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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876)


gewöhnliche viel stärkere Ladung, wodurch natürlich ihre verderbliche Wirksamkeit erhöht wird. Während eine gewöhnliche Sechszehn-Pfünder-Bombe, mit sechszehn Unzen Schießpulver gefüllt, in neunundzwanzig Bruchstücke zerplatzte, gab eine Wasserbombe gleicher Größe und Construction mit einer Viertelunze Schießwolle einhunderteinundzwanzig, mit einer Unze dreihundert Bruchstücke, wobei mehrere Pfund Eisen buchstäblich gepulvert wurden. Dabei ist eine etwaige Durchnässung der Schießwolle ungefährlich, da sie, wenn nur der Zünder in Ordnung bleibt, nach den Erfahrungen desselben Sprengtechnikers, naß eben so kräftig explodirt, wie trocken.

Bomben werfende Kanonen, mögen sie nun aus Eisen, Stahl oder Bronze bestehen, sind, alten tapferen Haudegen vergleichbar, doch immer offene, ehrliche Polterer, denen man nur begegnet, wenn man ihnen eben begegnen und Stand halten will. Aber leider wird der moderne Krieg auch alle Tage heimtückischer, und selbst das Herz eines sich vierundzwanzig Zoll dick umpanzert wissenden Schiffscapitains mag hörbar pochen, wenn er an die in der Tiefe möglicherweise lauernden oder anrückenden Torpedo’s denkt, gegen die ihn sein Panzer sehr wenig schützen würde. Früher verankerte man dieselben in der Tiefe der zu sichernden Küstengewässer und Flußmündungen und zündete sie, falls sie nicht auf Berührungs-Explosion eingerichtet waren, durch den elektrischen Funken von einer Uferwarte aus an, sobald das feindliche Schiff in einem Camera obscura- Bilde die Stelle kreuzte, wo sie lagen. Wenigstens das Meer, die Wahlstatt einer Seeschlacht, war frei von solchen heimtückischen Fußangeln. Aber jetzt fängt man an, die Torpedo’s lebendig zu machen, damit sie sich wie Raubfische auf ihre Beute stürzen und beim Zusammenprallen explodiren sollen. Halbe Meilen weit hat man im Seehafen von Fiume die in Fischform aus Stahlplatten gefertigten, mit Schießwolle und anderem Teufelszeuge ausgestopften Torpedo’s unter dem Wasser auf ihre Opfer geschleudert und geschossen; man giebt ihnen einen Betriebsfond in Form comprimirter Luft mit auf den Weg, damit sie nicht unterwegs ermatten, ja man lenkt sie wohl sogar aus der Ferne durch zwei Drähte, in denen ein elektrischer Strom bald in der einen, bald in der andern Richtung circulirt, damit sie ja ihre Ziele nicht verfehlen können. Alles das sind bisher friedliche Versuche, aber welches Schauspiel wird die Seeschlacht dereinst bieten, wenn alle diese Teufelskünste im Ernste mitwirken?

Die Gepanzerten sind in diesem vorläufig nur in der Phantasie ausgeführten Wettkampfe den neuen Angreifern gegenüber auf ein allerdings nahe liegendes Mittel verfallen. Fische muß man in Netzen fangen, haben sie sich gesagt, und warum sollte man nicht das ganze Schiff in neun bis zehn Metern Entfernung mit einem von eisernen Stangen getragenen Gitterdrahtwerke umgeben, um den unsichtbaren Angreifer durch eine unsichtbare Mauer, welche die Bewegungen des Schiffes wenig hindern würde, in respectabler Entfernung zu halten? Man rechnet in England so bestimmt auf die ausreichende Schutzkraft solcher Drahtschleier, daß man das vor vier Jahren mit einem Aufwande von Millionen gebaute Panzerschiff „Devastation“ demnächst mit solchen Außenwerken allen möglichen Torpedo-Angriffen aussetzen will. Das Kriegsschiff wird dadurch einer schwimmenden Festung mit Wall und Graben immer ähnlicher, und der Ausschlag des Kampfes wird immer mehr von sinnreichen Constructionen und wissenschaftlicher Ueberlegenheit abhängig gemacht.

