darzu gegeben.“ Noch heute ruft die „Stürmerin“ als eine Stimme aus grauer Vorzeit mit weittönendem, majestätischem Klange ein junges Geschlecht von den Bergen und aus den Thälern zusammen.

Ob Schweppermann nach der Schlacht bei Mühldorf noch ferner an einer kriegerischen That Antheil genommen, ist unbekannt; gewiß ist, daß er im Jahre 1337 sein Leben zu Pfaffenhofen beschloß. Mit seinen beiden Enkeln Seitz und Ulrich erlosch das Geschlecht. Schweppermann liegt in der Klosterkirche zu Kastel begraben, wo eine neun Fuß hohe und sechs Fuß breite Tafel angebracht ist, welche den Tapferen in der Rüstung zu Pferde darstellt, eine baierische Fahne – zum Zeichen des Sieges – tragend; die Pferdedecke hat zwei nebeneinanderstehende Schweppermann’sche Wappen. Oben zur Seite stehen die Worte:


„Hie leit begraben Herr Seyfried Schweppermann,
Alles thuns und Wandels wohlgethan,
Ein Ritter keck und fest
Der zu Sündersdorf (Gammelsdorf) that das Best
Er ist nun tod
Dem Gott genod
Obijt 1337.
Jedem ein Ei
Dem frommen Schweppermann zwei.“

Außer dieser Gedenktafel ist noch ein an der Mitte der Kirche vom Grafen Jörring Seefeld im Jahre 1782 errichtetes marmornes Denkmal zu schauen, dessen Schmuck und Inschrift aber nur eine weitere Umschreibung obiger Tafel enthält. – Die Sage – um dies zum Schlusse noch zu erwähnen – erzählt, daß Schweppermann einstens im Altmühlthale von Wegelagerern verfolgt wurde; um ihnen in dieser unwirthsamen Gegend zu entkommen, ließ er bei einem befreundeten Schmiede in der Eile seinem Pferde die Hufeisen abnehmen und verkehrt aufschlagen, daß man nach den Pferdespuren glauben sollte, er sei wohl in den Wald hinein-, aber nicht mehr herausgekommen.

Die Burg Pfaffenhofen zeigt außer einem Thurme nur noch einige Ueberreste. Ein schauerliches Gefühl der Oede, in der die Geister einer that- und lebenslustigen, nun todesstummen und in Staub versunkenen Vorwelt heimlich flüstern, ergreift den Wanderer unter diesen Trümmern. Es ist das alte germanisch-romantische Gefühl, das die Abenddämmerung in Ruinen immer in uns erwecken wird.

H. S.


Blätter und Blüthen.

Die Horstmann’sche Schwerkraftmaschine. Der guten Stadt Merseburg, sonst nur berühmt durch ihr vortreffliches Schwarzbier und den unsterblichen Raben, droht seit einigen Wochen die ernste Gefahr, einen Weltruf zu bekommen.

Das von der Wissenschaft als unmöglich bezeichnete, schon von so viel tausend Erfindern vergeblich angestrebte Perpetuum mobile – in Merseburg sollte es, so sagt die Fama, im Jahre des Heils 1878 das Licht der Welt erblickt haben. Bei dem ersten Auftauchen dieser kühnen Behauptung fehlte es, wie begreiflich, nicht an Hohn und Spott. Man hielt die Sache entweder für einen Schwindel, oder doch für eine Selbsttäuschung

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1878). Leipzig: Ernst Keil, 1878, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1878)_288.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)