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Verschiedene: Die Gartenlaube (1873)


wenn man als Junker Pferd, Kuh, Getreide gekauft und verkauft? warum nicht landwirthschaftlicher Minister, wenn man Weizen und Hafer unterscheiden kann, oder Finanzminister, wenn man seine Hausrechnungen in Ordnung gehalten?

Ich scherze nicht, nur immer Selbstvertrauen, dem Muthigen gehört die Welt!“

So sprach der alte Ziegler am vierten Februar bei dem Festmahl, das seine Freunde und Kampfgenossen ihm zu seinem siebzigsten Geburtstag veranstaltet hatten. Und so tief hatte „John“ des „alten Talbot“ Rede sich zu Herzen genommen, daß er schon drei Tage darnach abermals mit seinem scharfen Schwerte Funken aus hochgetragenen Helmen schlug „in stolzer Siegesbegier“ und so siegreich, wie nie zuvor.

Unsere Leser wissen, daß wir damit Lasker’s dritthalbstündige Darlegung und vernichtende Kritik des Eisenbahn-Concessionswesens meinen, durch welche er mit tapferer Hand eine für die preußische Beamtenehrenhaftigkeit entsetzliche Modergrube aufgedeckt und Personen von allbekanntem Einfluß entlarvt hat. Das öffentliche Urtheil ist, nach dem Ausspruch aller freisinnigen Organe, schon lange indignirt durch die Stellung, welche man den Geheimrath Wagener einnehmen ließ. Hat man es doch dem König ganz besonders Dank gewußt, als derselbe sich Wagener als Berather und vortragenden Cabinetsrath verbat. Das ganze Land verlangt von der Regierung jetzt strenge persönliche Untersuchung.

So sind denn Wirkung und Tragweite dieser parlamentarischen That ganz außerordentlich. Das verbreitetste Blatt Preußens, die „Volks-Zeitung“, weist namentlich auf die in einem braven Manne concentrirte Würde der Volksvertretung hin, die in ihm ihren Beruf documentirte, das höchste Culturgut eines Volkes, die gesellschaftliche Sittenreinheit vor der ekeln Wurmgestalt der Corruption zu wahren. Um den Höhepunkt des hierin Geleisteten nur zu markiren, heben wir die Heldenworte Lasker’s hervor: „Ich habe von gegnerischer Seite Zuschriften mit der Drohung erhalten, man werde meine politischen Freunde compromittiren, so großen Scandal als möglich machen und dafür sorgen, daß möglichst viele mit hineinfallen. Ich habe dieser Drohungen gespottet. Wer ein gutes Gewissen hat, braucht sich um solche Dinge nicht zu kümmern, und sollten sich unter die anständigen Männer solche geschlichen haben, die nicht dahin gehören, dann heraus mit ihnen! Die gute Gesellschaft stößt sie aus, sie sind vergessen, und die Volksmoral bleibt unverletzt. So lange sie als heimliches Gift noch in der anständigen Gesellschaft sitzen, schaden sie, darum – ausscheiden!“

Wir wiederholen: ein parlamentarischer Sieg von größerer Wichtigkeit ist noch selten erfochten worden. Um so mehr beeilen wir uns, den Mann dieser That unseren Lesern einstweilen im Bilde vorzustellen. Eduard Lasker, das richtige Berliner Kind, steht jetzt im dreiundvierzigsten Jahre, also im kampfrüstigsten Mannesalter. Wir brauchen uns deshalb nicht mit ihm zu übereilen, sondern können eine ausführlichere Biographie und Charakteristik desselben uns für eine spätere Zeit und Gelegenheit vorbehalten.


