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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876)


Blumentisch (Zimmerglashäuschen) neben Schutz gegen Gas und Staub noch viele andere Vortheile. Für größere Pflanzen richtet man Behälter nach Art der Glasschränke ein und kann daran mit Leichtigkeit einen Springbrunnen und mit Moos bewachsene Tuffsteinfelsen anbringen. Die Beschreibung solcher Vorrichtungen würde hier zu weit führen und ohne gute Abbildungen doch kein deutliches Bild geben. Man findet sie in meinen genannten beiden Büchern in verschiedenen Formen, sowie in anderen, einen gleichen Zweck verfolgenden Schriften. Endlich bemerke ich noch, daß das Bespritzen der Pflanzen auch die Nachtheile des Gasbrennens für dieselben vermindert und daher jeden Abend vor Dunkelwerden vorgenommen werden sollte.

H. Jäger.

Eierconserven. Während des Krieges in den Jahren 1870 und 1871 war es eine Ehrenpflicht der deutschen Nation, den im Felde befindlichen Truppen eine ausreichende Verpflegung zu verschaffen. Es ist daher auf diesem Gebiete viel geleistet und manches Neue zur Verwendung gekommen, wozu die stets im Fortschreiten begriffene Technik und die modernen Forschungen der Wissenschaft ebenfalls das Ihrige beigetragen haben. Trotzdem soll die Verpflegung der im Gefecht stehenden, oder der nach demselben in unmittelbarer Nähe des Feindes befindlichen Truppen noch sehr der Verbesserung fähig sein. Dies hat unter Anderem darin seinen Grund, daß der Genuß des frischgeschlachteten Fleisches der Gesundheit nicht zuträglich ist, und der Transport desselben nur in der kälteren Jahreszeit ohne Verwesung des Fleisches möglich ist. Auch sollen die mitgenommenen Ersatzmittel nicht vollständig ihre Aufgabe erfüllt haben. Dies veranlaßte einen Officier der baierischen Armee, sich mit der Darstellung eines kräftigen, leicht transportablen und haltbaren Nahrungsmittels zu beschäftigen, das in den äußersten Fällen den Truppen als gutes, naturgemäßes Verpflegungsmittel dienen konnte.

Die verschiedenartigsten Versuche in dieser Richtung führten endlich zur Verfertigung der Eierconserven. Es liegt auf der Hand, daß diese in jüngster Zeit gemachte Entdeckung neben ihrer ursprünglichen speciellen Bestimmung auch auf anderen Gebieten eine vielseitige und ausgedehnte Verwendung finden kann, vorzugsweise da, wo rohe Eier entweder nicht zu beschaffen sind, oder nur zu einem verhältnißmäßig hohen Preise. Die Fabrik dieses neuen Consumartikels befindet sich in Passau unter Leitung des Herrn von Effner. Dreierlei Arten Conserven werden von dort auf den Markt gebracht: Conserve Nr. 1 enthält die Bestandtheile des ganzen Hühnereis, Conserve Nr. 2 die des Eigelbs, Conserve Nr. 3 jene des Eiweißes. – Die erste Art bildet ein weißgelbes, die zweite ein intensiv gelbes und die dritte ein schwachgelbes, glasartiges Pulver. Es mögen hier einige Vorzüge der Eierconserven Erwähnung finden.

In gut geschlossenen Behältern, vor dem Einflusse der feuchten Luft geschützt, können sie ohne Zersetzung aufbewahrt werden. Sie besitzen eine erhebliche Widerstandsfähigkeit gegen die Einwirkungen der Temperatur, insbesondere ist ein Gefrieren derselben unmöglich. Im Verhältnisse zu rohen Eiern nehmen sie einen geringen Raum bei der Aufbewahrung in Anspruch. Werden z. B. sechshundert Eier zur Conservirung nach der bisher üblichen Weise in Kalk gelegt, so würde dazu ein Faß erforderlich sein, das im Stande ist, dreitausendsechshundert Eier als Conserve aufzunehmen. Diese Ersparniß an Raum ist für die Verproviantirung von Schiffen, Festungen etc. gewiß beachtenswerth.

Während der Wintervorrath einer kleinen Haushaltung, den wir zu dreihundertsechszig Stück Eiern annehmen wollen, einen nicht unbedeutenden Raum in der Vorrathskammer beansprucht, würde eine Blechdose, die etwa sechs Pfund Kaffee aufnehmen kann, den erwähnten Vorrath in Form von Conserve bequem beherbergen können. Ein anderer Vorzug, nämlich die große Transportfähigkeit der Eierconserven, ist von vornherein einleuchtend. Ein Eisenbahnwaggon, der nach der bisher gebräuchlichen Transportweise in sechszig Kisten dreiundneunzigtausendsechshundert Stück in Stroh verpackte rohe Eier zu fassen vermag, ist im Stande, eine Million zweihunderttausend Stück Eier in trockenem Zustande aufzunehmen, wodurch eine große Ersparung an Transportkosten erzielt wird.

