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verschiedene: Die Gartenlaube (1871)


Süßer Dank. Sie haben, schreibt uns ein Freund der Gartenlaube aus Brüssel, schon so mancherlei Kriegserinnerungen ernsten und heitern Inhalts gebracht. Vielleicht haben Sie auch für die nachstehende Raum, die ich einem wackern Baiern, Joseph Waldeck aus Großostheim, verdanke. Derselbe lag hier in Brüssel verwundet im Lazareth; dort lernte ich ihn kennen und hörte aus seinem Munde die einfache Geschichte, die ich ihn auch am besten hier mit seinen eigenen Worten erzählen lasse:

„Wir hatten fünf Nächte bivouakirt und sollten nun unter Obdach schlafen. Ich und drei Cameraden waren in ein Haus gewiesen, das von ganz armen Leuten bewohnt war. Ich hatte mir vom langen Marsch die Füße wundgelaufen und konnte nicht so schnell gehen wie die Anderen, so daß ich später in’s Haus kam als sie. Wie ich in die Küche komme, sehe ich die Frau am Herd stehen und furchtbar weinen. Ich denke: ‚warum weint die nur so? wahrscheinlich, weil sie bange ist, so viel Soldaten zu sehen‘, und ich fange an mir die Stiefel auszuziehen. Da kommt ein Camerad und sagt: ‚Weißt Du, warum die so schrecklich weint? der R. hat ihr aus dem Schrank das Brod genommen – die Frau aber hat viele kleine Kinder und kein Brod mehr und darum weint sie so?‘

Da zog ich mir die Stiefel wieder an und bin fort zum R. und hab’ zu ihm gesagt: ‚Du, gieb mir das Brod wieder, das Du der armen Frau g’nommen hast‘ – und da er nit ’wollt, hab’ ich g’sagt: ‚Du giebst mir gleich das Brod, oder ich nehm’s Gewehr und schlag’ Dich auf’n Kopf?‘ Da hat er mir’s Brod gegeben, aber er hatte schon ein Stück davon verkauft. Jetzt mußt’ er mir auch’s Geld wiedergeben und ich bracht’ Brod und Geld der armen Frau zurück. Die war denn so schrecklich froh, hat immer auf’s Herz und den Mund gewiesen, und ich bin ’nauf auf die Kammer. Am andern Morgen haben wir fortg’müßt und wie ich mir’s Zeug umhänge, kommt die Frau g’laufen, springt mir um den Hals und giebt mir’n Kuß. Da hab’ ich g’lacht und hab’ g’sagt: ‚Na – wenn ich auch sonst nix ’kriegt hab’, so hab’ ich doch von a französischen Frau ’n Kuß kriegt.“


Der Jesuitismus und die Freimaurerei. Die ultramontanen Blätter in Baden, Baiern, Oesterreich, Preußen etc. scheinen Ordre zu haben, gegen den Freimaurerbund vorzugehen; sie überbieten sich allerwärts in den heftigsten Angriffen, den gehässigsten Ausfällen und den ungeheuerlichsten Anschuldigungen, denen gegenüber die päpstlichsten Bullen und die Angriffe des Bischofs Ketteler wie Schmeichelei klingen. Das „Linzer Volksblatt“ z. B. nennt den Freimaurerbund „einen höchst gefährlichen Spitzbubenbund zum gegenseitigen Schutze für Verbrecher“. Dieser Feldzugsplan der Jesuiten wird in Scene gesetzt in demselben Augenblick, wo die innere Reform des Bundes und die Hebung des Logenwesens einen ungestörten und stetigen Fortgang nimmt, wo in Ungarn die Freimaurerei sich des unerwartetsten Fortschreitens und rascher Ausbreitung erfreut, wo in Deutschland ein deutscher Großlogenbund unter dem Protectorate des Kaisers in der Gestaltung begriffen ist und an den bisherigen Hauptsitzen des Ultramontanismus, Augsburg, München, Bamberg, Würzburg, neue Logen eröffnet werden. Die Großloge von Italien hat bereits vor einigen Monaten ihren Sitz nach Rom verlegt, und nächstens wird eine italienische allgemeine Maurerversammlung unmittelbar unter den Augen des Unfehlbaren tagen.

Das sind allerdings bittere Pillen, welche ein jesuitischer Magen nur schwer verdauen kann! Dem Feldzuge der Ultramontanen gegenüber ist es erfreulich constatiren zu können, daß die gesammte liberale Presse, welche natürlich „in den Händen der Freimaurer ist und von geheimen Obern planmäßig geleitet wird“, tactvoll und gerecht genug ist, die Sache der Freiheit, der Sittlichkeit und der Humanität in Schutz zu nehmen. Dabei halten wir es aber freilich für passend, ausdrücklich zu bemerken, daß in der Redaction der Gartenlaube kein Mitglied derselben Freimaurer ist.


