Seite:Die Gartenlaube (1873) 187.JPG

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1873)

No. 12.   1873.
Die Gartenlaube.

Illustrirtes Familienblatt. – Herausgeber Ernst Keil.

Wöchentlich bis 2 Bogen.    Vierteljährlich 16 Ngr. – In Heften à 5 Ngr.



Glück auf!
Von E. Werner.


(Fortsetzung.)


Jetzt war die Reihe des Erröthens an der jungen Frau; aber sie bemeisterte schnell die aufsteigende Gluth und erwiderte fest: „Seit ich weiß, daß die Gefahr, die Du so entschieden ableugnetest, mit jedem Tage näher kommt. Weshalb täuschtest Du mich über die Tragweite dieses Streites und über seine möglichen Folgen?“

„Ich wollte Dich nicht beunruhigen.“

Sie machte eine ungeduldige Bewegung. „Ich bin kein furchtsames Kind, das man mit so ängstlicher Schonung umgeben muß, und wenn uns irgend etwas droht –“

„Uns?“ unterbrach sie Arthur. „Verzeih, aber die Gefahr droht doch höchstens mir allein. Ich habe nie daran gedacht, Dich als Kind zu behandeln; aber ich habe es für meine Pflicht gehalten, Baroneß Windeg nicht mit Dingen zu behelligen, die ihr wohl so gleichgültig sein müssen und in Kurzem so fremd sein werden, wie der Name, den sie jetzt noch trägt.“

Der Ton der Erwiderung war eiskalt, und es war ihr eigener Ton, den sie oft genug ihm gegenüber angewendet hatte, wenn sie es für nöthig fand, ihre Herkunft und das Gezwungene ihrer Vermählung geltend zu machen. Jetzt gab man ihr selber eine Lehre damit. In den dunkeln Augen der jungen Frau blitzte etwas wie Zorn, als sie dieselben auf ihren Gatten richtete.

„Und darauf hin verweigerst Du mir also jede Auskunft über Deine Angelegenheiten?“

„Wenn Du sie wünschest – nein.“

Eugenie schien einige Secunden lang mit sich zu kämpfen. „Du hast Deinen Bergleuten ihre Forderungen verweigert?“ fragte sie endlich.

„Was davon zu bewilligen war und was die Leute aus sich selbst verlangten, habe ich bewilligt. Mit Hartmann’s extremen Forderungen ist überhaupt nicht zu rechten; sie laufen in ihren nothwendigen Consequenzen auf Zerstörung aller Disciplin, auf Anarchie hinaus und sind geradezu beleidigend. Er hätte schwerlich gewagt, sie zu stellen, wüßte er nicht, was in diesem Kampfe für mich auf dem Spiele steht.“

„Und was steht auf dem Spiele?“ fragte Eugenie in athemloser Spannung. „Dein Vermögen?“

„Mehr noch – die Existenz!“

„Und Du wirst nicht nachgeben?“

„Nein!“

Die junge Frau blickte stumm auf ihren Mann, auf diesen Mann, der vor noch nicht drei Monaten keine „Scene“ mit ihr ertragen konnte, weil sie seine „Nerven“ angriff, und der jetzt mit dieser Ruhe einem Kampfe die Stirn bot, in dem es sich um seine Existenz handelte. War er wirklich noch derselbe? Es hatte einen eisernen Klang, dieses Nein, und sie fühlte, daß er es ebenso eisern auch der wildesten Drohung entgegensetzen würde.

„Ich fürchte, Hartmann treibt den Streit bis zum Aeußersten!“ entgegnete sie. „Er haßt Dich.“

Ein verächtliches Lächeln zuckte um Arthur’s Lippen. „Das weiß ich! Diese Empfindung ist durchaus gegenseitig.“

Eugenie dachte an die wild flammenden Augen oben auf der Höhe, als sie den Namen ihres Gatten nannte, und es überkam sie auf einmal eine jähe Angst.

„Du solltest den Haß dieses Mannes nicht unterschätzen Arthur. Er ist furchtbar in seinen Leidenschaften, wie in seiner Energie.“

Arthur richtete einen langen finsteren Blick auf sie. „Kennst Du ihn so genau? Freilich, Dir ist ja dieser Blousenheld von jeher bewundernswerth erschienen! Eine wohlfeile Energie, die auf Unmöglichkeiten trotzt und eher Hunderte mit sich in’s Unglück reißt, ehe sie ein Wort der Vernunft hört! Aber auch Hartmann könnte eine Mauer finden, an der sein starrer Eisenkopf sich vergebens versucht; von mir wenigstens wird er nichts erzwingen, und müßte ich den Kampf durchfechten bis zum eigenen Untergange.“

Er hielt plötzlich sein Pferd an, und Eugenie that in demselben Moment das Gleiche. Der Waldweg durchschnitt hier eine Windung der Fahrstraße, und in derselben sahen sie gerade das, was sie vermeiden wollten, eine Schaar von Bergleuten, die hier Halt gemacht hatte und auf irgend etwas zu warten schien. Arthur runzelte die Stirn.

„Es scheint, die Begegnung soll uns nun einmal nicht erspart bleiben!“

„Wollen wir umkehren?“ fragte Eugenie leise.

„Zu spät! Sie haben uns bereits bemerkt. Ausweichen läßt sich hier nicht und die Umkehr würde Flucht sein. Es ist schlimm, daß wir gerade zu Pferde sind; das wird sie noch mehr reizen, aber wir dürfen hier keine Schwäche zeigen; wir müssen vorwärts.“

„Und doch hast Du dieses Zusammentreffen gefürchtet?“

Arthur sah sie groß an. „Ich? Nur Du solltest ihnen nicht

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1873). Leipzig: Ernst Keil, 1873, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1873)_187.JPG&oldid=- (Version vom 28.5.2018)