Bei Benutzung der Post gestaltet sich das Verhältniß in Bezug auf die Porto-Auslagen des Empfängers noch günstiger; so kosten sechs Sendungen von je fünf Kilo Conserve, die zusammen ein Quantum von dreitausendsechshundert Eiern repräsentiren, auf hundertfünfzig Meilen nur drei Mark Porto, während bei derselben Entfernung die gleiche Menge an rohen Eiern, mit der Eisenbahn per Eilgut befördert, achtundvierzig Mark kosten würde.

Der Chemiker H. Vohl hat kürzlich in den Berichten der „Deutschen chemischen Gesellschaft“ zu Berlin die quantitative Analyse der Effner’schen Conserven veröffentlicht, wodurch die vollständige Abwesenheit aller fremden Beimischungen in denselben erwiesen wurde. Diese Angabe kann ich bestätigen; denn bei der von mir angestellten Untersuchung der drei verschiedenen von Passau bezogenen Conserven ergab sich das Resultat, daß sie gänzlich frei waren von fremden Bestandtheilen und nur die normalen Stoffe des Hühnereies enthielten. Bei der praktischen Anwendung im Haushalte, worauf ich die verschiedenen Arten der Eierconserven außerdem prüfen ließ, zeigte es sich, daß sie, in Bezug auf die Wirkung und den Geschmack, als Zuthat zu gebackenen und gekochten Speisen, das rohe Ei vollkommen ersetzen können.

Nach meinem Dafürhalten hängt die Anwendung der Eierconserven in den Haushaltungen lediglich vom Preise ab; können unsere Hausfrauen dieselben zu einem mäßigeren Preise erhalten, als zum zeitigen Eierpreise, so werden die Conserven Eingang finden, im anderen Falle nicht. In den Monaten, wo die rohen Eier theuer sind, dürften sie ohne Zweifel in großen Städten mit Vortheil zu verwenden sein.

Natürlich ist die Einführung eines neuen Artikels zur Bereitung von Speisen immer mit Schwierigkeiten verknüpft, da erst manches Vorurtheil zu besiegen ist, bevor sich die Sachverständigen der edelen Kochkunst herbeilassen, ihre alten Gewohnheiten zu beseitigen, um sich einer neu erfundenen Zuthat zu bedienen, die in den liebgewonnenen Speiserecepten eine Aenderung hervorruft.

Außer der Verwendung im Haushalte werden die Eierconserven als Nahrungsmittel unter Anderem noch zu folgenden Zwecken zu verwerthen sein: als Proviant auf Kriegs- und Handelsschiffen, zu Expeditionen, in Feldspitälern, für Jäger und Gebirgsbewohner, für Touristen, zur Verproviantirung der Festungen und als eiserner Bestand des Feldsoldaten, vorzugsweise der berittenen Waffen. Dann zu einer Reihe gewerblicher Zwecke, von denen ich nur einige anführen will: in den Färbereien, Kattunfabriken und in photographischen Ateliers.

Bei der vielseitigen Verwendbarkeit der Eierconserven ist es wohl zu erwarten, daß demnächst dieser neue Consumartikel sowohl als Nahrungsmittel wie auch auf gewerblichem Gebiete einen unverkennbaren Nutzen stiften wird. Vornehmlich in Betreff der erstgenannten Art der Verwendbarkeit wird es vom volkswirthschaftlichen Standpunkte aus als ein Fortschritt zu betrachten sein, wenn die Eierconserven auch zur Nahrungsversorgung großer Städte einen wesentlichen Beitrag liefern, um durch Herbeiführung eines günstigeren Verhältnisses zwischen Angebot und Nachfrage die zeitweilige Theuerung eines für die Ernährung des menschlichen Organismus so bedeutenden Nährmittels zu verringern.

Dr. Julius Erdmann.

