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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)


Schwestern, und all dies wilde Leben und wüste Treiben, dem sie so oft folgen mußten, ist vergessen und liegt wie ein Traum hinter ihnen.

Der Deutsche ist, seiner ganzen Erziehung nach, eher weich als hart, und überhaupt von Grund aus gutmüthiger Natur. Das rauhe Leben und Wesen ist ihm nicht angeboren, sondern nur durch die Umstände augenblicklich aufgezwungen, und freudig wird er es abschütteln, sobald er den Fuß auf heimischen Boden setzt. Wie dem aber auch sei, und wenn es wirklich – was Gott verhüten wolle – bei einigen Stämmen noch eine Weile nachhalten sollte – für unsere Sachsen stehe ich ein, und daheim brauchen sie deshalb keine Sorge zu tragen.

Fr. Gerstäcker.

Die beiden Illustrationen, welche wir heute aus St. Cloud und Diedenhofen bringen, vermögen wir leider mit keinem erklärenden Text zu begleiten. Die beiden Maler Fr. W. Heine und Chr. Sell haben uns dieselben fast ohne jede weitere Notiz, als die Unterschrift, zugeschickt, und wir halten unter allen Umständen an unserem Grundsatze fest, die erläuternden „Texte“ nicht auf dem Redactionsbureau zu fabriciren. Indessen sprechen die Zeichnungen für sich lebendig genug, und wir bemerken denn nur, daß das Sell’sche Bild nach der Mittheilung des Malers mit der Hauptstraße und der Kirche von Diedenhofen am Tage nach der Capitulation der genannten Festung, am 25. November v. J., aufgenommen ist, während wir hinsichtlich der Heine’schen Illustration auf den Artikel Gerstäcker’s in der heutigen Nummer verweisen. Unsere Leser finden darin die entsetzliche Verwüstung erwähnt, welche St. Cloud erfahren und von welcher nun der Maler ein, wie es scheint, nur allzu getreues Bild gegeben hat.


Von der Südgrenze des Reiches. Der Ernst der Zeit ist nicht im Stande, den in unserem Volke lebenden Humor gänzlich niederzuhalten. Das zeigte ein Maskenspiel, welches an den drei Faschingstagen auf offenem Marktplatze des bairischen Marktfleckens Oberstdorf unter großem Zulauf von Nah und Ferne abgehalten wurde. Die Lage des Dorfes inmitten der acht- bis neuntausend Fuß hohen Bergriesen des Allgäu, berühmt an sich, zeigt auch im Winterkleide die volle Großartigkeit einer Alpenlandschaft; die eis- und schneebedeckten Felsenhäupter, die in den Schauplatz herniederblickten, bildeten eine grandiose Staffage zu dem munteren Treiben der Menschen. Das aufgeführte Spiel nennt sich der „Wildmännli“ – ober „Faunentanz“, der zu Anfang unseres Jahrhunderts von einem Ortsangehörigen aus der Schweiz eingeführt worden sein soll, jedoch unverkennbar auf italienischen Ursprung zurückweist. Die Originalmusik, die unter Leitung des Chorregenten des Ortes von einem gut besetzten Orchester einheimischer Dilettanten aufgeführt wurde, geht in allen Theilen mit dem dargestellten Spiele Hand in Hand. Letzteres ist wohl am besten als ein groteskes Ballet zu bezeichnen.

Die Bühne ist in allen ihren Theilen von lebendem Grün hergestellt, ohne Vorhang. Die „wilden Männer“, ihrer zwölf an der Zahl, beginnen damit, daß sie, streng nach dem Tacte der Musik; zuerst je sechs Arme, hierauf sechs Beine, dann die Köpfe blitzschnell aus den Coulissen strecken, wieder verschwinden, um hierauf nach rascherem Tempo dieselben Gliedmaßen in zuckenden Bewegungen zu zeigen. In den sich hieran reihenden, im Ganzen etlichen zwanzig Gruppirungen treten oder vielmehr hüpfen die „wilden Männer“ paarweise auf die Scene, vereinigen, trennen gruppiren sich, immer in strengem gravitätischem Zeitmaße in der drolligsten Weise, durch welche Pünktlichkeit im Verein mit den treffenden Masken der Darsteller die lachenerregendsten Effecte erzielt werden. Ueber und über in möglichst eng anliegende, dicht mit graugrünem Moose übernähte Gewänder gehüllt, einen soliden Gürtel von Tannengezweige um den Leib, den Kopf mit übergestülpten Masken von Tannen- und Mooswerk bedeckt, so daß nur Augen und Mund frei bleiben, halb Waldgeschöpfe, halb Menschen, bis auf die bemalten Hände herab grün, so vollführen diese „wilden Männer ihre Schwänke, die uns in die Urzeit der Erfindung des Ballets zurückversetzen, deren naive Empfänglichkeit noch von keiner sittengefährdenden Zuthat bedroht war.

