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verschiedene: Die Gartenlaube (1871)

diese Schicksalsungewißheit um so mehr zu beklagen, als ihr zweiter Sohn im sächs. Schützenregiment Nr. 103 bei Sedan den Heldentod starb. Beide Söhne waren brave Menschen und die einzigen Stützen der Familie.

108) Franz Louis Franke, Sachse, aus Reichenbrand bei Zwickau, Gefreiter im Schützenregiment Nr. 108, 10. Comp.; seit dem Gefecht bei Brie, am 2. December 1870, vermißt.

109) Friedrich August Zimmermann I., Preuße, aus Weißenfels, Buchbindergehülfe, beim 4. thüring. Infanterieregiment Nr. 72, 11. Comp.; in der Schlacht bei Mars la Tour verwundet und seitdem vermißt, denn eine Angabe der Verlustliste Nr. 224, daß derselbe im Lazareth zu Kassel am 15. Sept. v. J. gestorben sei, hat sich nicht bestätigt. Wo nun weiter suchen? –

110) Reinhold Hanke, Preuße, aus Kuschlau bei Breslau, Krankenträger beim Sanitätsdetachement der 12. Division, Armeecorps VI, soll am 6. März d. J. aus dem Lazareth zu Corbeil entlassen worden sein, um mit einem Reconvalescenten-Transport nach Deutschland befördert zu werden; seitdem vollständig verschollen.

111) Kaspar Friedrich Petter, Preuße, aus Fambach im Kr. Schmalkalden, Gefreiter im Infanterieregiment Nr. 83, 4. Comp.; bei Wörth durch einen Schuß in Schulter und Kopf verwundet und seitdem verschollen.

112) Oscar Alb. Julius Schilg, Sachse, aus Leipzig, beim sächs. Infanterieregiment Nr. 106, 12. Comp.; nach dem Ausfall der Franzosen am 30. Nov. v. J. vermißt. Der Vater desselben, Karl Schilg, Packmeister an der Magdeburg-Leipziger Eisenbahn, schreibt: „Am Leibe hatte er unzweifelhaft seine Uhr (silberne Anker, Pariser Fabrik, in ‚treize Rubines‘ laufend) und sein braunes Leder-Geldtäschchen am weißleinenen Bande um den Hals, womit er weder von Freund, noch Feind verscharrt sein dürfte. Für Einsendung dieser mit Nachricht, wie auch für seine Brieftasche, worin unter Anderem auch Adreßkarten waren, zahle ich 50% über Werth, für sein Dienstbuch einen Thaler und Kosten, um Beweis über Verbleib des Sohnes und sichere Nachricht zu erhalten. Strengste Discretion zugesichert.“ Wir theilen dies gern hier mit und wünschen bessern Erfolg, als sich bei der großen Zahl sogenannter „Universalerben“ der Schlachtfelder erhoffen läßt.

113) Emil Otto, Preuße, aus Hamm in Westfalen, Bildhauer in Berlin, Gefreiter beim westfälischen Füsilierregiment Nr. 37, 4. Comp.; focht bei Weißenburg und Wörth mit, wurde beim ersten Vorgehen des Regiments bei Erstürmung der Weinberge verwundet und seitdem nicht mehr gesehen; nach anderen Vermuthungen soll er in der Saner ertrunken sein.

114) Ernst Gustav Peschel, Sachse, aus Neu-Eibau bei Herrnhut, beim k. sächs. Infanterieregiment Nr. 106, 7. Comp.; am 30. Nov. 1870 nach dem Kampf bei Villiers vermißt; er soll, ohne Verwundung, beim Zurückmarsch vom Zug abhanden gekommen sein. Die Wittwe des Mannes bedarf des Todtenscheines, um die volle staatliche Unterstützung zu erhalten.

115) Friedrich Gustav Mähler, Weimaraner, aus Apolda, beim thüring. Infanterieregiment Nr. 94, 3. Comp.; einziger Sohn einer armen Wittwe und seit Wörth spurlos verschwunden.

116) Gottlob Wilhelm Hientsch, Preuße, aus Alt-Scherbitz bei Schkeuditz, beim 4. thüring. Infanterieregiment Nr. 72, 9. Comp.; soll, nach Aussagen seiner Cameraden am 16. August v. J. bei Gorze schwer verwundet worden sein. Eine andere Nachricht ist der alten kränklichen Mutter über ihr einziges Kind nicht zugegangen.

