Seite:Die Gartenlaube (1871) 140.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1871)


die im offenen Felde fast immer feigen Franctireurs in ihre Wälder zurückgetrieben. Die Verfolgung einzelner Abtheilungen derselben führte uns aber nach Rimogue, wo es uns gelang, die Wachtstube der Franctireurs aufzustöbern und das ganze Nest auszuheben. Eine kleine Husarenpatrouille brachte die Leute nach rückwärts: es war eine saubere Schwefelbande – voran ein baumlanger, spindeldürrer Bursche mit einem martialischen Schnurrbart im hagern Spitzbubengesicht, neben ihm ein blutjunges Bürschchen, das seiner Mutter auch noch nicht lange davongelaufen sein konnte, dann der von der ganzen Gesellschaft allein wohlgenährte Maire in der unvermeidlichen Blouse, nach ihm sogar der Pfarrer des Ortes mit einer großen Brille im gelben Gesicht u. s. w. Die Weiber standen schreiend unter der Thür, als man das Gelichter, das in seiner Muthlosigkeit einen jämmerlichen Eindruck machte, von dannen führte. Dann setzten wir dem Haus, das zur Wachtstube gedient hatte, den rothen Hahn auf’s Dach und bald schlugen die Flammen lichterloh aus den Fenstern. Nachdem dies geschehen, patrouillirten wir noch ein Stück über Rimogue hinaus; als wir aber nach dem Orte zurück und an dem brennenden Hause wieder vorüber kamen, hatten sich andere Schufte, unsere Rückkunft abwartend, in dessen unterstem Stockwerk schon wieder eingerichtet und gaben nun, sobald sie unser ansichtig wurden, Feuer. Da war wenig zu machen. Die Straße war enge, von dem obern Stockwerk fiel das brennende Gebälk prasselnd auf das Pflaster, unten starrten uns die Gewehrläufe entgegen. Ein Kampf war unmöglich, es galt einen raschen Entschluß, so setzten wir denn unseren Pferden die Sporen ein und flogen wie ein Sturmwind am Hause vorbei und die Straße herunter. Der letzte von uns schwang Hurrah rufend sein Gewehr gegen die Franctireurs, deren Kugeln pfiffen uns denn auch links und rechts um die Ohren, eine sauste mir dicht am Leben vorbei, aber – merkwürdigerweise – keine traf und wir stießen unversehrt wieder zu unserer Abtheilung.“


Die „Prinzessin“ Editha, deren sich unsere Leser aus der Erzählung in Nr. 4 der Gartenlaube gewiß noch erinnern, ist vor einigen Wochen aus dem Hahnemann-Hospital in New-York, wo sie aus Barmherzigkeit aufgenommen war, nach dem Irrenhause gebracht worden. Es geschah dies in Folge der eidlich abgegebenen Erklärungen des Dr. Seeger, medicinischen Directors des Hospitals und des Dr. F. W. Hunt, weiland Professors der Medicin und Psychiatrie.

Am 1. December wurde sie angeblich an periodischer Maulsperre (Tetanus) leidend, im Hospital aufgenommen, aber bald entdeckten die Aerzte, daß diese Anfälle nur sehr geschickt geheuchelt waren. Nebenbei benahm sie sich außerordentlich störend und verletzte sehr häufig die Hausordnung. Eines Morgens fand Dr. Seeger ein bereits halb aufgerauchtes Paket Cigaretten auf ihrem Kissen. Sie hatte das Mitleid eines Besuchers zu erregen gewußt, und dieser hatte sie am 17. December Abends eingeschmuggelt. Auf einmal rannte sie aus der Frauenabtheilung fort und die Treppe hinauf nach der Männerabtheilung. Sie war noch nicht ganz oben, da kehrte sie wieder um, rannte ganz hinunter und hinaus in ein Nebengebäude, wo sie der Köchin zurief, es brenne in der Männerabtheilung. Die Köchin, eine Wärterin und der im Hospital wohnende Assistenzarzt eilten hinauf und fanden zwei Matratzen brennend, obwohl die Abtheilung zu der Zeit ganz ohne Bewohner war. Am nächsten Tage hielt Dr. Seeger im Beisein des Dr. Hunt eine große Untersuchung. Alle Patienten gaben unumwundene und offenbar richtige Aussagen ab, nur Editha nicht, die deshalb einem besonders scharfen Verhör unterzogen wurde. Sie wurde dabei sehr aufgeregt und fragte wiederholt in äußerst gereiztem Tone: „Denken Sie etwa, ich hätte das Feuer angelegt?“ Als sie in das Krankenzimmer zurückgeführt wurde, fing sie an, alle Patienten mit Schimpfworten zu überhäufen, und verfiel schließlich in Krämpfe, die jedoch den Charakter eines Tobsuchtsanfalles annahmen. Chloroform und Aether wurden angewandt, aber es erforderte die zweistündige Anstrengung von vier Männern, Professor Hunt, Dr. Seeger, Assistent Drumwell und Pfarrer Stratton, um sie zu bändigen und sie schließlich auf ein Brett zu binden, auf dem sie, mit einer Decke zugedeckt und wohlbewacht, liegen blieb.

