Seite:Die Gartenlaube (1873) 316.JPG

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1873)

Vorschrift gemacht werden sollte, jeden Bahnhof mit einem für den Gebrauch des reisenden Publicums bequem gelegenen und gut eingerichteten Brunnen zu versehen. Schreiber dieser Zeilen hat auf seinen Reisen vorläufig nur einen Bahnhof kennen gelernt, welcher sich dieser öffentlichen Wohlthat erfreut, das ist der zu Altenburg, und er passirt diese Station im Sommer nie, ohne auszusteigen und wenigstens den Händen ein erquickendes Wasserbad zu gönnen. Namentlich auch im Interesse der unbemittelten Reisenden, welche oft ihren letzten Groschen für die Fahrkarte aufwenden, muß es geradezu eine Forderung der Menschlichkeit genannt werden, daß denselben auf einer Eisenbahnfahrt die Möglichkeit geboten sei, wenigstens mit einem frischen Trunke Wasser ihren Durst zu löschen.


Bitte und Notiz in der Vermißten-Angelegenheit. Der große Krieg hat zuerst der Fortführung unserer Vermißten-Listen Einhalt gethan: die Listen unserer vermißten Soldaten nahmen ihre Stelle ein und später Bitten und Quittungen in Folge von mancherlei Unglück und Noth. Jetzt, nachdem auch die Nachwellen der großen Zeit allgemach tiefer gehen, mahnt ein währenddeß angeschwollener Stoß von in diesem Augenblicke eintausendzweihundertneunundsechzig Briefen von Aufrufen nach Vermißten an seine Erledigung.

Es ist wohl Jedem einsichtlich, daß es für eine Wochenschrift von dem beschränkten Raume der Gartenlaube geradezu unmöglich ist, diese ganze Briefmasse mit allen ihren Wünschen und Bitten Blatt um Blatt zu berücksichtigen. Wir können nur das Dringendste, Unabweisbarste daraus wählen und müssen dabei namentlich den Armen und Alten, die sich nicht selbst anders helfen können, den Vorzug geben. Eine große Anzahl der Briefe rührt noch von den Jahren 1870 und 1871 her. Gewiß hat mancher damals Vermißte sich seitdem gefunden. Solche Fälle bitten wir uns anzuzeigen, damit wir nicht noch nachträglich vergebliche Aufrufe erlassen.

Wir würden es vor unseren Lesern schwerlich verantworten können, wollten wir zur Abwickelung dieser Angelegenheit selbst in dem beschränkteren Maße unser Blatt in jeder Nummer spaltenweise verwenden. Es ist uns deshalb erfreulich, daß für alle in Nordamerika vermißten Landsleute uns die Umschläge unserer sehr verbreiteten amerikanischen Heftausgabe der Gartenlaube zur Verfügung stehen. Da gerade dort die meisten Verschollenen gesucht werden, so wird die Aufgabe, nach den Vermißten in der übrigen Welt zu fragen, der Gartenlaube wesentlich erleichtert.

Die Erfolge der Nachforschungen sollen indessen stets in der Gartenlaube selbst angezeigt werden.


