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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)

nöthig, aber nur selten (etwa jeden Monat einmal), so kann Seifenwasser genommen werden; hingegen ruft der häufige Gebrauch des Seifenwassers eine ziemlich starke Reizung hervor: es trat dann ein Gefühl von Spannung, von Trockenheit und nicht selten eine vermehrte Schüppchenbildung ein. Hier eignen sich nur milde Mittel: das käufliche Honigwasser und Veilchenwasser habe ich aus verschiedenen Droguerien und Parfümladen gekauft und brauchbar gefunden. Das viel angewendete Eigelb ist auch mild, nur braucht man hinterher eine zu große Menge Wasser; besser ist mit Rücksicht hierauf und sonst ganz ebensogut das Weiße des Eies. Am liebsten wende ich folgendes Waschmittel an, das jede Hausfrau für sich und die Ihrigen selbst bereiten kann und das am wenigsten reizend ist: ein Eßlöffel voll Kleie (Mandel- oder Weizen- oder Roggenkleie) wird in einen kleinen Topf kochenden Wassers geschüttet und etwa zwei bis fünf Minuten aufgekocht; das Wasser wird dann durch ein Leinentuch geseiht und lauwarm oder kalt, je nach der Gewöhnung des Kopfes oder je nach dem Wohlbehagen, als Waschmittel benutzt. Empfindliche Naturen sollen nach jeder Waschung ein bis zwei Stunden lang jede starke Abkühlung vermeiden und, sobald die Haare völlig trocken geworden sind, Haut und Haare einölen, es dringt dann das Oel am tiefsten ein und schützt vor dem Eintreten des lästigen Spannungsgefühls.

Dies sind die Momente, welche meine Erfahrung mich als die wichtigsten für die Pflege des Haares gelehrt hat, und sie gelten für gesunde wie für kranke Haare in gleicher Weise.

„Genügt die Beachtung der von Ihnen angeführten Verhaltungsmaßregeln zur dauernden Conservirung des Haares?“

Für die meisten Menschen allerdings; für diejenigen hingegen nicht, deren Haarbildungsstätte von bestimmten Krankheitsreizen getroffen wird.

„Kann man sich gegen diese Krankheitsreize schützen?“

Gegen die meisten allerdings – indeß damit betreten wir ein neues und sehr wesentliches Gebiet der Lehre von den Haarkrankheiten. Für dieses wünschte ich Ihre volle Aufmerksamkeit; diese ist aber heute schon zu sehr in Anspruch genommen worden, und wenn es Ihnen genehm ist, brechen wir daher hier die Consultation ab und beginnen bei der folgenden gleich mit diesem wichtigen Punkte.


Das gespenstige Steinewerfen.
Von Fr. Gerstäcker.

Es ist eine merkwürdige Thatsache, daß die meisten Menschen, selbst die Gebildetsten der verschiedenen Nationen nicht ausgenommen, abergläubisch sind – das heißt, daß sie irgend einen kleinen oder größeren Winkel in ihren Herzen haben, in dem der sonst so starre und unbeugsame Verstand Nichts zu suchen hat. Ob sie nun an Ahnungen oder Sympathien, an Ohrenklingen oder „Berufen“ glauben, ob sie nicht zu dreizehn an einem Tisch sitzen wollen, oder sich scheuen Nachts einen Gottesacker oder eine Kirche allein zu betreten – es liegt eben etwas in ihrem Nervensystem, das mit dem Materiellen in keinem Zusammenhang steht, und die Einwirkung einer für sie geheimnißvollen Welt nicht ausschließt.

Was ist der Traum? – wir wissen es nicht, so viele Gelehrte auch schon versucht haben, eine Erklärung desselben zu geben. Was ist Somnambulismus, was Magnetismus, was sind selbst jene Ahnungen, die im Volke leben und unleugbar ihre Berechtigung haben? Wer von uns Allen weiß da nicht merkwürdige Beispiele aus seinem eigenen Leben?

Sonderbarer Weise existiren außerdem Erscheinungen, die sich allerdings meist natürlich erklären lassen, aber das Merkwürdige trotzdem haben, daß sie unter den verschiedensten Völkern und zwar in gleicher Form auftauchen.

Nehmen wir z. B. das Steinwerfen, dem mein heutiger Aufsatz gilt, wo auf geheimnißvolle und unergründliche Weise Steine, die doch schwere, von „Geisterhand“ nicht leicht zu regierende Körper sind, fallen oder geworfen werden. Ich erinnere mich in früheren Jahren von mehreren Orten, selbst hier in unserem Vaterland gehört zu haben, wo Aehnliches vorgekommen sein soll, wenn sich auch nie Bestimmtes oder Authentisches darüber erfahren ließ. Umsomehr war ich erstaunt, als ich in Java der nämlichen Sage begegnete, und mir dort ruhige und verständige Männer versicherten, daß ihnen dergleichen einzelne Fälle bekannt seien, die, von glaubwürdigen Leuten – von gebildeten Europäern constatirt, einen Zweifel über die Thatsache kaum aufkommen ließen, und doch jeder natürlichen Erklärung spotteten.