Der Einfluß des Denkens auf den Puls. Alte Schriftsteller erzählen bewundernd von dem Arzte Erasistratus, daß er die tiefverschwiegene Ursache der zehrenden Krankheit des jungen Antiochus lediglich an der Aufregung seines Pulses erkannt habe, als die Königin Stratonice, des Prinzen schöne Stiefmutter, plötzlich in’s Krankenzimmer getreten sei. Aber dabei ist am Ende so gar besonderer Scharfblick nicht nöthig gewesen, denn wir Alle wissen ja, wie mächtig die Seelenregungen und Leidenschaften den Puls beeinflussen. In unserer Zeit, wo man die Blutwelle und den Herzschlag mit allen ihren Eigenheiten, Unterbrechungen, Unregelmäßigkeiten, Zuspitzungen der Wellenberge etc. photographirt und so den Augen sichtbar macht, will das wenig bedeuten; hat man doch Apparate ersonnen, die aus der Stärke der Blutwelle im Arme sofort erkennen lassen, ob eine Person, die während des Versuches eintritt, uns völlig oder nicht völlig gleichgültig ist, ob schwere oder leichte Gedanken vor der Seele vorüberziehen, ob ein Schlafender träumt oder nicht etc. Prof. Fick in Würzburg dürfte der Erste gewesen sein, welcher (1869) einen Apparat herstellte, um die Anschwellung der Blutgefäße im Arme oder in anderen Körpertheilen genau zu messen. Sein Verfahren bestand einfach darin, daß er den Arm oder Fuß wasserdicht in einem völlig mit Wasser gefüllten Gefäße, vor dem sich eine enge gläserne Maßröhre abzweigt, abschloß. Sobald die Blutgefäße im Arme sich stärker füllen und ihn anschwellen, wird eine entsprechende Wassermenge aus dem Gefäße in die gradweise eingetheilte, enge Maßröhre getrieben und giebt sich dort durch gleichmäßiges Steigen zu erkennen.

Mit einem solchen Volumeter, welches vermittelst eines Schwimmers die rhythmischen Niveauschwankungen auch auf einer rotirenden Trommel aufzuzeichnen vermag und welches neuerdings von A. Mosso in Turin mit einer kleinen Abänderung der Aufzeichnungsmethode als Plethysmograph beschrieben worden ist, läßt sich nun leicht zeigen, daß der Eintritt eines Bekannten oder Freundes die Blutwelle, ohne daß wir es mit dem Daumen an der Pulsader fühlen würden, merklich beeinflußt, sodaß man die Freundschaft und das Interesse, welches uns eine bestimmte Person einflößt, nach ihrem Umfange direct messen kann. Aber noch mehr, wenn wir den Geist unseres Versuchsmenschen beschäftigen, sehen wir die Blutmenge in seinem Arme sofort abnehmen, weil das Blut nunmehr dem in Thätigkeit gesetzten Denkorgane lebhafter zuströmt, und wenn wir ihm ein philosophisches Buch, ein Räthsel oder eine Rechnungsaufgabe geben, werden wir ein um so auffallenderes Sinken des Seelenbarometers wahrnehmen, je schwieriger die gestellten Aufgaben und je mehr der Denker darüber „schwitzen“ muß. Das Gehirn arbeitet und braucht dann viel Blut auf seine Mühle, welches den anderen Körpertheilen entzogen werden muß, die sich dafür im Schlafe schadlos halten, es aber nicht allezeit willig hergeben, z. B. während der Verdauung, woher es kommt, daß man mit vollem Magen so ungern studirt. Mit dem Augenblicke, wo das Buch weggelegt, die Lösung des Räthsels oder das Facit des Exempels ausgesprochen wird, steigt auch die Wassersäule wieder, da die Nerven des Gehirns ebenso schnell den Bedarf abbestellen, wie sie ihn fordern.

Reichen wir jetzt dem von der geistigen Arbeit ermatteten Versuchsmenschen ein Schlafmittel, so werden wir, sobald die Wirkung eingetreten, das Seelenbarometer seinen höchsten Standpunkt gewinnen sehen, das Gehirn, welches im wachen Zustande sehr viel Blut anzieht, begnügt sich jetzt mit ganz wenig, um alles den Gliedern zu ihrer Stärkung zukommen zu lassen. Gelingt es uns aber, durch den immer offenen Gehörscanal, zum Beispiel mit Hülfe eines charakteristischen Geräusches, einen Traum einzuschmuggeln, so werden wir an dem Sinken der Wassersäule wahrnehmen, daß das Gehirn wiederum, wenn auch nur mit halben Kräften, arbeitet. So hat man hier in der That eine Art Seelenbarometer, wie es Hogarth auf seinem drastischen Bilde der Methodistengemeinde darstellte, viel empfindlicher, als jene kleinen Weingeistthermometer, die man sonst zum Scherz von jungen Leuten in der Hohlhand halten ließ, um zu sehen, „wie heiß ihre Liebe sei“.

C. St.

Nachtrag. Zu unserer Abbildung „Moltke im Vortragszimmer des Generalstabsgebäudes“ (Nr. 14) haben wir nachzutragen, daß das Bild nach einer Photographie aus dem Atelier des Herrn H. Schnaebeli in Berlin auf Holz übertragen worden ist.


Der Curwy-Bittsteller, auf dessen Veranlassung wir die Notiz in Nr. 19 unseres Blattes veröffentlichten, wird gebeten, uns seine genaue Adresse anzugeben.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876). Leipzig: Ernst Keil, 1876, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1876)_408.jpg&oldid=- (Version vom 7.3.2023)