117) Bernhard Fürchtegott Kaiser, Sachse, aus Leisnig, beim sächs. Infanterieregiment Nr. 108, 9. Comp.; nach den Verlustlisten am 30. Nov. oder 2. Dec., wahrscheinlich bei Brie s. M., leicht verwundet. Pakete an ihn kamen anfangs Januar mit der Bemerkung zurück: „Adressat verwundet, Lazareth unbekannt“. Von dem Auskunftsbureau des Internationalen Hülfsvereins für das Königreich Sachsen kam, auf Anfragen, am 7. Febr. d. J. die Nachricht: „am 30. Januar 71 aus dem Lazareth zu Chalons als Reconvalescent nach Deutschland evacuirt“. Mehrere Anfragen an denselben Verein blieben ohne Erfolg und ein Brief des Lazarethdirector Dr. Lagus in Chalous zeigte nur an, „daß in den dort geführten Listen der Vermißte nicht zu finden sei“. Da wandten sich die Angehörigen am 8. Juni d. J. an die Medicinal-Abth. des Kriegs-Ministeriums in Berlin und erhielten am 12. Juli d. J. die Antwort: „daß in den Listen der Barackenlazarethe von Chalons der Name nicht zu finden sei“. – Drängt sich, diesen Fall vor Augen, nicht die Frage auf: „Werden keine Listen über die transportirten Verwundeten geführt und wird es den Angehörigen nicht angezeigt, wenn einer der Ihrigen auf dem Marsch oder Transport zu Grunde geht?“ Der einzige Wunsch der trostlosen Hinterbliebenen ist, zu wissen, was aus ihren Lieben im Feld geworden ist, – es ist so entsetzlich wenig für den ungeheuren Verlust, – und nicht einmal Das wird in so traurig vielen Fällen ihnen gewährt! Woran liegt das? – –

118) Heinrich Kallmeyer, Preuße, aus Lipprechtrode bei Bleicherode im Kr. Nordhausen, Musketier beim thüring. Infanterieregiment Nr. 71, 8. Comp.; am 2. Sept. bei Sedan verwundet, schrieb darnach: „Liebe Eltern! Ganz nahe bei der Festung Sedan an der belgischen Grenze bin ich von einer französischen Kugel in den linken Oberschenkel getroffen worden. Ich liege in einem Nebengebäude des Schlosses von Bazeilles, eine Stunde von Sedan, fühle mich jedoch ziemlich kräftig und glaube, daß ich bald wieder hergestellt werde. Euer Heinrich.“ Später wurde er in die Lazarethe Montvilliers bei Bazeilles und, am 10. Sept., nach Brévilly „evacuirt“ – und ist seitdem für seine Angehörigen spurlos verschwunden. Derselbe Fall, wie oben! Auch dieselbe Frage, – aber wer giebt die Antwort?

119) Paul Hugo Hey, Preuße, aus Berlin, Unterofficier im niederrheinischen Füsilierregiment Nr. 39, 12. Comp.; am 6. August 1870 bei Forbach verwundet und, laut Verlustliste, in das Lazareth zu Saarbrücken geschafft – und verschollen! – Seine Mutter, eine Wittwe, klammert sich an der Hoffnung fest, daß ihr Sohn doch wohl als Gefangener noch irgendwo leben könne.

120) Konrad Frischer, Preuße, aus Mühlheim im Kr. Berncastel, beim 4. Garde-Grenadierregiment Königin Elisabeth, 1. Comp.; bei St. Privat verwundet. Cameraden sahen, wie er aus der Schlacht getragen wurde. Weiteres hat seine junge Frau trotz aller Bemühungen nicht erfahren können.

121) Karl Hermann Zill, Sachse, aus Lichtenstein, zuletzt in Hohenstein wohnhaft, beim 5. k sächs. Infanterieregiment Nr. 105, 4. Comp.; bei St. Privat mit im Gefecht und seitdem von Braut und Eltern als Vermißter beweint.

122) Fritz Oppelt, Baier, aus Windsheim, Studirender der Architektur aus der Akademie in Carlsruhe und Mitglied der Burschenschaft Teutonia das., Einjährig-Freiwilliger beim k. baier. Infanterie-Leibregiment (welche Comp.?); bei Orgères verwundet, angeblich im Feldlazareth Nr. 9 in Baigneaux gestorben. Vergeblich hat eine Schwester desselben Leichnam oder Nachlaß, namentlich das Notizbuch, des einzigen Bruders in Baigneaux, Orgèwes und Orleans gesucht. Die Lazarethe sind abgebrochen, die Todten verscharrt und ihr Eigenthum verschwunden, – und auch dies in so unzählig vielen Fällen! –

123) Julius Schwarz, Preuße, aus Alexen bei Mehlanken, Reg. Bez. Königsberg, beim 7. westfäl. Inf.-Reg. Nr. 56, 3. Comp.; – am 9. Januar 1871 bei der Verfolgung der Franzosen nach der schweizer Grenze unweit dem Dorfe Pierrère von zwei Kugeln getroffen. – „Ich habe ihn aus meiner Armuth während des Feldzugs noch mit Vielem unterstützt, wo er mir reichlich erstatten wollte, aber leider mein Sohn ist hin, und da stehe ich jetzt verlassen und verarmt mit noch vier unerzogenen Kindern“ – so schreibt die Mutter des Vermißten, Rosina Schwarz in Alexen.

124) Karl Domeyer, Baier, aus Kreußen, Soldat im 3. Inf.-Reg., 11. Comp., beim I. baier. Armeecorps; am 11. Oct. v. J. in der Schlacht bei Orleans am rechten Arm verwundet, soll in ein Lazareth in der Nähe der Stadt gebracht worden sein, ist aber verschollen.

