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verschiedene: Die Gartenlaube (1871)


eines kostbaren Perlenhalsbandes im Werthe von fünfhunderttausend Franken verbunden haben, durch dessen Verkauf der Prinz zum Theil die Kosten seiner Candidatur bestritt. Gleich nach seiner Wahl zum Präsidenten reiste sie nach Paris, wo sie zum ersten Male bei Gelegenheit einer Jagd in dem Walde von Compiègne erschien. Ihre graciöse Gestalt, durch ein kleidsames Pagencostüm noch gehoben, ihre Schönheit und die Kühnheit, womit sie den feurigen Andalusier zügelte, erregte das Entzücken der Männer und den Neid der anwesenden Frauen. Der Kaiser wich nicht von ihrer Seite und bald sprach man in Paris nur noch von seiner Verbindung mit der reizenden Spanierin. Nichtsdestoweniger zögerte der Kaiser, da seine Freunde, vor allen der bekannte Persigny und auch seine Cousine Mathilde, sich dagegen erklärten. Die Letztere soll sich ihm zu Füßen geworfen und ihn angefleht haben, von der unpassenden Heirath abzustehen. Statt der Spanierin schlug man ihm die polnische Prinzessin Czartoriska vor, aber die geistreiche Fürstin Lieven, unter der Hand um ihren Rath befragt, entschied für Eugenie mit den charakteristischen Worten: „Wenn ich die Wahl habe, so ziehe ich die Cachucha (ein spanischer Tanz) der Mazurka (ein polnischer Tanz) vor.“

Kurz darauf meldete der „Moniteur“ die bevorstehende Vermählung des Kaisers mit der Gräfin Montijo in einem besondern Manifest, worin es unter Anderem heißt: „Wenn man Angesichts des alten Europas durch die Kraft eines neuen Princips auf gleiche Höhe mit den alten Dynastien erhoben ist, so muß man sich nicht dadurch Aufnahme zu verschaffen suchen, daß man sein Wappenschild älter machen und sich um jeden Preis in die Familie der Könige drängen will; sondern darauf, daß man sich immer seines Ursprungs erinnert, seinen eigentlichen Charakter bewährt und frei und offen in ganz Europa die Stellung eines, ‚Emporkömmlings‘ einnimmt, ein ruhmvoller Titel, sobald er durch die Abstimmung eines ganzen Volkes erlangt ist. Meine Heirath ist, da ich mich genöthigt sah, von der bisher befolgten Praxis abzuweichen, mehr eine bloße Privatangelegenheit; es handelt sich dabei um eine persönliche Wahl. Diejenige, auf welche meine Wahl gefallen, ist die Tochter eines edlen Hauses, Französin dem Herzen und der Erziehung nach, wie durch das Blut, das ihr Vater für die Sache des Kaiserreichs vergossen; sie besitzt als Spanierin den Vorzug, keine Familie in Frankreich zu haben, die mit Ehren und Würden bedacht werden müßte. Mit allen Tugenden des Geistes und des Herzens ausgestattet, wird sie eine Zierde des Thrones sein, wie sie in den Tagen der Gefahr eine seiner muthigsten Stützen sein wird. Katholikin und fromm, wird sie dieselben Gebete wie ich für das Wohl Frankreichs zum Himmel senden; anmuthig und gut, wird sie, was ich mit Zuversicht hoffe, in derselben Stellung die Tugenden der Kaiserin Josephine wieder aufleben lassen.“

Am 29. Januar 1854 fand die Civiltrauung in den Tuilerien vor der kaiserlichen Familie und den höchsten Würdeträgern statt. Der Kaiser trug die Generalsuniform, die Braut erschien in ihrer berühmten Robe von Alençonspitzen, mit dem von Demanten und Sapphiren strotzenden Gürtel der Kaiserin Marie Louise. Am folgenden Tage segnete der Erzbischof von Paris die Ehe in der Kirche Notre-Dame ein. Es fehlte nicht an Festen, Aufzügen und loyalen Freudenbezeigungen, obwohl die Bevölkerung nichts weniger als zufrieden mit dieser Verbindung war und von der „Spanierin“ nicht gerade die beste Meinung hatte. Um so mehr war Louis Napoleon von seiner jungen Gattin entzückt, deren Geist und Muth er bewunderte. „Elle a de l’esprit pour deux, et du courage pour dix,“ (sie hat Geist für Zwei und Muth für Zehn) äußerte er einem Freunde gegenüber in den Flitterwochen.

