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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877)

sich das weitere Hofpersonal und im fünften sechshundert Mann Militär-Escorte.

Muhamedanische Tscherkessen.

Vom rein menschlichen Standpunkte aus betrachtet, gehört der Aufenthalt im Hauptquartier Plojeschti zu den denkbar unangenehmsten Dingen, und Jeder, der es nicht absolut muß, vermeidet es, dort länger zu bleiben als nothwendig. Die Correspondenten und Zeichner auswärtiger Blätter machen entweder Excursionen gegen die Donau, wo für Maler wohl manches, für Berichterstatter aber auch nur sehr wenig Interessantes vorhanden ist, oder sie bleiben ruhig in Bukarest und warten den Beginn der Action ab. Die Hôtels sind wohl überall überfüllt, aber hier in Bukarest hat man doch für zehn Franken täglich ein passables Zimmer, während man in Plojeschti täglich fünfzehn Franken für Räumlichkeiten verlangt, die sich ein civilisirtes Menschenkind kaum zu bewohnen entschließen kann. Jeder Bewohner der Stadt, der nur irgendwie einen verfügbaren Raum besitzt, sei es Boden, sei es Stall oder Küche, sucht ihn als Zimmer zu vermiethen und so viel wie nur immer möglich daraus zu ziehen. Das mag wohl sehr natürlich, aber für den davon Betroffenen deshalb nicht minder unangenehm sein. In Bezug auf Beköstigung ist man nicht weniger schlecht daran. Zwei kleine primitive, durchaus ungenügende Restaurationsgärten – denn bei der intensiven Hitze ist es kaum möglich, in geschlossenen Räumen zu sitzen – in denen eine fürchterliche „Musik“ gemacht wird, ist Alles, was Plojeschti an „Unterhaltung“ bietet. Was hier unter dem Namen Schnitzel, Beefsteak und Cotelette verzehrt wird, entzieht sich jeder Beschreibung. Auch das sogenannte „Café chantant“ begehre man nimmer und nimmer zu schauen! Es wird darin rumänisch gesungen und gespielt und rumänisch gegessen, und ich bin mit mir noch heute darüber nicht einig, was von beiden schlimmer zu ertragen ist. Ich glaube nicht, daß Se. Maj. der Kaiser von Rußland an Plojeschti großes Gefallen finden wird, und schon spricht man von einem Ausflug desselben in das nahe Gebirge. Wenn sich das bewahrheitet, so stünden wir noch nicht so nahe, als angenommen wurde, vor dem Donauübergange.

Russisch-jüdische Tscherkessen.

Wie immer in Kriegszeiten, so folgen auch jetzt dem russischen Heere viele zweifelhafte Existenzen, Leute, deren Carrière irgend wo anders fehlgeschlagen, und Abenteuerer aller Art, die es sich zur Hauptaufgabe gemacht haben, auf irgend welche Weise Geld zu verdienen. Seit Kurzem geht jedoch das Hauptquartier der Russen gegen solche Persönlichkeiten sehr streng vor. Vor einigen Tagen wurde in Plojeschti ein Abenteuerer dieser Art verhaftet, der sich durch sein Treiben auffällig gemacht hatte. Man fand bei ihm Karten, Pläne und verdächtige Correspondenzen vor; außerdem liefen Klagen wegen früher verübter Schwindeleien ein. Der Mann hatte sich einmal als früherer preußischer, dann wieder als quittirter österreichischer Officier ausgegeben, darauf als Correspondent verschiedener Blätter und Bevollmächtigter eines Unternehmerconsortiums. Er wurde vor ein Kriegsgericht gestellt, schuldig befunden und zwei Stunden darauf erschossen. Zwei deutsche Kaufleute, die man stets in seiner Gesellschaft gesehen hatte und die dadurch ebenfalls verdächtig geworden waren, wurden auch verhaftet, doch nach kurzer Zeit wieder frei gegeben, nachdem sie sich durch Vermittelung ihres Generalconsulats legitimirt hatten.

Wer im Hauptquartier in irgend einer Eigenschaft zugelassen werden will, muß vor Allem die Empfehlung einer russischen Behörde oder sehr hochgestellten militärischen Persönlichkeit besitzen und außerdem sich verbindlich machen, über Truppenbewegungen absolut nichts mitzutheilen. Als äußeres Zeichen der Legitimation erhält jeder Zugelassene ein Blechschild von ziemlich großem Format, mit einem Siegel versehen, welches erstere am Arme getragen wird, ferner einen russischen Erlaubnißschein auf der Rückseite der Photographievisitenkarte. Das Blechschild ist nichts

Griechisch-orthodoxe Tscherkessen.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 445. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_445.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)