Als Dr. Seeger früh am Morgen in’s Hospital kam, hatte sie inzwischen losgebunden werden müssen, aber das Toben und Wehren hatte auch von Neuem begonnen. Der Arzt drohte ihr mit Knebel und Zwangsjacke, worauf sie aufsprang, hinter den Eßtisch rannte, dort ein großes scharfes Aufschneidemesser ergriff und den Dr. Seeger und wer ihr sonst nahe kommen würde, zu tödten drohte. Der Arzt sprang auf sie zu, packte sie fest mit beiden Armen, wobei er mit genauer Noth einer Verwundung entging, bis es endlich mit großer Mühe und nicht ohne daß einer der Assistenten einen Stich unter dem Auge erhielt, gelang ihr das Messer zu entwinden und sie zu überwältigen. So lange sie noch im Hospital blieb, mußte sie sorgfältig überwacht werden und war eine beständige Quelle der Gefahr für die Mitpatienten und die Beamten. Gegenwärtig befindet sich die angebliche Tochter der Lola Montez, wie gesagt, im Irrenhause.



Für die Verwundeten und die Frauen und Kinder unserer unbemittelten Wehrleute

gingen wieder ein: Sammlung durch Lehrer Rich. Müller in Kertsch (Krim) 76 Rubel 25 Kop.; am Fuße des Schwarzfelds gesammelt 8 Thlr.; beim Stiftungsfeste des „Liederkranzes“ zu Tolenz 11 Thlr; C. Münch, ein deutscher Arbeiter in Genf 5 Thlr.; Leseverein „Eintracht“ in Hausberge 1 Thlr.; in froher Gesellschaft in Alt-Strelitz, von Apotheker Goeritz 4 Thlr. 1 Ngr.; für an A. Zschiesche in Leipzig gesandte entwerthete Briefmarken von Frau Auler in Dona Francisca (Brasilien) 15 Thlr.; ein Deutscher in Vevey 20 Francs; bei der Weihnachtsfeier in der Rigaer Turnhalle gesammelt 96 Thlr.; Carl v. Drausfeld 2 Thlr. 15 Ngr.; Ertrag eines Concerts des Gesangvereins „Orpheus“ in Raschau 10 Thlr. 2 Ngr 3 Pf.; gesammelt am Tage der Capitulation durch Th. Kleine in Horneburg 10 Thlr. 7½ Ngr.; Spielresultat am Sylvesterabend in Heimersheim 2 Thlr.; Collecte der fünf Kosmopoliten vom lustigen Abend des 7. Januar in Iwanow (Rußland) 50 Rubel; eine deutsche Frau in Odessa 4 Thlr.; gesammelt von G. J. in Bradford 13 Thlr. 18¼ Ngr.; gesammelt durch Clara Schulze am Capitulationstage im „Goldenen Kranz“ zu Marienberg 3 Thlr.; E. J. in Ohrdruff 2 Thlr. 8 Ngr.; M. Sch. in G. bei Roßwein 1 Thlr.; Erlös für mein erstes gedrucktes Gedicht 1 Thlr. 15 Ngr.; Bertha Bork in Assen 2 Thlr.; H. Th. in R. 15 Ngr.; N. N. in Parchim 1 Thlr.; Mexico-Wette 20 Ngr.; von Beamten der Zuckerfabrik Walentynow (Polen) 24 Thlr. 4 Ngr.; von der Karceria des 18. bis 22. Januar (1871) auf Schloß Erfurthstein in Jena 2 Thlr. 16 Ngr.; eine in Petersburg lebende Sachsin 15 Thlr.; vom Eisenbahnkegelclub zu Borna auf dem Jägerhaus bei Frohburg gesammelt 9 Thlr. 7½ Ngr.; G. Rwd. auf Freienfels 3 Thlr.; gesammelt von Lehrer Schmidt in Laimbach 17 Ngr.; Gärtnerbursche Fritz Wosubra in Blagoweschtschenk am Amur 5 Rubel; Bender in Neukirchen 1 Thlr.; Richard Haage in Petersburg 10 Rubel; D. in Riga, abgelehnte Zahlung 24 Ngr.; Köster in Petersburg 1 Thlr. 1½ Ngr.; M. St. in Hamburg 20 Thlr. (herzlichen Dank für liebenswürdigen Brief); gesammelt in einer frohen Gesellschaft bei E. F. am 10. Januar in Reval durch H. v. D. 15 Rubel; ein Deutscher in San Francisco 3 Dollars; Hofrath Georg v. Funk im Mohilewschen Gouvernement 20 Thlr.; Emma W. in Reval 3 Thlr.; Ergebniß einer Subscriptionssammlung der Seyffardt’schen Buchhandlung in Amsterdam 17 Thlr. 10 Ngr.; fünfter Monatsbeitrag von Al. Wiede 20 Thlr.; Reus in Dewsbury 1 Pfd. St.; L. O. H. in Altenburg 4 Thlr.; Bierscatgesellschaft in Neustadt (Chemnitz) 2 Thlr. 15 Ngr.; zwei- und dreiundzwanzigste Sammlung der Klinckhardt’schen Druckerei 7 Thlr. 28 Ngr.; vier und fünfundzwanzigste Sammlung des Personals von Schelter und Giesecke 34 Thlr 13 Ngr.; Arbeiter A. B. in B–w 10 Ngr. mit folgenden prächtigen Versen:

Ich steh’ im Joch von früh bis spät,
Bald hier bald da – wie’s g’rade geht;
Mein Weib ist brav, die Kinder prall,
Sie sind, Gottlob, mein Ein’ und All’,
Doch schmal die Kost, der Heerd kaum warm,
Oft denk’ ich: ach, wie bist du arm!