Der eigentliche Schrecken der älteren Seeschlachten, das Inbrandgeschossenwerden der Schiffe, scheint bei der allgemeinen Metallumkleidung derselben nicht mehr in demselben Maße gefürchtet zu werden wie ehemals. Das ist ein Glück, denn die moderne Chemie hat den Kämpfern zur Füllung der Brandbomben Mischungen zur Verfügung gestellt, gegen welche das ehemals im Heere der Kreuzfahrer Entsetzen verbreitende griechische Feuer harmlos genannt werden müßte. Diese Mischungen von Petroleum und anderen Kohlenwasserstoffverbindungen haben die Eigenschaft, nicht nur im Wasser nicht gelöscht zu werden, sondern sich vermöge einer Beimischung von Kaliummetall oder Phosphorkalium im Wasser sogar von selbst zu entzünden und die Wasserfläche rings in ein Flammenmeer zu verwandeln. Andere Mischungen entzünden sich von selbst, wenn sie auf Holzwerk, Leinwand, Tauwerk spritzen, kurz, die moderne Zerstörungskunst ist nicht verlegen um Hülfsmittel. Kaum lohnt es sich, neben diesen „herrlichen Culturwerkzeugen“ der neuen Mitrailleusen zu gedenken, deren eine, die schwedischer Herkunft ist und kürzlich vor dem Herzoge von Edinburgh probirt wurde, in zwei Minuten achthundert Kugeln abgeben konnte und eine Scheibe in einer Entfernung von siebenhundertfünfzig Schritten zu einem Siebe durchlöcherte. Der geneigte Leser ersieht, daß die Aussichten zum ewigen Frieden, wenn Dumas’ Schlußfolgerung richtig ist, günstiger sind als jemals.




Blätter und Blüthen.


Die schädliche Einwirkung der Gasbeleuchtung auf die Zimmerblumen und der Schutz dagegen. Der in einer Zuschrift von schöner Hand aus Prag dem Verfasser des Artikels über Zimmerblumen in Nr. 10 der „Gartenlaube“ gemachte Vorwurf, daß in demselben nichts von dem schädlichen Einflusse des Leuchtgases und den Mitteln dagegen gesagt sei, ist allerdings begründet. Der Verfasser giebt aber dagegen zu bedenken, daß ein Journalartikel nicht Alles enthalten könne, was wünschenswerth. Wurde doch schon in Nr. 17 des vorigen Gartenlauben-Jahrganges in dem Einleitungs-Artikel über Zimmerblumenzucht erklärt, daß Ausführliches nicht gegeben werden könne und auf Fachzeitschriften, namentlich aber auf des Verfassers Buch „Zimmer- und Hausgärtnerei“ etc. (zweite Auflage 1875) verwiesen werden müsse. Der Gegenstand ist indessen für Blumenfreunde so wichtig, daß die Redaction einen weiteren kleinen Artikel über Nachtheile und Schutz bei Gasbeleuchtung gestattet hat. Da der Verfasser selbst in dieser Frage wenig Erfahrung machen konnte, so bezieht er sich besonders auf die Mittheilung eines vollendeten Zimmerblumenzüchters, seines leider verstorbenen Freundes, Professor Schleicher in Jena, des berühmten Sprachforschers und Indogermanisten.

Die Schädlichkeit des Leuchtgases für die Pflanzenwesen ist jetzt eine stehende Frage; in Bezug auf die Wurzeln sprechen aber ebenso viele Erfahrungen gegen die vermuthete Schädlichkeit wie für dieselbe, und wenn in einer Stadt die Bäume der Promenaden dicht neben Gasröhren absterben, während sie unter andern gleich ungünstigen Verhältnissen gut gedeihen, so muß ersteres wohl andere Ursachen haben. Ueber die Schädlichkeit des Leuchtgases für Zimmerpflanzen waltet jedoch nicht der mindeste Zweifel ob.