Nach und nach söhnte man sich mit der Ehe des Kaisers aus, in der die Bourgeoisie eine neue Bürgschaft der ersehnten Ruhe und des Friedens erblickte. Eugenie benahm sich anfänglich mit großer Klugheit in ihrer neuen Stellung und suchte das Volk durch Geschenke und Wohlthaten zu gewinnen. Da sie den Luxus und die Moden liebte, so beförderte sie Handel und Industrie, aber zugleich eine früher nicht gekannte Verschwendung und Genußsucht. Unverkennbar übte sie einen großen Einfluß auf die Sitten der französischen Gesellschaft, besonders auf die Frauenwelt, die sie mit der „Crinoline“ und auch mit anderen gefährlicheren Gaben beglückte. Nicht mit Unrecht galt sie für die Tonangeberin des zweiten Kaiserreichs, das durch seine Frivolität und Corruption wesentlich zu der moralischen Fäulniß und Auflösung des französischen Volkes beitrug.

Durch die Geburt eines Thronfolgers wuchs mit der Zeit ihre Macht über den alternden Kaiser und zugleich ihre politische Bedeutung. Als eifrige Katholikin und schwärmerische Verehrerin des Papstes stand sie an der Spitze der jesuitischen Partei, welche Louis Napoleon zu manchem verhängnißvollen Schritt verleitete und dadurch seinen Sturz herbeiführte. Man beschuldigte sie der Intrigue gegen die Minister und Rathgeber der Regierung, wenn diese nicht in allen Dingen ihren Willen thaten, der Beförderung mittelmäßiger, wenn nicht geradezu schädlicher Günstlinge. Ihrem steigenden Einfluß ist ganz gewiß auch mit die Schuld an dem Kriege zuzuschreiben, der mit dem Sturze des zweiten Kaiserreiches und mit der schmachvollen Niederlage Frankreichs endete. Wie man übrigens auch den Charakter der Exkaiserin beurtheilen mag, so wird man doch das Eine zugeben müssen, daß sie die Strafe der Verbannung bis jetzt mit Würde ertrug, der tiefsten Zurückgezogenheit hingegeben und in vergessener Einsamkeit das schwere Verhängniß büßend, das sie mit heraufbeschworen.

Max Ring.


Deutsche Pfingsten.

Schwer war die lange Leidenszeit,
Gewaltig auch das Auferstehen,
Noch hat in solcher Herrlichkeit
Die Welt kein Osterfest gesehen;
Der todesfrohen Helden Blut,
Des ganzen Volkes Opfermuth
Und Gott, der Tapferkeit verbündet,
Sie flochten unsern Siegeskranz
Und haben neu mit ew’gem Glanz
Das alte deutsche Reich begründet.

Doch was an Ostern auch vollbracht,
Vergeblich bleibt’s und unvollendet,
Wenn nicht des heil’gen Geistes Macht
Den Segen und die Weihe spendet.
In vollem Reifen steht die Saat,
Die wunderbare Feier naht,
Vom Maienlichte hold umflossen,
Fromm beugt sich Alles ihrem Hauch,
Nun sei auf Deutschlands Blüthen auch
Der Pfingsten Flammenstrahl ergossen!

Treu hast Du für den heil’gen Geist
Als sein Apostel stets gelitten,
In Noth und Finsterniß zumeist
Mit allen Schergen kühn gestritten;
Jetzt endlich wieder eins und groß,
Mein deutsches Volk, der Fesseln los,
Verleugne nicht den Herrn und Meister,
Er führte Deines Schwertes Streich,
Ihm sei geweiht das neue Reich
Zur festen Burg der freien Geister!

Noch schwankt die Wage, in’s Gewicht
Wirf Deines Sieges ganze Schwere
Und rufe stolz: „Es werde Licht
Zu Gottes und der Menschheit Ehre!“
Vom Gott der Wahrheit lasse nie,
Doch fürder beuge sich kein Knie,
Die falschen Götzen anzubeten,
Und zischt um Dich die blinde Wuth,
Du wirst der ekeln Natternbrut
Den giftgeschwoll’nen Kopf zertreten!

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verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1871, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_364.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)