Dann fällt der Krieg mir ein, und dann
Auch Nachbars Fritz, der Landwehrmann:
Kein warmer Ofen Tag und Nacht,
Kein Kind, das ihm entgegenlacht,
Vielleicht er selbst schon stumm und bleich!
Da denk’ ich: o wie bist du reich!

Drum nimm von meinem armen Glück
Für Aerm’re dies Achtgroschenstück!
Ich denke: gäb’ vom Wochenlohn
Vom Arbeitsmann bis hoch zum Thron
Ein Jeder nur den sechsten Theil,
Dann würde manche Wunde heil!

Und damit der Wunsch des Dichters bald zur Wahrheit werde, legt die Redaction der Gartenlaube zur Gabe des armen Arbeiters gleich 100 Thlr. zu. Denn es warten noch viele Verwundete, Wittwen und Waisen auf die milde Hand des Gartenlaubenlesers, und deshalb bitten wir – angesichts des baldigen Friedens, der so viele Schmerzen heilen wird – nochmals für Alle, die der Krieg für immer unglücklich gemacht.

Aus Oesterreich gingen ferner ein: W. Bfd. in Prag 5 Thlr. (besten Gruß an alle Verwandte); Frau Hoffmann in Wien 5 Thlr.; zweite Sendung der Wiener Tischgesellschaft 50 Francs; F. Ondrack in Brünn 4 fl.; ein deutsches Mädchen in Troppau 1 Thlr. 10 Ngr.; Godwin und Amalie v. Lilienhoff-Adelstein 2 Ducaten; abermalige Sendung von J. Goetzger in Wien 10 fl.; die Schülerinnen des Pensionats in Ujholy (Ungarn) 6 fl.; Gawlitzka in Pest 2 fl.; drei Freundinnen aus Mährisch-Trübau 62 fl.; vom Tetschen-Bodenbacher Turnverein 39 fl.;

Es hatten drei Gesellen ein fein’ Collegium,
Es kreiste so fröhlich der Becher im trauten Kreise herum,

mit 15 fl. aus Wien; die Arbeiter der Maschinenfabrik von F. Wannieck in Brünn 40 fl. (für die Waisen in Deutschland und Frankreich); einige junge Deutsche auf der Wacht in der Adria 20 fl.; von einem ultramontanen Deutsch-Oesterreicher 1 Ducaten; M. Rahm in Mautern 12 fl.; von einer Wienerin in Brünn 4 fl.; Münzner in Oberleutersdorf 7 fl. 9 kr.; Ergebniß eines Concerts im fürstlich Clary’schen Gartensalon in Teplitz 242 fl.


Unsere Siebenbürger Landsleute sandten wiederum: die evangelisch-sächsischen Lehrer des Repser Kirchenbezirks 18 fl.; Ergebniß einer Sammlung in den Mädchenschulen und Knaben-Elementarclassen in Schäßburg 45 fl., und Beitrag der zehn Lehrer 10 fl., zus. 55 fl.; Sammlung durch den Ortspfarrer G. Müller im Dorfe Almen (300 Seelen, umgeben von Walachen und Zigeunern) 10 fl.; die evangelisch-sächsischen Bewohner von Deutsch-Takes im Repser Kirchenbezirk 10 fl.; Lotti Dietrich, Ertrag einer verloosten Handarbeit, 18 fl.; Sammlung der ersten Mädchenclasse in Mediasch 2 fl.; Sammlung der ersten Elementar-Mädchenschule in Reps 9 fl. und aus der Sparbüchse der F. W. und M. v. S. 3 fl. in Silber; von zehn Bürgern in Schäßburg, neuerdings gespendet, 23 fl.; Ergebniß eines von fünf jungen Mädchen in Hermannstadt veranstalteten Haustheaters 60 fl.; abermalige Sammlung in Hermannstadt 50 fl.; von sächsischen Bauern aus Wurmbach 17 fl. 39 kr.; von sächsischen Bauern aus Martinsdorf 35 fl.; aus den Sparbüchsen der Geschwister Johanne, Wilhelmine, Caroline, Swarz, Heinrich, Sophie, Rosa, Hedwig und Bertha 3 fl. 61 kr.; Landbauer Müller in Martinsdorf 5 fl. Zusammen 61 fl.

Ernst Keil.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1871, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_140.jpg&oldid=- (Version vom 23.2.2020)