Julius Fürst. Die deutsche Wissenschaft und Literatur, sowie die Universität Leipzig und viele gebildete Kreise dieser Stadt haben durch den am 9. Februar erfolgten Tod des Professor Dr. Julius Fürst einen besonders schmerzlichen Verlust erlitten. Ein reiches und unermüdlich emsiges Geistesleben, ein vielseitig bedeutsames, von ausgebreitetem Wissen, hoher Bildung und Begabung unterstütztes Wirken ist mit diesem Manne dahingegangen. Was er als Gelehrter und Universitätslehrer in seinen wissenschaftlichen Fächern, auf dem Gebiete der hebräischen und semitischen Sprachkunde und der neueren Bibelforschung Neues und Verdienstliches geleistet hat, ist während seines Lebens schon gewürdigt worden und wird nun wohl nach seinem Tode eine doppelt ernste Würdigung erfahren. Erwähnt sei hier nur ein bezeichnender Punkt. Prägt sich im Stil der Charakter des Menschen aus, so hat sich Fürst ein in hohem Grade für ihn bezeichnendes Zeugniß schon durch den schriftstellerischen Charakter seiner wissenschaftlichen Darstellung ausgestellt. In den meisten seiner Bücher finden wir geistesscharfe Gliederung und eine musterhafte Präcision und Correctheit mit schwunghafter Schönheit der Formen und moderner Eleganz des immer reinen, klaren und kernigen Ausdrucks zu einem wahrhaft eindrucksvollen Ganzen vereinigt. Eine so glänzende Bewältigung spröder und schwieriger Stoffe erscheint aber um so merkwürdiger, wenn man an die Jugend- und Bildungsgeschichte des Mannes denkt. Ihm hatte das Schicksal keine Rosen auf seine ersten Lebenswege gestreut, er gehörte zu der Reihe jener Persönlichkeiten, die sich aus den allerungünstigsten Verhältnissen, in stetem Kampfe mit gewaltig sich entgegenstemmenden Hemmungen zu den höchsten Stufen wissenschaftlichen Leistens im buchstäblichen Sinne emporgerungen haben.

Wie viele Andere seiner Heimaths- und Glaubensgenossen, war er als ein blutarmer, vierzehnjähriger Judenknabe von einem unwiderstehlichen Durst nach Wissen und Bildung aus seinem obscuren preußisch-polnischen Vaterstädtchen nach Berlin getrieben worden. So war auch einst der Knabe Moses Mendelssohn ohne Geld und Bekanntschaft in die große Stadt eingewandert. Aber seitdem hatten die Zeiten sich schon geändert; nicht wie Mendelssohn ging der junge Fürst zum Rabbiner; er wandte sich an den berühmten Philologen Bellermann, den humanen Director des Gymnasiums zum grauen Kloster, der ihm unentgeltliche Aufnahme in seiner Schule bewilligte und ihn zur Fristung seiner Existenz für den Unterricht im Hebräischen den jungen Theologen empfahl. Wie nun solch’ ein Jüngling, immer seine idealen Ziele im Auge, stolz, frisch und mit heiterem Muthe, durch Gymnasium und Universitätszeit sich durchgekämpft, unter den ernstesten Studien sich selber ernähren und auch noch Eltern und heranwachsende Geschwister unterstützen mußte, das wird einmal in einem umfassenden Lebensbilde Fürst’s wahrheitsgetreu geschildert werden. Für heut möge die Bemerkung genügen, daß Fürst zwölf Jahre nach seinem Eintritt bei Bellermann sein „Lehrgebäude der hebräischen und aramäischen Sprache“ veröffentlichte und dadurch schnell einen Weltruf erlangte. In Leipzig hatte er dieses große Werk vollendet und Leipzig war seitdem die bleibende Stätte seines Wirkens geblieben. Seit einer Reihe von Jahrzehnten mit dem Leben, den Interessen und der gebildeten Gesellschaft der Stadt verwachsen, kannte hier fast jedes Kind den keinen runden Mann mit der immer leuchtend weißen Halsbinde und dem immer freundlichen, von schalkhaftem Humor und harmlosem Frohmuth überstrahlten Gesicht. Man darf wohl sagen, daß Fürst nicht blos eine der geachtetsten, sondern auch der beliebtesten und wohlgelittensten Persönlichkeiten Leipzigs war; die Söhne der Alten, denen er einst Jugendfreund gewesen, waren stets vergnügt, wenn sie an die Kreise sich anschließen konnten, über die seine Anwesenheit das Gefühl eines eigenthümlich heiteren Behagens ergoß.

