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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876)

er schuf die Feuerzeichen, welche, die Vorläufer der Telegraphen, einst Trojas Fall meldeten:

„Denn hergesandt hat – als der Feuer Wechselpost –
Ein Brand des andern Botschaft;“ (Aeschylos.)

sodann verdankt auch die Brieftaube ihre Verwendung als Botin dem nachdenklichen Orientalen:

„Gleich, als käm’ aus fernsten Gefilden
Aengstliche Botschaft herbei, unter flüchtigem Fittig geborgen.“

Und was die guten Pariser 1870 und 1871 mit der Absendung von Brieftauben versuchten, hatte schon 44 vor Christo Decius Brutus mit Erfolg in Mutina angewendet, von wo er durch Tauben, zum Aerger des Antonius, der die Stadt belagerte, Botschaft an die Consuln sandte. In Hellas besorgten schnellfüßige Hemerodromen (Tagesläufer) den Postdienst; sie eilten von Olympia mit der Nachricht, wer Sieger in ritterlichen Spielen geblieben war, nach Hause; sie dienten als Botschafter im Kriege, wobei als Geheimschreibmittel die Skytale, der Riemenstab, benutzt wurde. Dann schreitet Rom über die Bühne. Wie in Hellas, so benutzte man auch in Rom zum Briefschreiben hölzerne Wachstäfelchen, die doppelt zusammengefaltet wurden (Diptychen). Elegante Damen Roms sandten sich zierliche Täfelchen von Elfenbein zu.

Zu allen Zeilen hatten die vornehmen Römer eine zahlreiche Menge von Clienten, welche bei festlichen Gelegenheiten mittelst kleiner Karten eingeladen wurden. Ebenso sandten die neu ernannten Consuln und Prätoren durch den Briefsclaven an Freunde und Bekannte zierliche Diptychen-Karten. Da haben wir also bereits die ersten Anfänge der Postkarte (chartion, charta). Juvenal erzählt sehr anschaulich, wie eine junge römische Dame aus den Kärtchen und dem „Tagblatt“ die neueste Chronik Roms herausliest. Die römische Feldpost, mittelst deren Cäsar aus Gallien dem Senate die Siegesnachrichten mittheilte, wurde von Augustus später zur Staatspost erweitert; dieselbe blieb bis etwa 457 nach Christo bestehen, wo sie in den Stürmen der Völkerwanderung unterging. Erst Karl der Große versuchte 807 wieder Staatscouriere einzurichten, die aber unter seinen Nachfolgern keinen Bestand hatten.

Nach langem Zwischenraume wurden im dreizehnten Jahrhundert die Botenanstalten des Mittelalters von den Universitäten, kaufmännischen Verbänden und Städten begründet; der Taxis’schen Postfamilie endlich gebührt das Verdienst, die modernen Posten in Deutschland errichtet zu haben.

Damit sind wir bei dem im eigentlichen Sinne poetischen Elemente der Post, bei den Posthornklängen, angelangt. Mit Recht singt von Thümmel:

„Wer sagt es mir, was doch im Schalle
Des Posthorns – – für ein Zauber liegt!“

Das ist mit Worten nicht zu schildern; es liegt tief in der Seele; es ist der Hauch der Freiheit, der uns in Gottes herrlicher Natur erhebt, das Schweifen in die Ferne, die Loslösung von „der Straßen quetschender Enge“, endlich die Wirkung der Musik. Wem ist eine solche Fahrt durch Waldesrauschen, bei Sonnenschein, über Berg und Thal nicht unvergeßlich eingeprägt?

„Weit, hoch, herrlich der Blick,
Rings in’s Leben hinein,
Vom Gebirg zum Gebirg –“

singt Goethe. Hell und jubelnd klingt das Posthorn die Straße entlang; bunte Bilder schweben farbenprächtig vorbei. Das Leben blühet in vollem Drange:

„Wald und Flur im schnellen Zug,
Kaum gegrüßt – gemieden;
Und vorbei, wie Traumesflug,
Schwand der Dörfer Frieden.“ (Lenau.)

Tiefinnig schildert W. Müller’s Lied die Empfindungen der wartenden Geliebten:

„Von der Straße her ein Posthorn klingt,
Was hat es, daß es so hochaufspringt,
 Mein Herz?“

Den Epilog bildet J. V. Scheffel’s „letzter Postillon“:

„Jetzt rennt der Dampf; jetzt brennt der Wind;
     Jetzt gilt kein Fruh und Spat.
Die Sonne malt, und blitzgeschwind
     Briefschreibt der Kupferdraht.

O neues Rüstzeug, alter Kampf,
     Wo treff’ ich Glück und Ruh’? –
O Erdenphosphor, Gas und Dampf,
     Fahr’ zu, mein Schimmel, fahr’ zu!“ –

Allerdings deuten diese elegischen Verse ganz richtig das Erlöschen manches Restes von Romantik der „alten guten Zeit“ an. Aber, bei aller Würdigung der Arbeit vergangener Jahrhunderte, lenkt sich der Blick doch mit vollem Rechte auf die Ausgaben und Fortschritte der Neuzeit. Was Lichtenberg von den rothen Taxis’schen „Marterpostwagen“ klagte, was Börne mit geistreicher Ironie der „Reichspostschnecke“ zur Last legte – es ist heute nicht mehr möglich.

