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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)


hinauf liegt noch ein dritter Gang und die Gallerie. Das Innere ist äußerst praktisch und geschmackvoll. Von unten aus bis zum dritten Range sind die Verzierungen der Brüstungen golden in Weiß. Ebenso sind die Säulen verziert. Der Bühne gegenüber, welche eine Breite von dreiundsiebenzig und eine Tiefe von achtundvierzig Fuß hat, während die Bühnenöffnung im Proscenium sechsunddreißig Fuß breit ist, liegt die herzogliche Loge. Das Parterre enthält hundertzweiundsiebenzig, der gesammte Zuschauerraum neunhundert Plätze.

Daß die Decorationen durchaus neu und schön sind, bedarf kaum einer besonderen Hervorhebung; dieselben rühren von dem Decorationsmaler Lütkemeyer in Coburg her und repräsentiren einen Werth von achttausend Thalern. Die Maschinerie verdankt das Theater dem weithin bekannten Maschinenmeister Brand in Darmstadt. Sie kostet vierzehntausend Thaler. Das Gebäude an sich endlich erforderte einen Aufwand von zweiundachtzigtausend Thalern, so daß die Gesammtkosten des Baues sich auf etwa hundertvierzehntausend Thaler belaufen.

Abgesehen von einem namhaften jährlichen Zuschuß, welchen der Herzog Ernst dem neuen Theater zugesichert hat, soll sich dasselbe selbst erhalten; Director ist der frühere Regisseur Podolsky aus Weimar, der die Verpflichtung übernommen hat, jährlich vier Monate lang in Altenburg zu spielen. Möge die neue Bühne die Aufgabe, die ihr bei beschränkten Mitteln und unter beengenden Verhältnissen allein gegeben sein kann, nie aus dem Auge verlieren, möge sie, dem eitlen bei großen Bühnen unvermeidlichen Prunk glänzender Schaustellungen aus dem Wege gehend, lediglich dahin streben, im Kleinen Großes zu wirken: dann wird ihr Einfluß nach allen Richtungen hin – für die Kunst, wie für das Volk – ein wahrhaft fruchtbringender sein.


Für Brillenbedürftige. Gegen das Unwesen, das in den meisten Landkreisen, selbst in den kleineren Städten Deutschlands, mit dem Verkaufe von Brillen getrieben wird, veröffentliche ich nachstehende Warnung:

Im Allgemeinen erkennt man die Wichtigkeit einer passenden Brille und die großen Nachtheile einer nicht passenden, gewöhnlich zu scharfen Brille viel zu wenig. Man verfährt bei der Anschaffung einer Brille viel zu leichtsinnig. Besonders auf dem Lande wird weder der Arzt noch der Optiker zu Rathe gezogen. Kurzsichtige, die auf dem Lande in viel geringerer Zahl als in den Städten vorhanden sind, die beim Arbeiten in der Nähe durch die Kurzsichtigkeit nicht gestört werden, wählen nur in den seltensten Fällen bei ungewöhnlich hochgradiger Kurzsichtigkeit, die etwa am Erkennen der Furchen hindert, eine Brille. Die Kurzsichtigen auf dem Lande verzichten lieber auf das Sehen in die Ferne, auf das Grüßen in Entfernung und scheuen überdies das Auffallende des öffentlichen Tragens einer Brille oder gar einer Lorgnette. Wird dagegen Jemand gewahr, daß ihm das Lesen kleiner Schrift, das Einfädeln einer Nähnadel sehr schwer wird, so forscht er nach, ob in der Familie oder bei einem Nachbarn eine Lesebrille vacant ist. Hat sich eine solche gefunden, so richtet er sich, wenn das Sehen kleiner Gegenstände nur einigermaßen durch die Familienbrille gebessert wird, mit derselben ein, natürlich zum großen Nachtheile seiner Augen. Solche Brillen wechseln mitunter fünf-, sechsmal ihren Besitzer. Nun kommt alljährlich zu bestimmten Zeiten der Handelsmann mit Brillen in das Dorf und es beginnt das Kauf- und Tauschgeschäft. Der Hausirer, der nur die oberflächlichsten Kenntnisse von Brillengläsern hat, der vielleicht wenige Monate vorher mit alten Kleidern handelte und diesen undankbaren Artikel gegen den einträglicheren Brillenhandel auf dem Lande eintauschte, er weiß seine Brillen mit großer Beredsamkeit an den Mann zu bringen. Im günstigen Falle paßt die Brille wirklich und der Käufer hat nur den Nachtheil, daß er den doppelten Preis zahlen muß. In den allermeisten Fällen ist die Brille zu scharf; sie bessert das Sehvermögen für den Augenblick, indeß bei anhaltendem Gebrauch verursacht sie Drücken im Auge, Thränenlaufen, leichte Eingenommenheit des Kopfes und Reizerscheinungen anderer Art. Findet der Hausirer keine passende Brille, so empfiehlt er zur Schonung des Auges eine blaue Brille. Jedenfalls verkauft er eine Brille, selbst da, wo eine solche ganz unnöthig ist. Er läßt sich oft zwei bis drei Thaler für eine stählerne Convexbrille zahlen, die bei jedem Optiker einer größeren, selbst mittleren Stadt zu dem Durchschnittspreise von einem und ein Drittel Thaler zu haben ist. Bei einem Tauschgeschäfte nimmt er zwei alte Brillen gegen eine neue an und läßt sich anderthalb bis zwei Thaler zuzahlen. Um sich eine größere Glaubwürdigkeit zu verschaffen, so giebt er frecher Weise an, daß er von einer benachbarten Augenheilanstalt mit dem Verkaufe der Brillen beauftragt sei.