Von steifem Wissensdünkel war auch nicht die leiseste Spur in seinem Wesen; wer es nicht wußte, konnte auch nicht ahnen, daß er in ihm mit einem so namhaften Gelehrten und Schriftsteller zu thun hatte. Wie er aber als munterer Weltmann mit lebhafter Theilnahme allen Vorgängen des Tages folgte, so folgte er als Liberaler und als warmer deutscher Patriot auch mit hingebendem Ernste allen Fragen der Zeit und des Vaterlandes, bis er vor einigen Monaten durch schwere Krankheit niedergeworfen wurde. Auch der Redaction unseres Blattes hat er nahe gestanden als Mitarbeiter, als langjähriger Freund und stets bereitwilliger Rather in Fragen seines Faches.

Eine wichtige Seite seines Wirkens aber haben wir hier nicht berührt: seine Thätigkeit für die Reform seiner Religion und die Förderung seiner Glaubensgenossen. Die Leipziger jüdische Gemeinde hat dies bereits vor der Beerdigung durch Veranstaltung einer sehr würdigen Trauerfeier in der Synagoge anerkannt, bei der freilich Reden gehalten wurden, die uns das Wesen Fürst’s doch nicht treffend und warm genug zu bezeichnen schienen. Die Universität war beim Begräbniß durch Professoren und Studirende vertreten, ein überaus zahlreiches Gefolge aus allen Classen der Bevölkerung stand am Grabe des ebenso hervorragenden als liebenswürdigen Mitbürgers, dem sicher Unzählige mit uns ein treues Andenken bewahren werden!




Kleiner Briefkasten.

A. T. in Berlin. „Das Stiftungsfest“ entstand durch einen Versuch, den Gustav v. Moser und Roderich Benedix anstellten, ein Stück gemeinschaftlich zu schreiben. Die Erfindung gehört beiden Verfassern und läßt sich nicht theilen. Allein über eine endgültige Fassung des Stückes konnten sich dieselben nicht einigen. Das im „Belle-Alliance-Theater“ zu Berlin gegebene Stück ist die Fassung von Roderich Benedix. Das am Hoftheater aufgeführte enthält die Aenderungen, welche Gustav v. Moser in die Arbeit von Benedix hineingearbeitet hat. Dies zur Aufklärung!