Die hiergegen mit Aussicht auf Erfolg zu ergreifenden Maßregeln bestehen nun darin, daß man Vorrichtungen anbringt, welche einerseits das Ausströmen des Gases vermindern, andererseits die Pflanzen durch Abschluß schützen. Das Gas dringt nicht nur durch die Flamme, sondern auch durch undichte Röhren und Hähne zum Theil unverbrannt in das Zimmer. Bei der Leichtfertigkeit, mit welcher Röhren und Hähne oft gearbeitet und aufgestellt werden, um sie billig zu liefern, ist der Verschluß häufig nicht dicht. Die Röhren haben unbemerkbare kleine Oeffnungen; die Hähne sind nicht luftdicht. Wer daher eine Wohnung mit Gas einrichten läßt, lasse vorher alle Röhren mehrmals mit Oelfarbe oder einem anderen deckenden Stoffe anstreichen und die Hähne nachschleifen, sowie genau nachsehen, ob ein Riß darin ist. Hat man hierin das Mögliche gethan, so scheue man die Mühe nicht, nach dem Schließen der Hähne selbst nachzusehen, ob sie wirklich ganz geschlossen sind. Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß eine solche Vorsicht sowohl im Interesse der Menschen geboten ist, wie auch in dem der Pflanzen.

Es giebt viele Pflanzen, welche durchaus kein Gas zu vertragen scheinen und selbst unter Glasverschluß vertrocknete Blattränder zeigen. Dahin gehören vor allem die beliebten großblätterigen Schiefblätter (Begonia), unter denen aber wieder einige mit glatten Blättern weniger empfindlich sind. Epheu und Kaffeebaum leiden immer vom Gas und sind wegen ihrer Größe kaum zu schützen. Der beliebte Gummibaum leidet meistens, hält sich aber hier und da ganz gesund, ein Beweis dafür, daß manche Gaseinrichtungen weniger Gas ausströmen und daß mancher Standort größere Sicherheit gewähren kann. Palmen und Drachenpalmen (Dracänen) leiden selten vom Gas, ebenso die schöne Aspidistra (Plectogyne). Von Ampelpflanzen vertragen nur Sedum spathulatum und die grüne Tradescantia Gas. Cactus, Aloe, Yucca und ähnliche harte Pflanzen scheinen keinen Nachtheil dadurch zu erleiden. Man muß es mit vielen Pflanzen versuchen, weil die Gärtner und daher auch die Gartenbücher wenig davon wissen, beginnen aber muß man damit im Herbst, wenn noch weniger Gas gebrannt wird, damit der ohnedies nachtheilige Wechsel von Treibhaus- und Wohnzimmerluft nicht gar zu schroff ist. Es besteht natürlich in Bezug auf die Blumenpflege ein großer Unterschied zwischen Räumen, in denen jeden Abend bis tief in die Nacht hinein Gas gebrannt wird, und solchen, wo es nicht regelmäßig geschieht; in letzterem Falle ist der Nachtheil gering.

Als Schutzmittel gegen das Gasbrennen – denn nicht nur der Geruch, sondern auch die trockene Hitze schadet – empfiehlt sich zunächst ein Verhängen der Blumentische und der einzelnen großen Pflanzen mit einem leichten, dichten Stoffe, bevor das Gas angezündet wird. Beiläufig bemerke ich, daß man diese Umhüllung früh so lange beibehält, bis nach dem Reinigen und Lüften das Zimmer wieder durchwärmt ist. Am Blumentische läßt sich zuweilen eine Vorrichtung mit einer Eisenstange zum Halten der Schleier anbringen. In meinem 1871 erschienenen „Frauengarten“ befindet sich auf Seite 121 die Abbildung eines solchen verschleierten Blumentisches. Für kleine Blumen giebt das erweiterte Doppelfenster hinlänglich Schutz. Im Zimmer selbst gewährt der mit Glas bedeckte

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876). Leipzig: Ernst Keil, 1876, Seite 407. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1876)_407.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)