Ein solch geriebener Patron, der im vorigen Jahre den Liegnitzer und die benachbarten Landkreise mit blauen Brillen der schlechtesten Qualität versorgte und sich das einzelne Exemplar, das einen ungefähren Werth von fünfzehn Neugroschen hatte, mit zweieinhalb bis drei Thalern bezahlen ließ, gab an, daß er von dem Kloster der barmherzigen Brüder in Breslau mit dem Brillenverkaufe betraut worden sei. Welch großer Nachtheil, weniger noch dem Geldbeutel, als der Sehkraft der armen Brillenbedürftigen durch solche Hausirer zugefügt wird, dürfte annähernd kaum richtig gewürdigt werden. Ich gebe daher den Rath, niemals von Hausirern Brillen zu kaufen. „Die Brillengläser sind,“ wie der berühmte Augenarzt Arlt sagt, „durchaus keine gleichgültigen Gegenstände für die Augen, sie sind den kräftigsten Arzneimitteln an die Seite zu stellen. Und doch, während die sogenannten heroischen, das heißt die stark wirkenden Arzneimittel selbst in Apotheken nur mit größter Vorsicht verabfolgt werden dürfen, verkauft jeder armselige Krämer und Hausirer Augengläser, gleichviel ob gut, ob passend für das Auge oder nicht. So wird das wichtigste der Sinneswerkzeuge mit unverzeihlichem Leichtsinne der Gefahr preisgegeben, seine Brauchbarkeit einzubüßen.“ Heutzutage ist das auch nicht mehr der Weg, sich ein Augenglas zu wählen. Die Aerzte weisen jetzt nicht mehr, wie in früheren Zeiten, die Brillenbedürftigen kurzweg an den ersten besten Optiker. Sie untersuchen zunächst, ob überhaupt eine Brille nothwendig sei oder nicht. Im Besitze einer ausreichenden Anzahl von Probenummern sämmtlicher Gläser, die im Gebrauch sind, wählen sie nicht das für den Augenblick am meisten zusagende, gewöhnlich zu scharfe, sondern das passende Glas, bezeichnen die Nummer desselben genau und schicken den Brillenbedürftigen mit dieser schriftlichen Anweisung zu dem Optiker, „gerade so, wie sie,“ nach einem treffenden Vergleiche Arlt’s, „einen Kranken mit einem Recepte an den Apotheker adressiren.“ In einzelnen Fällen bestimmen sie auch bald, wann das Glas gegen eine stärkere Nummer umgetauscht werden solle. Sie geben fernere nothwendige Verhaltungsvorschriften an, so zum Beispiel den Kurzsichtigen, daß sie die Concavbrille, die sie für die Ferne brauchen, stets beim Lesen abnehmen, oder, falls sie diese Unbequemlichkeit scheuen, eine Lorgnette vorziehen sollen.

Wenn diese Andeutungen dazu dienen, dem durch die Brillenhausirer geübten Unfuge zu steuern, so ist der Zweck dieser Zeilen erreicht.

Liegnitz.

Dr. Süßbach.