Besondere Freude machte mir die Schlußscene des Spieles, in welcher auf einem dreistufigen Postamente eine grünumflochtene weiße Tafel errichtet wurde: oben die deutsche Kaiserkrone, darunter in großen Lettern: „Deutschland hoch!“, das Ganze von schwarz-weiß-rothen Bändern umschlungen. Um dieses erhebende Symbolum gruppirten sich jetzt die Darsteller, um in einem kräftigen Chore das Vaterland, die Freiheit, das deutsche Heer zu feiern, und ihren Gesang nach gutem altem Gebrauche mit einem Labetrunke aus hölzernen Bechern begleitend. Einer der gesungenen Verse mag hier vielleicht wiederholt werden:

„Dem tapfern deutschen Heere singt
Der wilde Mann das Lied,
Und für den deutschen Kaiser springt
Der Faun sich gerne müd’,
Hoch über Klüften und Gestein
Singt er mit frohem Muth,
Und für den freien deutschen Rhein
Giebt Leben er und Blut.“

Diese naive Huldigung gab dem Fastnachtsspiele, dessen Ertrag ohnehin für vaterländische Zwecke bestimmt war, einen Abschluß, der zu Gedanken höherer Art führte, wobei die wackeren Bewohner dieses Alpenthales keineswegs den Kürzeren ziehen konnten. Die Zuschauer zählten, wie schon angedeutet, nach Tausenden, und das herrlichste Wetter begünstigte das originelle Schauspiel. Die Darsteller waren durchweg jüngere Männer aus Oberstdorf, die sich der gestellten Aufgabe mit größtem Fleiße und staunenswerther Ausdauer entledigten.

A.

Siegesdank. Mit Erlaubniß des Verlegers M. Schloß in Köln haben wir genannte Dichtung und Composition aus dem Werke „1870. Zwölf patriotische Männerchöre von Karl Wilhelm“ abgedruckt, welches der berühmte Componist der „Wacht am Rhein“ demnächst zum Besten der Verwundeten und Hinterbliebenen herausgeben wird. Diese „allen deutschen Sanges- und Waffenbrüdern“ gewidmete Sammlung bringt eine Anzahl von Tonschöpfungen des genialen Meisters, die ebenbürtig neben der den Schluß des Büchleins bildenden „Wacht am Rhein“ stehen und bei der Billigkeit des Preises (Partitur 10 Ngr.) gewiß Verbreitung finden wird. Karl Wilhelm bringt mit diesem Liederhefte den Deutschen in der Nähe und Ferne in würdigster Weise seinen Dank dar für die vielen Zeichen der Liebe und der Verehrung, die ihm für die Composition desjenigen Liedes zu Theil geworden sind, dem es in diesem Jahre bestimmt war, in Wahrheit ein deutscher Nationalgesang zu werden.


Für die Freunde des Priesters Herrn Braun. Alle unsere verehrten Leser, welche ihre Theilnahme für den vom Bischof von Passau mit so grausamer Härte verfolgten Priester Thomas Braun so werkthätig bewiesen, können wir mit der Nachricht erfreuen, daß wir durch sie in den Stand gesetzt waren, dem bescheidenen Wunsche des in der Abgeschiedenheit in dem protestantischen Ortenburg lebenden Mannes, der seine traurige Lage schon mit der geringen Summe von fünfzig Gulden aufzubessern hoffte, mit dem mehr als vierfachen Betrage zu entsprechen, ja wir haben sogar bestimmte Aussicht, dieser noch eine zweite Sendung nachfolgen lassen zu können. Herr Braun hat in einem Briefe an die Redaction der Gartenlaube allen seinen freundlichen Wohlthätern seinen herzlichsten Dank ausgesprochen.



