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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877)


gleicher Meisterschaft. Die verschiedenen Vogelstimmen in „Hanne Nüte“ z. B. ahmt er so charakteristisch nach, daß das Auditorium gewöhnlich in laut schallendes Gelächter ausbricht, während bei ernsten Situationen, wie z. B. bei Reuter’s Schwanengesang „Großmutting, hei is dod“, die Stimmung sich so in’s Gegentheil wendet, daß kein Auge trocken bleibt. Noch eine Eigenheit Junkermann’s ist zu erwähnen, die sogar von strengen Reuter-Verehrern nicht gebilligt wird, aber die Absicht des Künstlers, dem Uneingeweihten möglichst leicht verständlich zu werden, erheblich fördert; das ist der Umstand, daß Junkermann bei den dunkelsten Stellen ein Compromiß zwischen dem mecklenburgischen Platt und den süddeutschen Mundarten schließt und z. B. die Stelle des „Stadtbullen“ (vom „Kaufmann Kurz“) durch einen schwäbischen „Brummelochsen“ vertreten läßt. Bei der strengen Wahrung der Eigenthümlichkeiten Reuter’s, die unser Vorleser sonst beobachtet, halten wir diese kleinen Behelfe für unwesentlich, zumal sich ja Jeder das Original beim Selbstlesen wieder herstellen kann.


Kosaken auf der Wacht an der Donau.
Nach der Natur skizzirt vom Capitain N. Karasine.


Wir rechneten es oben dem Künstler als ein großes Verdienst an, namentlich in Süddeutschland für Reuter mit Erfolg gewirkt zu haben. Manchem mag dies als ein leichteres Stück Arbeit erscheinen, als es in der That ist. Mit welchen Schwierigkeiten, mit welch gänzlicher Unkenntniß Junkermann stellenweise auf diesem Boden zu ringen hatte (und zum Theil noch hat), davon mag schließlich nachstehender Vorfall Zeugniß ablegen, der durchaus nicht in das Bereich der erfundenen Anekdoten zu werfen, sondern unverfälschte Thatsache ist: In einem Badeorte wurde dem Künstler, als er zum Zwecke seiner Reuter-Vorträge um Ueberlassung des Cursaales nachsuchte, vom Curdirector der Bescheid gegeben: Es seien sehr wenig Pferdeliebhaber am Platze, Reiter-Vorlesungen daher ohne Aussicht auf Erfolg. Wer unter solchen Verhältnissen den Muth nicht sinken läßt, der muß von tiefem Vertrauen auf seine Kraft und die Vortrefflichkeit seiner Sache erfüllt sein, denn das ist und bleibt gewißlich wahr: „Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.“




„Leipzig“ auf See.


Ein altes Studentenlied feiert bekanntlich Leipzig als „große Seestadt“. Der Verfasser dieses humoristischen Liedes hat damals sicher nicht geahnt, daß dem von ihm erfundenen geflügelten Worte eine thatsächliche Unterlage gegeben und daß die maritime Eigenschaft Leipzigs gewissermaßen in dem Vorhandensein eines schmucken deutschen Kriegsschiffes „Leipzig“ Anerkennung finden würde, nachdem schon jahrelang vorher ein denselben Namen führender großer Passagierdampfer der deutschen Handelsmarine dem internationalen Verkehre gedient. Wenn heute die deutsche Kriegscorvette „Leipzig“ in fremdem Hafen vor Anker geht, so bekundet die von ihr herabwehende prächtige Flagge, ein Geschenk der Stadt Leipzig, die aufrichtige Freude und die stolze Genugthuung, welche man daheim im Vaterlande und insbesondere in der Stadt an der Pleiße über die Deutschland auf den Meeren wiedergewonnene Machtstellung empfindet. Sie bekundet, daß man sich im Binnenlande innig verbunden fühlt mit den Angehörigen der Kriegsmarine, die in schwerer Berufserfüllung in allen Weltgegenden für die Würde und die Interessen des deutschen Reiches einzutreten haben.

Am 1. April 1874, dem Tage, an welchem der geniale

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1877). Leipzig: Ernst Keil, 1877, Seite 441. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1877)_441.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)