Ein Epilog. Wir können die freundlichen Anfragen, die wir von so vielen Seiten nach den weitern Schicksalen des Officiers erhalten, dessen Abenteuer in Feindesland unsere Erzählung Pulver und Gold berichtete, nicht ohne Dank und Antwort lassen. Unser Held ist, von seiner Verwundung genesen, wieder bei seinem Truppentheil eingetreten und hat in den heißen Kampfestagen der Werder’schen Armee das Glück gehabt, sich das eiserne Kreuz zu erwerben; am dritten Tage jenes blutigen Ringens, beim Rückzuge der feindlichen Streitkräfte hat er durch rastloses Vordringen bei der Verfolgung über Noroy hinaus Chateau Giron von einem Haufen Lyoner Mobilen befreit, die in voller Auflösung und eben im Begriff waren, das Haus zu plündern. Blanche Kühn hat ihn zu ihrer vor Angst und Schrecken dem Tode nahen Mutter gebracht und diese ihm als dem Retter ihres Lebens gedankt und in ihrer Erschütterung voll nachgiebiger Güte die Geständnisse ihrer Tochter aufgenommen; auch dem Abbé Etienne haben jene Tage und der Anblick der aufgelöst dem Schweizer Gebiet zu strömenden Bourbaki’schen Schaaren andere Ansichten über französisches und deutsches Wesen beigebracht; als nach der Capitulation Belforts unser Officier nach Villersexel in Cantonnementsquartier kam und so nach dem nahen Chateau Giron zurückkehren konnte, hat er den Segen der Mutter zur Verbindung Blanche’s mit einem Deutschen erhalten, und Glauroth sagt, dieser Feldzug habe ihm das eiserne Kreuz mit Myrthenlaub eingebracht. – Bei der allgemeinen Auflösung der Verhältnisse in jener hart mitgenommenen Gegend hat sich keine Behörde gefunden, welche sich für befugt gehalten, von Fräulein Kühn eine Entschädigungssumme für die in ihrem Hause mit Beschlag belegte Kriegscasse eines nicht mehr existirenden Truppenkörpers anzunehmen. – Wegen eines in seiner früheren Unterredung mit dem Arzte von Noroy gebrauchten scharfen Ausdrucks über die Feindseligkeit, die sich bei unseren kleinen Nachbarvölkern als Folge unserer Siege gezeigt, hat unser Officier die Herausforderung eines Schweizer Journalisten erhalten, der darüber so in Hitze gerathen, wie einst die Leute von Chur über ein Wort Spiegelberg’s in den ersten Auflagen der Räuber (II. 3.), deren Verfasser doch später den Tell dichtete! Unser Held hat bei dem Ausdruck nichts Uebleres gemeint, als wir mit dem harmlosen Namen „die kleinen Raubstaaten“, der gutmüthig hingenommen wird, verbinden. Er hat jedoch die Herausforderung angenommen; der Herausforderer aber hat nach den Züricher Vorgängen nichts weiter von sich vernehmen lassen. Glauroth, der jetzt mit seinem Freunde in Villersexel im Quartier liegt, begleitet ihn auf seinen häufigen Ritten nach Chateau Giron und beschäftigt sich dann damit, entweder den Abbé Etienne zum Arianismus zu bekehren, oder in der Bibliothek der französischen Literatur angenehme und bildende Seiten abzugewinnen. Sie hoffen beide binnen Kurzem die Entlassung aus dem Reserveverhältniß zu erhalten.

L. S.

Kleiner Briefkasten.

C. B…sch in Straßburg. Sie haben vollkommen Recht, daß nichts geeigneter ist, deutsche Sympathien im Elsaß nicht aufkommen zu lassen, als die von Ihnen erzählten Thatsachen. Wenn aber der Bemühung, derlei Unfug abzuschaffen, mit Ihren Mittheilungen gedient sein soll, so ist’s unerläßlich, daß Sie ihren Namen nennen und sich bereit erklären, für die Wahrheit Ihrer Aussage auch vor Gericht einzustehen. Sind Sie dazu entschlossen, so adressiren Sie Ihre Sendung an Herrn Dr. Karl Ruß, Schriftsteller in Berlin, Kurfürstenstraße Nr. 9.

L. D. in Uffenheim. Von der Streckfuß’schen Weltgeschichte sind nur achtunddreißig Lieferungen erschienen und wird das Werk vorläufig nicht weiter fortgesetzt. Doch spricht man davon, daß nach dem Friedensschlusse das Buch durch Verkauf in andere Hände übergehen und dann fortgeführt werden wird.

O. J. in H. Warum lassen sich die Gemeinden die Einführung der „Evangelischen Kirchenlieder“ des orthodoxen Pfarrer Haupt gefallen? Dann sind sie es auch werth, wenn ihre Kinder Verslein singen müssen, wie:

„Und was dort in der Ecken liegt
Und nach dem Kindlein schaut vergnügt,
Ein Oechslein und ein Eselein:
Das mögen gute Thierlein sein.“

M. P. in E. Ein Wort für die Frauenemancipation, und noch dazu in Versen? Nein, das ist doch des Guten zu viel auf Einmal.

A. K. Nein. Was haben Sie uns aber denn schon früher geschickt, das Aufnahme gefunden haben soll? Wir bitten um Antwort.

J. H. in Neapel. Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit; doch der Abdruck ist uns wegen Mangel an Raum nicht möglich.

A. A. in F. Was Sie Alles zum Besten unserer „zukünftigen Landwehrfrauen“ vorhaben, ist ganz schön. Uns indessen entschuldigen Sie; wir haben noch genug mit den „gegenwärtigen“ zu thun.

C. G. in T. bei Haßfurt. Wir bitten über das Manuscript zu verfügen.

E. M. bei H–dt. Ihr Geschichtchen vom „Tractatverein“ ist pikant genug, aber doch nicht verwenden.

F. v. E. in New-York. Wir danken.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_308.jpg&oldid=- (Version vom 1.10.2017)