Jacob Friedrich Fries’ hundertjähriger Geburtstag. Es war nicht blos eine große Zeit Jena’s, sondern des philosophischen Geistes in Deutschland überhaupt, als Männer wie Reinhold, Fichte, Schelling, Fries, Schiller, Oken, Luden etc. in Jena neben gleich würdigen Kräften anderer Facultäten gemeinsam wirkten. Während das politische Deutschland immer kläglicher zerfiel und tiefer versank, reinigten, stärkten und erhoben jene Männer den deutschen Geist für die folgenden Kämpfe, sie rüsteten die Jugend mit dem Muthe der Idee aus, welcher zu den schönsten Thaten und Opfern der Befreiungskriege führte. Zu den verehrtesten Führern jener Jugend gehörte Fries. Am 23. August 1773 zu Barby geboren, betrat er mit dem Beginn unseres Jahrhunderts in Jena den philosophischen Lehrstuhl, den er zur Kanzel der Humanität und Freiheit erhob. Er war es, der mit Kiefer und Oken am Wartburgfeste Theil nahm und die alte Lutherstätte als „der Weihe Boden“, die Gründung der Burschenschaft aber als die zweite große That der deutschen akademischen Jugend nach ihrem Heldenkampfe auf den Schlachtfeldern pries. Es war daher nichts natürlicher, als daß er dem „tollen Jahre 1819“ sofort zum Opfer fiel; er wurde von seinem Lehramt suspendirt; auch er, einer der größten Philosophen aller Zeiten, wurde vom Bundestag, der erbärmlichsten Behörde aller Jahrhunderte, für unfähig erklärt, philosophische Vorlesungen auf der Universität zu halten. Nur den Lehrstuhl für Physik und Mathematik ließ man ihm, weil er da politisch nichts verderben konnte. So wirkte denn der Mann als Schriftsteller fort; erst wenige Jahre vor seinem Tode gestattete man ihm, wieder Vorträge über speculative Philosophie zu halten. Es war kein großes Wagestück, diese gnädigste Erlaubniß: der verehrungswürdige Weltweise war nicht mehr gefährlich; er war seinem siebenzigsten Jahre nahe gekommen und starb in demselben am 10. August 1843.

Die Feier des hundertjährigen Geburtstages eines Mannes, welcher zu den größten deutschen Gelehrten und den tapfersten Kämpfern für Deutschlands Ehre und Freiheit gehört, ist eine deutsche Nationalpflicht; an der Universität Jena oder an Weimar aber ist es, dazu den geschäftlichen Aufruf zu erlassen.

Fr. Hfm.

Alfons Dürr und Jul. Lohmeyer, die beiden Herausgeber der illustrierten Monatshefte „Deutsche Jugend“, haben ihre Zusage beim Beginn des Unternehmens: das Beste darzubringen, was Poesie und Kunst für die Jugend gemeinsam leisten können, auf das Glänzendste in Erfüllung gebracht und in Wirklichkeit eine Jugendschrift geschaffen, die, den Bedürfnissen der Kinderwelt angepaßt, nach allen Seiten hin erziehend und bildend wirkt und selbst den Erwachsenen durch ihre trefflichen künstlerischen Leistungen eine wahre Augenfreude geworden ist. Der jetzt vorliegende geschlossene erste Band der Zeitschrift enthält poetische und prosaische Beiträge von Groth, H. Kletke, Möricke[WS 1], Reiß, Simrock, Sturm, Traeger, etc. etc., die meist von wahrhaft künstlerischen Illustrationen der Meister Paul Thumann, Guido Hammer, L. Pletsch, L. Richter etc. begleitet sind. Das Unternehmen hat sich heute schon einen großen Leserkreis erworben und wird sich unzweifelhaft immer mehr in der Kinderstube einbürgern.




Maiglöckchen.

(Mit Abbildung S. 313.)

     „Ei, was fand ich! Mama, sieh’!
     Blümlein! Und wer brachte die?“

Süßer Schelm, die bracht’ der Frühling,
Schmückte prangend rings die Welt –
Und du stiehlst ihm seine Blüthen,
Kleiner Tolpatsch, Springinsfeld?

     „Sag’ – Herr Frühling, wer ist der?
     Das ist wohl ein großer Herr?“

Mächt’ger Herrscher ist Herr Frühling ;
Ihm gehört die weite Flur,
Und wer ihn bestiehlt, den straft er – –
Horch! Da kommt er – warte nur!

     „Ist Herr Frühling böse?
     Sprich! Mama, o dann fürcht’ ich mich!“

Thränen? Nein, Du sollst nicht weinen!
An mein Herz. Du liebes Kind!
Hörst Du? In den Zweigen leise
Spricht Herr Frühling aus dem Wind.

     „Sag’ mir, was Herr Frühling spricht!
     Mamachen, er zürnt doch nicht?“

Meine Blumen, spricht er, sollst du
Kecklich tragen an dem Hut
Und dir merken, daß Herr Frühling
Freundlich ist und mild und gut.

     „Mama, ruf’ ihn her zu mir!
     Geb’ ihm gleich ein Küßchen hier.“

Alle Kinder hat er gerne.
Ist ja ewig selbst ein Kind,
Doppelt gerne, wenn sie immer
Frisch und gut und fröhlich sind.




