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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

einen unvergänglichen Namen sich gesichert hat. In der Bucht von Guayaquil vereinigten sich diese Verstärkungen mit der Mannschaft des Conquistadors.

In Tumbez gelandet, trat Pizarro in lebhaften Verkehr mit den Bewohnern der Stadt. Das Mittel sprachlicher Verständigung boten etliche Eingeborene, welche der Eroberer bei seinem ersten Besuche aus Tumbez mitgenommen und die als seine Begleiter auf der Fahrt nach Spanien inzwischen spanisch gelernt hatten. Einer dieser Dolmetscher, den die Spanier Felipillo getauft hatten, spielte in der Geschichte der Eroberung seines Vaterlandes eine nicht unwichtige Rolle, ganz dieselbe Rolle, welche in der Geschichte der Eroberung von Mexiko eine indianische Dolmetschin und Geliebte des Cortez, die schöne und kluge Donna Marina, innehatte. Pizarro scheint sich überhaupt das Verfahren seines Vetters in Anahuak vielfach zum Muster und Vorbilde genommen zu haben, wie das ja auch in den Verhältnissen lag. Er verwandte zuvörderst große Achtsamkeit darauf, zu Tumbez über die Zustände der fremdartigen Welt, welche er betreten hatte, genau sich zu unterrichten und Einsicht in die Sachlage im Inka-Reiche zu gewinnen. Was er erfuhr, zeigte ihm erst recht die Größe und Schwierigkeit seines Unternehmens, aber auch, was dasselbe erleichtern könnte. Hierbei war von äußerster Wichtigkeit die Kunde von dem so eben ausgefochtenen Bruderkriege zwischen Huaskar und Atahuallpa. Pizarro mußte sich ja erinnern, wie sehr die Zwistigkeiten der verschiedenen Volksstämme von Anahuak dem Cortez zu gute gekommen waren. Allerdings war der Sieger Atahuallpa im unbestrittenen Besitze der Gewalt, aber immerhin ließen sich, kalkulirte der Spanier, aus der Art und Weise, wie der Inka zur Herrschaft über das ganze Reich gelangt war, allerhand wichtige Vortheile ziehen. Unter anderen dieser, daß die fremden Eindringlinge sich einem gewiß nicht kleinen Theile der Peruaner als Befreier von dem Joche eines tyrannischen Usurpators darstellen konnten. Die Menschen wollten und wollen ja zu allen Zeiten belogen und betrogen sein.

Weiterhin galt es dann zunächst, in dem fremden Lande an einer wohlgelegenen Stelle der Küste festen Fuß zu fassen, wie das Cortez in Mexiko durch die Anlage von Veracruz bezweckt und erreicht hatte. Demzufolge wurde südlich von Tumbez im schönen Thale von Tangarola eine Pflanzstätte gegründet, welche den Namen San Miguel erhielt. Sie sollte als Aus- und Einschiffungsort, als Stütz- und Zufluchtspunkt dienen.

Während an der Gründung dieser ersten spanischen Colonie auf dem Boden des Sonnenreiches gearbeitet wurde, brachte Pizarro in Erfahrung, daß der Emperador von Peru dermalen nicht in der Hauptstadt residirte, sondern in einer Entfernung von etwa zwölf Tagemärschen zu Kaxamalka, welche Stadt in einem von einer Quellader des Amazonenstromes gebildeten Thale der Anden gelegen war, sein Hoflager aufgeschlagen hätte. Sofort erhob sich im spanischen Lager die Frage, was nun zu thun wäre. Ob es räthlicher, stracks den weiten Südmarsch nach der Hauptstadt Kuzko anzutreten, von woher eine ungeheure Goldbeute winkte, oder aber die dermalige Residenz des Inka aufzusuchen? Pizarro war Politiker genug und hatte sich über das Wesen des Inkathums auch schon ein so sicheres Urtheil gebildet, daß er den Marsch nach Kaxamalka beschloß. Es mußte ihm ja aus Allem, was er bislang in diesem Lande gesehen und gehört, klar geworden sein, daß, wer den Inka hätte, auch Peru hätte. Das Schicksal des Herrschers müßte das des Reiches entscheiden. Wie sich der Conquistador diese Entscheidung dachte, ist nicht zu sagen. Denn die Quellen der Eroberungsgeschichte von Peru lassen es unbestimmt, ob er zuvörderst friedliche Mittel versuchen wollte oder aber von vornherein auf einen Gewaltschlag sann. Das Wahrscheinlichste ist, daß er sich sagte: Kommt Zeit, kommt Rath. Vorerst nach Kaxamalka! Sind wir einmal dort, werden uns die Umstände lehren, was zu thun.


(Fortsetzung folgt.)




Moderne Goldgruben.