125) Friedrich Carl, Baier, aus Weißenstadt, Soldat im 14. baier. Inf.-Reg., 4. Comp.; soll nach der Schlacht von Sedan auf dem Marsch nach Paris nebst noch fünf Cameraden erkrankt und in ein französisches Lazareth, angeblich Rosoy(?), 2 bis 3 Tagereisen von Paris(!), gebracht worden sein. Das ist Alles, was der tiefbetrübte Vater über seinen Sohn erfahren konnte.

126) Ernst Moritz Bielich, Sachse, aus Rammenau bei Bischofswerda, Soldat im Inf.-Reg. Nr. 103, 1. Comp.; bei Sedan am 1. Sept. 1870 am Fuß verwundet, kam, laut Verlustliste, in ein Lazareth in Bazeilles und ist seitdem für seine Mutter und seinen glücklich aus dem Kriege heimgekehrten Bruder verschwunden.

127) Christian Heinrich Hermann Behrens, Braunschweiger, Einjährig-Freiwilliger, Gefreiter beim braunschw. Inf.-Reg. Nr. 92,3 Comp.; am 5. December 1870 bei Neuville am Fuß leicht verwundet und seitdem vermißt.

128) Julius Richard Lange, Sachse, aus Oschatz, Soldat im k. sächs. Inf.-Reg. Nr. 107, 3. Comp.; er zog mit Todesahnung in den Krieg. Als die Leipziger 107er mobil gemacht wurden, besuchte er noch einmal seine Eltern, ließ Uhr, Ring und sein bestes Portemonnaie zu Hause – und vom Ausmarsch an correspondirte er fast täglich mit den Seinen und zwar auch noch am 18. August kurz vor seinem letzten Kampf bei St. Privat. Diese Correspondenzkarte kam, von anderer Hand mit dem Zusatz „Gefunden“ versehen, an und enthielt die Bemerkung: „Wenn ich fallen sollte, liebe Eltern, so seht, daß Ihr mein Notizbuch erhalten könnt, denn das ist mein Vermächtnis.“ Dieser Wunsch ging bis jetzt nicht in Erfüllung, wie sehr auch die Eltern und Cameraden des Vermißten sich darum bemühten. Besonders ist nun der Finder der letzten Feldpostkarte Lange’s gebeten, den Angehörigen nähere Mittheilungen zu machen.

129) Hermann Pohl, Preuße, aus Pohlsdorf, Kreis Neumarkt in Schlesien, zuletzt als Fabrikschmied in Schweidnitz, nachdem er in den Feldzügen von 1864 und 1866 glücklich mitgekämpft, kam er 1870 als Reservist zum 2. schles. Gren.-Reg. Nr. 11, 12. Comp. Die letzte Nachricht gab er seiner Gattin am 14. August 1870 vor der Schlacht bei Gorze. Hier wurde er verwundet und soll, nach dem Bericht des Central Nachweise Bureaus in Berlin, erst im Lazareth zu Gorze, später in Orleans gelegen haben und dort sogar am 21. Februar 1871 als geheilt entlassen worden sein. Und trotz alledem spurlos verschwunden!

130) Eberhard Ricke, Preuße, aus Hirschberg in Schlesien, Reservist beim 2. niederschles. Inf-Reg. Sir. 47, 9. Comp.; er soll am 19. Sept. 1870 bei Bicêtre durch Schuß in den Oberschenkel schwer verwundet und von bairischen Krankenträgern in ein Gehöft zum Verbandplatz getragen worden sein; die Verlustlisten lassen ihn in Bièvre im Lazareth liegen und als Verwundeten sogar nach Deutschland befördert worden sein – aber verschollen ist er doch!

131) Oskar Rudolf Franz, Sachse, aus Adorf, Soldat beim 5. k. sächs. Inf.-Reg. Nr. 104,. 10. Comp.; ein kurzes, traurig kurzes Soldatenleben: Franz mußte, zweiundzwanzig Jahre alt, am 1. October 1870 in Dresden als Recrut sich stellen, wurde am 22. Nov. mit anderer Ersatzmannschaft nach Frankreich befördert, kam am 27. Nov. gesund in Chelles an, schrieb dort seinen ersten und letzten Feldpostbrief, denn schon am 30. Nov. und 2. Dec. bei den großen Ausfällen aus Paris in’s Feuer geführt, ist er seitdem vermißt und verschollen.

132) Paul Römer, Preuße, aus Hehlrath bei Eschweiler, Reg.-Bez. Aachen, beim 25. preuß. Inf.-Reg., 6. Comp.; am 9. Januar 1871 bei Viller-Sexel schwer verwundet, seitdem vermißt.

133) Karl Richard Claußnitzer, Sachse, aus Ebersbach bei Döbeln, beim 8. k. sächs. Inf.-Reg. Nr. 107, 1. Comp.; am 18. August 1870 bei St. Privat verwundet und verschollen.

134) Moritz Herb, Baier, aus Zell bei Memmingen, Corporal beim 3. Inf.-Reg., 5. Comp.; seit den Gefechten um Orleans am 4. Dec. 1870 vermißt.

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