Es gelang mir damals nicht, Näheres, das heißt von Augenzeugen Belegtes darüber zu erfahren, und erst jetzt durch einen Freund, der selber seine halbe Lebenszeit auf Java zugebracht, bin ich in den Stand gesetzt, einige solcher Fälle, die damals von der holländischen Regierung selber untersucht, aber trotzdem keineswegs aufgeklärt wurden, in ihren Einzelnheiten und selbst mit Nennung der wirklichen Namen mitzutheilen.

Ich kann nur hinzufügen, daß die Glaubwürdigkeit meines Gewährsmannes, der selber eine vorzügliche Erziehung genossen hat, keinem Zweifel unterliegt, ja daß viele Leute noch leben, die alles dies bestätigen können. Ob sich diese von vielen Zeugen constatirten Thatsachen je aufklären werden, ist die Frage; ich selber maße mir kein Urtheil darüber an und will dem Leser den Bericht nur so geben, wie ich ihn selber erhalten habe, und wie er ihn in Java noch heutigen Tages bekräftigen hören kann.

„Der westliche Theil Javas hat zu allen Zeiten dem Besucher ein interessantes Feld der Beobachtung geboten. Ein wildes Gebirgsland, durchklüftet, von zahlreichen Bergströmen zerwühlt, die in tiefen Schluchten dahinstürzen und größere und kleinere Cascaden bilden. Berge und Thäler, noch heutigen Tages mit dichtem, sich meilenweit erstreckendem Urwald bedeckt, der Aufenthalt zahlreicher Tiger, Rhinozerosse und wilder Stiere. Dazu die vielen, oft in der malerischesten Waldeinsamkeit gelegenen Seen, an deren Ufern der Pelikan und Ibis melancholisch einherschreiten. Daraus aber ragen einige zwanzig theils ausgebrannte, theils noch thätige Vulcane mit ihren heißen Sprudeln, Schwefelgruben und aufquellenden Wasserdämpfen empor, die in majestätischer Ruhe und ununterbrochen ihre Rauchmassen Tausende von Fuß hoch dem blauen Aether entgegensenden, bis sie plötzlich, in erderschütternden Convulsionen, kochenden Schlamm, rothglühende Trachytmasse, Sand oder Asche speiend, nach allen Richtungen Tod und Verderben werfen.

Hier ist es, wo seit urhistorischen Zeiten der Stamm der Sundanesen[1] seinen Wohnsitz aufgeschlagen; ein Volk, in ethnographischer Hinsicht ebenso merkwürdig, wie die Topographie ihres in obigen kurzen Zügen beschriebenen Vaterlandes.

Mit unverbrüchlicher Treue am Alten hängend, einfach, friedliebend, bieder, und nur da stets kampfbereit, wo es galt, der Heimath gutes altes Recht gegen die Anmaßung der benachbarten ‚Javanen‘ zu wahren, hat sich das Bergvolk der Sundanesen von manchen Fehlern und Untugenden ihrer östlichen Stammesgenossen, der Javanen oder Manduresen, fern zu halten gewußt.

Die holländische Regierung war dabei, auf diesen Racenunterschied fußend, von jeher beflissen, ihm auch in politisch-administrativer Hinsicht Rechnung zu tragen, und wir finden noch heutzutage die Sundanesen in der sogenannten Preanger Regentschaft im Besitz und Genuß einer gewissen Willensfreiheit und Selbstbeherrschung.

Kein Wunder, wenn ein Volk, unter solchen Verhältnissen aufgewachsen, mit all seinem konservativen Sinn und von einer so wunderbaren Scenerie umgeben, auch seiner Phantasie die Zügel schießen ließ; – etwas ganz Aehnliches, unter fast gleichen Verhältnissen, finden wir ja auch bei uns in Europa bei den Schotten.

Der Glaube an eine Geisterwelt, an gute oder böse Genien ist in der Preanger Regentschaft allgemein verbreitet, und obwohl das Volk äußerlich dem Islam anhängt, giebt es dort wohl kaum einen Berggipfel, Wasserfall oder eine Felsengruppe, woran der Volksmund nicht diese oder jene Legende knüpfte. Selbst der ganze Strand der südlichen Küste, ja manch ein aus dem grünen Laubdach emporsteigender riesiger Wipfel wird davon heimgesucht.

  1. Die große Insel Java, die wenigstens von Ost nach West eine bedeutende Ausdehnung hat, wird im Westen Sunda und im Osten eigentlich erst Djava genannt.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 397. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_397.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)