Seite:Die Gartenlaube (1876) 829.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1876)

Vor sechs Jahren bei Paris.
Nach seinem Oelgemälde auf Holz gezeichnet von unserem damaligen Feldmaler F. W. Heyne.




Zeitströmungen verstand es Palazky dieses Ziel anzustreben. Verhängnißvolle Irrthümer der Regierenden haben Palazky’s Bestrebungen gefördert. Sein mit jesuitischer Klugheit festgehaltener politischer Grundsatz, die höchsten idealen Güter um den Preis nationaler Zugeständnisse zu opfern, haben ihn zu einem Genossen und Helfershelfer der Reaction gemacht. So oft ihre Machtzeit wiederkehrte, war auch er im Vordergunde. Mit allen Verfassungssistirungen, welche die Geschichte Oesterreichs in den letzten Jahren wie Unglücksarabesken durchziehen, ist Palazky’s Name im Zusammenhange; den Verfassungsbruch hat er im Jahre 1848 wie später in unsern Tagen als Rettungsmittel für das Reich gepredigt, welchem er im Gegensatze zu seiner Culturmission die Aufgabe zumuthete, ein Hort slavischer Interessen in Europa zu werden. So mußte denn, als die Armseligkeit dieser Staatsweisheit durch die Ereignisse die fürchterlichste Verurtheilung fand, ihrem Urheber am Ende seiner Tage jede Aussicht auf Erfolg schwinden. Er starb verbittert über die „Einsichtslosigkeit der Menschen“, voll Hasses gegen seine politischen Gegner, ja auch gegen seine Stammesgenossen, von denen ein Theil den Ideen Palazky’s gegenüberstand.

Franz Palazky ist am 14. Juni 1798 zu Hotzendorf, einem Dorfe des Prerauer Kreises in Mähren, als der Sohn eines evangelischen Schullehrers geboren. Mit neun Jahren verließ er sein Vaterhaus. Er wurde nach Kumwald bei Neutitschein geschickt, um hier Deutsch zu lernen. Drei Jahre darauf übersiedelt er in das evangelische Lyceum von Preßburg. Ein Professor desselben, Palkovic, benutzt den befähigten Knaben als Schreiber, später sogar als Hülfsarbeiter bei der Redaction einer kleinen czechischen Zeitung. So gelangte Palazky in die unbedeutende czechische Literaturbewegung jener Tage, in welcher er bald eine hervorragende Rolle

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1876). Leipzig: Ernst Keil, 1876, Seite 829. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1876)_829.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)