Zur deutschen „Karl-Wilhelm-Stiftung“. Die Erwartung, daß der Aufruf zu einer Dankes- und Ehrengabe für den Tondichter der „Wacht am Rhein“ allgemeinste Theilnahme finden würde, ist in Erfüllung gegangen. Nicht blos in den Kreisen des Volkes ist gesammelt, auch vom Throne herab ist das Herz des kranken Mannes durch Auszeichnungen und Ueberraschungen erfreut worden. Es ist ihm eine goldene Medaille und eine Dotation von hohen Händen zugekommen.

Dennoch geht der Wunsch der Unternehmer dieser Sammlung weiter: wir wünschen nicht nur, daß dem Tondichter der „Wacht am Rhein“ ein sorgenfreier Lebensabend bereitet, wir wünschen auch, daß ein Grundstock angelegt werde, aus dessen Zinsen auch nach Wilhelm noch recht viele vom Schicksale nicht begünstigte Meister der Töne in ähnlicher Weise bedacht werden könnten, eine Stiftung, die nach dem, dessen Ehre sie in’s Leben rief, für alle Zukunft benannt sein soll: eine Karl-Wilhelm-Stiftung!

Zur Erstrebung dieses Zieles, welches über die Sorge für die Befriedigung der Bedürfnisse des Augenblicks für den Gefeierten hinausgesteckt ist, sollten sich nun ganz besonders unsere mehr als zweitausend Singvereine und Liedertafeln berufen fühlen. Wir legen diesen Wunsch vor Allem dem deutschen Sängerbunde an das Herz! Möge er zu Aufführungen für diesen Zweck ermuntern! Die Gartenlaube aber wird auch diesmal bereit sein, aus den Kreisen ihrer Leser die Scherflein anzunehmen und zu quittiren, die man ihr einsenden wird.


Von der Saar. Am 30. August feierte der sogenannte „Saarbrücker Bibel- und Missionsverein“ sein diesjähriges Jahresfest in Neunkirchen. Bei der freien Versammlung am Nachmittage im Saale des Herrn Kausch lieferte der Festprediger, Herr Pfarrer H… von F…, einen Nachtrag zu seiner Festpredigt, der darin bestand, daß er der lieben Festversammlung noch einige Stückchen preisgab, welche die große Wirkung des Wortes Gottes illustriren sollten. So hörte denn die Versammlung unter Anderm folgende merkwürdige Historie: „Am 15. Juli 1870 saß Fürst Bismarck in seinem Cabinete und erhielt eine drohende, herausfordernde Depesche aus Paris. Nachdem er sie gelesen, ergriff er die Feder und antwortete in demselben Tone. Als er die Antwort beendet, welche, wäre sie nach Paris gelangt, die sofortige Kriegserklärung zur Folge gehabt hätte, griff er zufällig in seine Tasche und bekam das ‚Losungsbüchlein der Brüdergemeinde‘ in die Hand. Er dachte: du willst doch die Losung für den heutigen Tag noch einmal lesen, schlug auf und fand Matth. 5, 9: ‚Selig sind die Friedfertigen etc.‘ Dieses Wort ergriff ihn, er zerriß die geschriebene Depesche, warf sie in den Ofen (am 15. Juli in den Ofen!!) und schrieb flugs eine andere, friedlichere.“

Diese und ähnliche kostbare Anekdötchen würzte der Herr Redner durch den welterschütternden Satz: „Man muß sich freuen über solche Männer, die mehr Verstand haben als Andere, die ihre Weisheit aus der ‚Gartenlaube‘ und anderen naturwissenschaftlichen Schandblättern geschöpft haben!“

Jetzt wissen wir’s also und müssen mithelfen, der Welt die Nachricht zu verkündigen: die deutsche Politik wird nicht von Bismarck und dieser nicht von seinem eigenen Geiste geleitet, sondern das Losungsbüchlein der Brüdergemeinde ist das geheimnißvolle Orakel, welches das Thun und Lassen dieses großen Staatsmannes regelt!


Ueber Michael Pohl, nach welchem wir auf die Bitten seines alten Vaters in Nr. 29 der Gartenlaube eine Anfrage erlassen haben, erhalten wir einige Nachricht von einem ehemaligen amerikanischen Kriegscameraden desselben, Herrn Wilhelm Brin in Lüchow, welcher u. A. schreibt: „Michael Pohl war in den Jahren 1861 bis 1863 mein Nebenmann im siebenten Stuben-Regiment, siebente Compagnie. Bei Fredericksburg an der Schulter verwundet, aber bald wieder curirt, kehrte er im Juni 1863 mit mir nach Newyork zurück. Er sagte mir, daß er in Brasilien gewesen und Schmied, daß ihm aber diese Beschäftigung zu schwer sei und er sich eine leichtere suchen wolle; nach Deutschland, wohin ich damals abfuhr, wollte er nicht mit. Ich sah ihn also damals zum letzten Mal und kann nur wünschen, daß diese Notiz dazu verhelfen möge, dem alten Vater seinen letzten Wunsch noch zu erfüllen.“