Kleiner Briefkasten.

Herrn E. P. in Dresden. Ihr Wunsch soll erfüllt werden, nur nicht in der ausführlichen Weise Ihrer Eingabe. Wenn die Herzen noch dankbar an der alten Erinnerung hängen, werden dazu die nachstehenden Zeilen genügen.

Am 27. October dieses Jahres feiert die „Lehr- und Erziehungsanstalt zu Friedrichsstadt Dresden“, im Volksmund das „Dresdner Freimaurer Institut“ genannt, ihr hundertjähriges Jubiläum. In diesen hundert Jahren haben dreitausendeinhundertdreißig Zöglinge in dieser wohlthätigen Stiftung (die ihre trefflichen Einrichtungen und Bildung für reale Berufszwecke auch zahlungsfähigen Kostgängern und Tagesschülern eröffnet) unentgeltliche Erhaltung und Erziehung genossen. Es ist nun der Wunsch alter Dresdner Genossen und Angehöriger dieser Anstalt, den siebenundzwanzigsten October dieses Jahres festlich zu begehen und möglichst viele der ehemaligen Zöglinge dieses Freimaurer-Instituts dazu in Dresden anwesend zu sehen. Anmeldungen oder sonstige Zuschriften und Zusendungen derselben sind an die Herren Braumeister Ottomar Glöckner, unterer Kreuzweg Nr. 6, und Hofkürschnermeister W. A. Schmidt, Rosmaringasse Nr. 8, in Dresden zu richten.

E. W. in New-York. Wir können Ihnen nur die seit April vorigen Jahres erscheinende Monatsschrift: „Die Perle, Musterblätter für Juweliere und Goldarbeiter. Entworfen, bezeichnet und herausgegeben von Martin Gerlach“, ein ausgezeichnetes Unternehmen, empfehlen. Wir haben die bis jetzt erschienenen neun Hefte eingesehen und waren überrascht von der originalen, echt künstlerischen Erfindung der einzeln abgebildeten Gegenstände, wie von dem vortrefflichen Buntdruck, dessen technische Schwierigkeiten in der glücklichsten Weise gelöst erschienen. Es ist nur zu wünschen, daß bei unsern Kunstgewerben Vorlagen, wie die hier gebotenen, immer fleißiger benutzt werden: es wäre der beste Weg, unsere Abhängigkeit vom Auslande auf diesen Gebieten mit der Zeit gänzlich verschwinden machen.

Ger.-R. N. in V-tz. Auch uns hat das Bild, namentlich die xylographische Ausführung desselben, nicht gefallen, aber wir hatten triftige Gründe, es der Beurtheilung des Publicums zu unterbreiten, und bereuen es heute durchaus nicht, diese Be- und Verurtheilungen hervorgerufen zu haben.

M. in Gbg. Wir kennen die Schriften der in Nr. 14 auf eine Anfrage von Baltimore erwähnten süddeutschen Schriftstellerin auch nicht näher und haben in Katalogen nur gefunden, daß dieselbe vor längeren Jahren Gedichte und kleinere Erzählungen herausgegeben hat, die, an sich ganz lesbar, in dem allgemeinen großen Strome der Literatur ohne große Beachtung untergegangen sein mögen.

A. M. in N. Sie wünschen ein Bild zu besitzen, welches die große nationale Bewegung von 1870 und 1871 in monumentaler Weise verherrlicht. Ihrem Wunsche dürfte keine zeichnerische Darstellung besser entsprechen, als Professor Ille’s „Die Wacht am Rhein“. Dieses Bild, welches die deutschen Helden des großen Krieges und einige Typen aus dem Volke auf einer gruppenreichen, halb historisch, halb allegorisch gehaltenen Wandtafel darstellt, bildet das Schlußtableau zu des Künstlers oft besprochenen Cyklus „Bilder aus deutscher Sage und Geschichte“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Mörecke
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1873). Leipzig: Ernst Keil, 1873, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1873)_316.JPG&oldid=- (Version vom 28.6.2020)