Mit der zunehmenden Erkenntniß der Abhängigkeit unserer Gesundheit von reiner Luft zum Athmen und reinem Wasser zum Trinken sind auch die Bemühungen fortgeschritten, uns diese unschätzbaren Güter immer mehr zu gewinnen. Dem stehen namentlich in großen Städten gewaltige Schwierigkeiten entgegen. Große Mengen thierischer und pflanzlicher Abfall- und Auswurfstoffe sind dort fortwährend bestrebt, durch Fäulniß die Luft und durch Einsickern das Grundwasser zu verderben. Es gilt, diese Stoffe möglichst schnell zu beseitigen und unschädlich zu machen. Das ist nicht schwer, aber schwierig ist es, die Aufgabe so zu lösen, daß der Stadtsäckel durch die Kosten nicht überbürdet wird. Um in dieser Beziehung seine Kenntnisse an den neuen großartigen, der Gesundheit gewidmeten Maschinen- und Canalanlagen der Stadt Paris zu erweitern, reiste der Verfasser, Dank der Freigebigkeit des königlich preußischen Ackerbau-Ministeriums, in den ersten Tagen des Septembers nach Paris. Er hatte dabei das Glück, eine bekannte Fach-Autorität, den Director der landwirthschaftlichen Akademie in Poppelsdorf, Professor Dr. Dünkelberg, zu begleiten und durch dessen gütige Mittheilungen eine eingehende Würdigung der landwirthschaftlichen Seite zu gewinnen. In Erinnerung an das wachsende Interesse und den hohen Genuß, welchen die gemeinnützigen Sehenswürdigkeiten gewährten, hoffen wir durch einen Reisebericht den Lesern der Gartenlaube anregende Unterhaltung darzubieten.

Um die vorhandenen und im Werden begriffenen Anlagen zu würdigen, werden wir am besten mit einer Rückschau über ihre Entwickelung beginnen.

Zuerst suchte man die Reinigung der Stadt Paris durch Einrichtung der sogenannten Schwemm-Canalisation durchzusetzen. Die Abfälle der Haushaltungen, Straßen, Fabriken u. s. f., werden dabei durch Röhren in unterirdisch angelegte Canäle geführt und in diesen durch das mitlaufende Wasser weiter geschwemmt. Die Canäle bilden ein zusammenhängendes Gebiet. Wie auf der Erdoberfläche unbedeutende Zuflüsse sich nach und nach zu Bächen, Flüssen, Strömen vereinigen, so wurden die Abwässer unter der Erde schließlich gesammelt in zwei großen Hauptcanälen. Davon ergoß der eine seine schwarzgetrübten, unheimlichen Fluthen unterhalb Clichy, der andere bei St. Denis in die Seine. Durch die stetige Abführung der unreinen Stoffe war der Stadt wesentlich geholfen; aber das Uebel wurde nicht gründlich beseitigt. Man entfernte es nur aus Paris, um es weiterhin zur großen Belästigung der Schifffahrt und der Uferbewohner der Seine zu übergeben. Die schädlichen Folgen offenbarten sich bald. An der Ausmündung der Canäle zeigten sich riesige Schlammmassen, zu deren Beseitigung die Stadt große Summen (beispielsweise in einem Jahre zweihunderttausend Franken) aufwenden mußte, auch wurden die Uferbewohner nicht müde, gegen die Verunreinigung des Flusses zu petitioniren. Im Laufe der Jahre mußte das Uebel nothwendig zunehmen, kurz, man sah ein, daß Abhülfe nöthig war.

So wurde der Chef-Ingenieur M. Mille beauftragt, im Auslande ähnliche Verhältnisse zu studiren, um eine Lösung der Frage aufzufinden. Er kam zu der Ueberzeugung, daß die Wässer am billigsten und vollständigsten gereinigt werden könnten durch ihre Verwendung in der Landwirthschaft als Nahrungsmittel für Pflanzen. Auch betonte er, daß es wegen der Nähe des Marktes von Paris einträglicher sein würde, nicht, wie in Edinburgh und Mailand, die Wässer zur Wiesencultur zu verwenden, sondern nach Muster der reichen „Huerta“ von Valencia, Garten- und Feldgewächse zu ziehen. Wie sich erwarten ließ, fand diese Ansicht heftige Gegner. Nach deren Meinung sollten die mit Cloakenwasser ernährten Gemüse ungenießbar ausfallen, die Felder unerträgliche Gerüche verbreiten, und im Winter sollte die Unterbringung des Wassers auf dem Ackerboden überhaupt unmöglich sein. Gleichzeitig wurde die schwefelsaure Thonerde als chemisches Mittel angepriesen, um die Wässer schnell und billig zu reinigen. Nach dem Grundsatze: „Prüfet Alles und das Beste behaltet“ beschloß die Stadtverwaltung, während des Jahres 1868 bis 1869 beide Methoden auf einem großen Versuchsfelde bei Clichy einer praktischen Prüfung zu unterziehen.

Der darüber vorliegende Bericht verbreitet sich zunächst über Menge und Gehalt der ankommmenden Wässer. Im großen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 793. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_793.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)