Für die Verwundeten und die Frauen und Kinder unserer unbemittelten Wehrleute

gingen noch ein: C. Hell in Wien 10 Thlr.; Stellwagen-Tisch im Neuen Gesellschaftshause in Regensburg 100 fl.; Entschädigung für den Nachdruck eines Gartenlauben-Artikels 10 Thlr.; durch Karl Minde 1 Thlr. 22½ Ngr.; gesammelt durch A. Grunsfeld auf einer Kindtaufe in Weißensee 4 Thlr. 18 Ngr.; Ertrag eines Opfertellers bei der Friedensfeier in Mainz 34 fl. 55 kr. und Beitrag aus dem Frauen-Verein der deutschkatholischen Gemeinde 25 fl., zusammen 34 Thlr. 7 Ngr. 1 Pf. durch den Prediger Hieronymi; zweiter Beitrag der Gesellschaft „Germania“ in Gent 42 Thlr.; C. in Siegen 3 Thlr.; aus Seehausen 1 Thlr.; vom Landwirth Palm in Odessa 5 Thlr.; C. K. in Wittmann 18 Ngr.; am Tage der Heimkehr ihres Mannes sendet eine Glückliche in Posen 5 Thlr.; H. H. in Elberfeld 30 Thlr.; R. L. in N. (durch Kymmel in Riga) 4 Thlr. 15 Ngr.; I. Lpe. 26 Ngr. 8 Pf.; Fr. E. M. 1 Thlr. 7½ Ngr.; E. M., ein deutscher Arbeiter in Rotterdam 5 Thlr.; eine kleine deutsche Tischgesellschaft in Vevey 3 Thlr. 7 Ngr.; Ueberschuß einer Tischstrafgeldercasse in La Fère 3 Francs; Finderlohn 1 Thlr. 1 Ngr.; eine junge Patriotin in Bremen 5 Thlr.; Ertrag einer Wette von Wolfssohn in Gleiwitz 1 Thlr.; Gust. Rothemann in Alexandrofskie 6 Rubel; Finderlohn für einen Goldschmuck von R. Reichelt in Gera 1 Thlr.; H. H. im Namen seines kleinen Sohnes 1 Thlr.; Möbius in Grünberg (Hessen) 7 Thlr. 28 Ngr.; A. Daler in Karlsruhe 2 Thlr. 20 Ngr.; aus der Weihnachtsfeier der Gesellschaft deutscher Studirender in Zürich 145 Thlr. 24 Ngr. 7 Pf.; Ertrag einer Verloosung von Handarbeiten meiner Schülerinnen, durch Schulvorsteherin Minna Riedel in Myslowitz 175 Thlr.; gesammelt im engeren Familienkreise von F. Schulz in Moskau 6 Halbimperial; Ertrag einer Schrift „Sedaner Siegesfeier“ und einer Sammlung in den Dörfern Ragewitz, Pöhsig, Zaschwitz und Haubitz 36 Thlr. 23½ Ngr.; M. Z. in Plauen 2 Thlr.; Richard und Max Keller in St. Louis (Senegal) 150 Fr. oder 39 Thlr. 15 Ngr.; H.H. in Loschwitz (1 Preuß. 4½ % Anleihe) 98 Thlr. 24 Ngr.; aus Greifswald: Dankesopfer einer Schwester für die glückliche Heimkehr ihres Bruders 2 Thlr.; Frau A. Behn in Frankfurt a. M. 20 fl.; durch Kirchhoff in St. Johann-Saarbrücken, 1 Thlr. 8 Ngr.; Ertrag einer Friedensfeier in Rock Island (Illinois) durch A. Huesing 81 Thlr.; Ertrag einer Friedensfeier in Borno (Chile) durch H. Wiederhold Mark Beo. 575; Ertrag eines Festes in Cape Gerardeau (Missouri) für die Wittwen und Waisen 284 Thlr. 3 Ngr.

Aus Oesterreich gingen noch ein: J. Schwarz in Linz 5 fl.; sechs brave Schüler des Gymnasiums in Znaim 11 fl.; Turnlehrer R. beim Kaffee ersparter Zucker 4 fl. 72 kr. und Rest früherer Sammlung der deutschen Turner in Prag 2 fl. 28 kr., zusammen 7 fl.; gesammelt bei der Gustav-Adolf-Versammlung in Waldhütten 11 fl. 40 kr.; Mor. Lüdersdorf in Tetschen 5 fl.; K. K. in Graz 32 fl.; Sammlung des Hermannstädter Volksschullehrer-Bezirkvereins für die Hinterlassenen gefallener deutscher Lehrer-Krieger 59 fl. und 1 Ducaten; Restbetrag einer Sammlung des ersten Wiener Turnvereins 11 fl.

Gesammtbetrag sämmtlicher Eingänge 32,757 Thlr. 12 Ngr. 8 Pf.

Ich schließe hiermit gleichzeitig die Sammlung und werde in einer der nächsten Nummern ausführlichen Bericht über die Verwendung der Gelder geben.

Ernst Keil.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1871, Seite 624. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_624.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)