„Das Alte stürzt; es ändert sich die Zeit,
Und neues Leben blüht aus den Ruinen.“

An die Stelle der hemmenden Vielköpfigkeit im Postwesen ist eine lebensvolle Einheit: der „Weltpostverein“ getreten, ein Culturwerk, das im Gebiete des Postwesens alle früheren Jahrhunderte hinter sich läßt. Dieser friedliche Sieg ist, wie der Begründer des Weltpostvereins treffend gesagt hat, allein durch die Waffe des Gedankens errungen und daher um so bedeutsamer. G. T.     


Noch ein paar Worte über den blauen Gummibaum. Wir sind in der glücklichen Lage, die mehrfachen Anfragen, welche hinsichtlich des Aufsatzes „Ein riesiger Wohlthäter“ an uns gelangt sind, durch Hinweis auf eine soeben erschienene Broschüre erledigen zu können. „Der Fieberheilbaum oder Blaugummibaum (Eucalyptus globulus), dessen Anbau und seine Eigenschaft der Gesundmachung von Sumpfländereien. Von Dr. Wilh. von Hamm. Mit Abbildung. Wien, bei Faesy und Frick 1876“ enthält Alles, worüber Auskunft gewünscht wird. Nur den durch Weglassung des botanischen Namens entstandenen Irrthum einzelner Abonnenten, die Pflanze sei identisch mit dem langgepflegten „Gummibaum“ unserer Zimmer, müssen wir berichtigen. Der letztere gehört dem Geschlechte der indischen Feigen an und wird in seiner Heimath auf Kautschuk angezapft. Ferner können wir die in obigem Artikel offengelassene Frage, ob der blaue Gummibaum auch bei uns seine im Alter nicht mehr paarweise stehenden Blätter, wie fast alle australischen Bäume, senkrecht richtet, nunmehr mit Ja beantworten. Aus der obigen Publication wollen wir außerdem nachtragen, daß die österreichische Regierung im laufenden Jahre mit größeren Anpflanzungen bei Pola und an der dalmatischen Küste, sowie auf den Quarnerischen Inseln und an anderen Orten vorgehen wird, sowie ferner, daß, nachdem ein kleines Eukalyptus-Wäldchen die Umgebung des Camaldolenser-Klosters in Tivoli bei Rom gesund gemacht hat, die italienische Regierung mit weiteren Anpflanzungen vorgeht, und unter Anderem im vergangenen Jahre fünftausend junge Stämmchen an Bewohner der römischen Campagna vertheilt hat. Samen sind durch die größeren Samenhandlungen in Erfurt oder London zu beziehen; über die Zucht giebt die genannte Quelle genaue Auskunft. Es ist merkwürdig, daß diese Samenkörner, in denen doch die Idee eines unter günstigen Umständen drei- bis vierhundert Fuß erreichenden Baumes schlummert, so winzig sind, daß fünftausend Stück auf ein altes Loth gehen. C. St.     


Das Rothkehlchen als Concurrent der Katze. Aus Roßwein wird uns geschrieben: „Ich bin im Besitze eines Rothkehlchens, welches erst im vorigen Herbste eingefangen wurde und meistens frei in meinem Zimmer herumflattert. Und in diesem scheinbar harmlosen Thierchen steckt eine Katzennatur. Da sitze ich neulich auf meinem Sopha – plötzlich vernehme ich ein eigenthümliches Geräusch unter mir. Ist das mein geflügelter Stubengenosse? Wirklich, da kommt das Rothkehlchen unter dem Sopha herausgehüpft und trägt – sollte man es glauben? – eine Maus im Schnabel. Mitten im Zimmer macht es Halt, und hier läßt es die Beute los. Die Maus entflieht; das Rothkehlchen ist schnell hinterdrin, packt den Flüchtling abermals und tödtet ihn, indem es ihm das Fell mit dem Schnabel zerhackt. Dieser Fall hat sich in meinem Zimmer binnen kurzer Zeit zweimal wiederholt. Ist so etwas erhört? Ich verbürge die Wahrheit des Obigen mit meinem Ehrenwort und habe Zeugen für das Vorgefallene. R. C–a.“     



Für das Fröbel-Institut in Italien

gingen neuerdings wieder ein: Von Ernst Rosenberg, im Auftrage der Freimaurerlogen „Einigkeit“, „Socrates“ und „Frankfurter Adler“ in Frankfurt a. M. 156 Mk.; Eugen Gutmann, italienischer Consul in Dresden 100 Mk.; F. A. Brockhaus in Leipzig 100 Mk.; F. H. in Würzburg 5 Mk.; Frau Friederike O. in Gera 10 Mk.; Doctor Ludwig Herrman in Aschaffenburg 21 Mk.; Superintendent Moeller in Kösen 6 Mk.; Frau Fr. Th. in Rostock 10 Mk.; Carl Ulbricht in Dresden 5 Mk.; Frau Guido Schmidt in Bremen 30 Mk.; von Löwenfels in Coburg 50 Mk.; Doctor Wentz in Weihenstephan bei Freising 20 Mk.; aus Betsche (Posen) mit dem Motto: „Der Pfaffen Feind und aller Menschen Freund“ 5 Mk.; C. Seidel in Freiberg 3 Mk.; Fräulein Louise Löbbecke in Braunschweig 100 Mk. Die Redaction der Gartenlaube. 



Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das erste Quartal unserer Zeitschrift. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das zweite Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.


Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig anstatt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere.

Die Verlagshandlung. 



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1876). Leipzig: Ernst Keil, 1876, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1876)_224.jpg&oldid=- (Version vom 7.3.2023)