Für die Verwundeten und die Frauen und Kinder unserer unbemittelten Wehrleute

gingen wieder ein: Ertrag einer von den Damen M. Göttel, A. Heinze, E. Kopp, B. Müller, Cl. Schmidt und M. Schwartz in Oschatz veranstalteten Lotterie 166 Thlr.; Beitrag von 100 Deutschen in Manchester im Staate New-Hampshire (Amerika) 243 Thlr. 11 Ngr.; gesammelt von einigen Deutschen in Kewanee (Illinois) 61 Thlr.; Ertrag eines Concerts von Deutschen in Indianolo (Texas) 100 Thlr. Gold: 110 Thlr. 19 Ngr.; vom Verein zur Unterstützung deutscher Krieger in Macon, Georgia 430 Thlr.; Sammlung unter Deutschen in Rockhampton (Incensland) (56 Pfd. 19 Sh.) 387 Thlr. 8 Ngr.; K. v. S. in Zwickau 5 Thlr.; S. R. in L. 1 Thlr.; eine deutsche Frau in L. 2 Thlr.; Wilhelmine Horn in Freiburg a. U. 3 Thlr.; A. Maschke in Moskau 1 Thlr.; Concertertrag des Sängervereins in Orlamünde mit Raschhausen 10 Thlr.; Dr. Abendroth in Dresden 2 Thlr.; aus Mühlhausen in Thür. 5 Thlr.; Sitta 1 Thlr.; N. N. in Herrnhut 1 Thlr.; gesammelt beim Stiftungsfest des Turnvereins in Hohenstein 5 Thlr.; Ernst Koch 3 Thlr.; Oberförster A. Kellermann in Paretzky 5 Rubel; Leseverein in Guntersblum (30 fl.) 17 Thlr. 4 Ngr. 2 Pf.; vier- und fünfundzwanzigste Wochensammlung der Klinkhardt’schen Buchdruckerei 6 Thlr. 22 Ngr.; Gustav B. aus Nordrußland 25 Rubel; Sammlung der Gemeinde Bjaschinoe bei Taganrog 75 Rubel; sechster Monatsbeitrag von Al. Wiede 20 Thlr.; sieben- und achtundzwanzigste Sammlung der Officin von Schelter und Giesecke 38 Thlr. 21 Ngr., Frida B. 2 Thlr.; gesammelt am Weihnachtsabend von den Kindern der Schule in Bernbach 2 Thlr. 20 Ngr.; zwei Freundinnen und J. J. Fletcher 4 Thlr. 27½ Ngr.; von einigen Mitgliedern des deutschen Vereins in Stillwater (Minnesota) 60 Thlr.; M. M.: meine für Garderobe bestimmten Ersparnisse 4 fl. rh.; aus Gretchen’s und Paul’s Lucas Sparbüchse 2 Thlr.; Aug. Wolff in Rucyn 10 Rubel; A. D. 1 Thlr.; Ergebniß einer von Frau Rosa Vogt in Kappel bei Chemnitz veranstalteten Vorlesung 31 Thlr.; Leseverein in Herschberg (Rheinpfalz) 2 Thlr. 25 Ngr. 5 Pf.; Andreas Lorenz in Pommritz 10 Thlr.; Erlös für zwei Frauenzöpfe 3 Thlr. 7½ Ngr. und ein Viertelpfund blondes Frauenhaar 2 Thlr. 15 Ngr.

Zur Erfüllung der Bitte des armen Arbeiters in Quittung der Nr. 8 gingen ein: J. F. W. in Ostfriesland 5 Thlr.; H. G. in L–p 2 Thlr. 7½ Ngr.; von einem Vater, dessen geliebte Kinder im Grabe ruhen 2 Thlr.; W. O. in Gotha 2 Thlr.; A. Q. in O. 2 Thlr.; W. F. aus Ntz. 15 Ngr. (für das liebenswürdige Gedicht an die Gartenlaube besten Dank, aber veröffentlichen können wir es nicht); Carl Rr. in Nürnberg 2 Thlr.; Cassa-Rest der Gartenlaubensammlung für die Verwundeten von 1866: 147 Thlr. 7 Ngr. 9 Pf.

Aus Oesterreich gingen ferner ein: Reinertrag des zu Gunsten der Verwundeten vom Akademischen Leseverein in Wien veranstalteten Commerses 429 fl.; zwei kleine deutsche[WS 1] Mädchen in Hohenelbe, anstatt eines Kinderballes 5 fl.; aus Köflach und zwar Bergverwalter Peter 15 fl.; Rechnungsführer Klingler 6 fl.; drei Steiger und Aufseher 6 fl. und ein Theil der Grubenarbeiter 13 fl. 74 Kr. (oder 16 Ngr.); Johannes Goetzger in Wien 5 fl.; Louise Schuster in Mediasch 20 fl.; J. H. in Baja 5 fl.; Sammlung von 15 Schülern der dritten Classe des evangelischen Gymnasiums in Hermannstadt 8 fl.; Sammlung einiger Schüler der zweiten und dritten Classe der Unterrealschule in Schäßburg 7 fl.; bei Gelegenheit eines Maskenballes des Mährisch-Ostrauer Gesangvereins gesammelt von Arthur Lehmann 18 fl.; 1 Thlr. und 20 Ngr.; Joseph Gruber aus Trieben, aus Dankbarkeit für die ihm in Deutschland gewordene humane Aufnahme 4 Thlr.; durch Edmund Campe in Brünn 3 fl. und 2 Thlr. (ein Gulden von den angegebenen 4 fl. fehlte im Briefe; C. B. in Pohnlitz 5 fl.

Summa sämmtlicher Eingänge 25,959 Thlr. 11 Ngr. 9 Pf.
Ernst Keil.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: dentsche
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