Für unsere unglücklichen Ostsee-Deutschen

gingen wieder ein: Magistrat der Stadt Kissingen 319 fl. 4½ kr. rh.; Sammlung des Hochberger Boten in Emmendingen (Breisgau) 570 fl. rh. (300 Thlr. und 45 fl.); Musikalisch-theatralische Soirée in Strasburg (Westpr.) 77 Thlr. 21 Ngr.; C. H. M. in Berlin, Ertrag einer Lotterie 64 Thlr.; F. S. in Berlin (für den Rettungsbeamten Kirchkamp) 25 Thlr.; Sammlung der Direction der Elbdampfschifffahrtsgesellschaft in Dresden und zwar: Direction der Gesellschaft 25 Thlr., H. Reinschmidt 10 Thlr., Frau Th. Reinschmidt 1 Thlr., Frau Mar. Müller 1 Thlr., aus der Sparbüchse der keinen Hermine 1 Thlr., Buchhalter Friedensdorf 2 Thlr., Ingenieur Bredo 1 Thlr., Expedient Winker 15 Ngr., bei einem Diner des sächsischen Schiffervereins 28 Thlr. 20 Ngr., Rich. Schmidt-Dr. 22 Thlr., Nitzschner und Sohn 10 Thlr., Jul. Schott-Hamburg 10 Thlr., zusammen 112 Thlr. 5 Ngr.; Internationaler landwirthschaftl. Verein in Weißenberg 20 Thlr.; Theatergesellschaft Thalia in Plauen i. V. 66 Thlr.; Vorstellung eines Liebhabertheaters in Liebstadt (Ostpr.) 22 Thlr.; Verlobungsbund in Breslau 25 Thlr.; Hülfs-Verein in Schotten (Hessen) 66 Thlr. 26 Ngr. 1 Pf.; Concert der Liedertafel in Burgstädt 40 Thlr. 22½ Ngr.; Theater-Verein in Langenbielau 33 Thlr. 2½ Ngr.; Concert in der Turnhalle in Darmstadt (112 fl.) 64 Thlr.; Ertrag einer Liebhabertheatervorstellung in Sandersleben 61 Thlr.; von Gartenlaubenleserinnen in Regensburg 10 Thlr.; Louise Reißmann und J. M. G. in Bern 10 Thlr. 20 Ngr.; A. Z. in Torgau, nach zweimonatl. Krankenlager, 10 Thlr.; Louise Ch. in Eltville 1 Thlr.; H. F. in Bremen 5 Thlr.; W. Keßler in Lindewiese 5 Thlr.; beim Stiftungsfeste des Frauenvereins in Hartmannsdorf 2 Thlr.; O. G. 10 Thlr.; Chausseeeinnehmer Christiani in Ziegelroda 1 Thlr.; aus den Sparbüchsen von Toni, Therese, Maria und Gerhard 6 Thlr., gesammelt im engen Kreise von G. L. 12 Thlr.; Löffel in Muzschwitz 15 Ngr.; Christiane Eberbach in Coburg 1 Thlr; J. Renner in G. 1 Thlr.; von der ersten Gehaltszulage (Zschopau) 1 Thlr.; Cassabestand der Gesellschaft Motten 16 Thlr. 24 Ngr.; Ertrag eines Kinderconcerts in Lichtenburg (d. Lehrer Walther) 2 Thlr. 13 Ngr.; G. Wienandt 2 Thlr.; Spieldifferenz zwischen R. und C. 2 Thlr. 18 Ngr.; Rupprecht in Neustadt a. O. 1 Thlr.; in Annen (Westf.) in Freundeskreisen ges. v. H. S. 21 Thlr.; C. S. in Bordeaux 15 Thlr.; Zimmer-Stutzen-Büchsen-Schützengesellschaft in Hof 5 Thlr.; Adolf Schuller in Halrelagen (Siebenbürgen) aus d. Sparbüchse 20 Ngr.; aus d. Schule in Beucha 2 Thlr. 25 Ngr.; A. U. 1 Thlr.; Schüler in Raschau 1 Thlr. 23 Ngr. 9 Pf.; Kleeblatt in Frankfurt a. O. 1 Thlr.; deutscher Verein zu Amsterdam bei Gelegenheit der Gedächtnißfeier der Kaiserproclamation 26 Thlr.; gesammelt bei Jonathan’s Geburtstagsfeier in Bernburg 6 Thlr. 20 Ngr.; N. in Graz 2 Thlr.; Geismar in Helmstädt 1 Thlr.; Schule in Zernsdorf 1 Thlr. 12½ Ngr.; Unger in Eibenstock 4 Thlr.; ein Schüler in Ernstthal 5 Thlr.; N. N. in Lengsfeld 5 Thlr.; Cantor Götz in Seelitz 1 Thlr. und seine Schüler 8 Thlr. 7 Ngr.; Schüler und Lehrer in Mehltheuer 2 Thlr. 10 Ngr.; von einigen Bergmannskindern der Schule von Niederpesterwitz (durch

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