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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870)


Ein norddeutscher Consul. Wir erhalten von Pest nachfolgende Zuschrift eines dortigen angesehenen Buchhändlers:

Die Gartenlaube fordert in jeder Nummer dringend zur Sammlung von Beiträgen für die Verwundeten auf. Die nachfolgende Notiz möge der Redaction beweisen, auf welche Weise der norddeutsche Consul hier das Bestreben, dieser Aufforderung gerecht zu werden, in Ungarn unterstützt. Der „Pesti Napló“ schreibt nämlich:

„Die Sammlung für die Verwundeten der beiden kriegführenden Mächte, welche der ‚Kronprinz Rudolf-Verein‘ einleitete, hat binnen zwei Wochen 1400 fl. erzielt. Das Sammlungscomité theilte diese Summe in zwei gleiche Theile, und bat einerseits den französischen Consul, Gr. Castellano, andererseits den preußischen Consul, Herrn Wäcker-Gotter[WS 1], einen Tag zu bestimmen, an welchem das Comité wegen Uebergabe des Geldes seine Aufwartung machen könne. Gr. Castellano antwortete sogleich und sagte, als er das Geld in Empfang nahm, er sehe in dem Resultat der Sammlung eine Kundgebung der erfreulichen Sympathle, welche seit langer Zeit zwischen der ungarischen und der französischen Nation besteht. Vom norddeutschen Consulat hingegen erhielt das Comité die Antwort, es möge sich nicht bemühen, Geld zu sammeln und zu übergeben, denn die deutsche Nation sorge schon selbst für ihre Verwundeten.“

Das genannte Blatt fügt dieser Mittheilung bei, daß es die Würdigung solcher höflichen Antwort dem gebildeten Publicum überläßt. Sie aber dürfen Ungarn nicht verantwortlich machen, wenn dann die herzlich gebotenen Liebesgaben eine andere Route als nach Deutschland einschlagen.




Christbescheerung für die armen Kinder des Krieges. Der Erfolg der „großen Bitte an alle deutschen Kinder“ von Friedrich Hofmann in Nr. 47 der Gartenlaube ist in den wenigen Tagen, die derselben so nahe vor dem Feste zu wirken vergönnt war, ein wahrhaft überraschender. Heute (am 16. December) sind in 240 Sendungen 1445 Thaler eingegangen; darunter befinden sich viele Gaben, welche in Kreuzern und Pfennigen in kleinen Dorfschulen zusammengebracht wurden, aber auch Sendungen aus London, Antwerpen, Kopenhagen, Riga, Pest, Neapel, Rotterdam, Lemberg, Cormeilles bei Paris und Virangós. Nicht weniger reich ist die Waarenzufuhr gewesen. In achtundfünfzig Sendungen, von der stattlichen mit Eisen beschlagenen Centnerkiste bis zum grauen Löschpapierpaketchen, mit einem Zwirnsfaden umwickelt, in Schachteln, Säcken und Körben, in Pappe und Leinwand flogen die Christgeschenke von fern und nah in die Gartenlaube herein. Wir wünschten, alle die lieben Geber aus unserm Leserkreise könnten jetzt einen Blick in eines unserer Redactionszimmer werfen, in welchem unser Bescheerungsbesorger an seinem Pulte mitten in den ausgepackten Herrlichkeiten steht. Alle die breiten Fensterbretter, alle Stühle und Tische liegen und stehen voll; da ragen Säulen von Holzschachteln auf, denen man den Inhalt, Schafheerden, Küchengeschirr, Bleisoldaten, Kegelspiele etc. sogleich ansieht; dort neben dem Schreibzeuge paradiren Dutzende eingeschirrter Rosse und daneben neigt zur Krippe sich ein Mauleselein; aus großen runden Paketen sieht Tuch und Leinwand ernsthaft heraus, daneben die bunten Wollenwaaren der Strümpfe und Kopftücher, Handschuhe und Seelenwärmer; da steht ein ganz heiteres Kistchen, Thüringer Kinder in Ilmenau haben’s gefüllt und auf jede Gabe ihre Namen und neckische oder auch sehr ernsthafte Verschen geschrieben, in denen Alle grüßend die Händchen nach den neuen kleinen Brüdern und Schwestern in Elsaß-Lothringen ausstrecken. Dicke Säcke lehnen an der Wand, voll warmer Kleider aller Art, aber doch guckt überall zwischen den Hemden und Röcken bald ein Bilderbuch, bald eine Puppe heraus. Die ganz großen Kisten von Olbernhau, Sonneberg, Scheibe, Nürnberg, Hildburghausen, Neustadt bei Koburg und vor allen die von Magdeburg stehen in einem Nebenzimmer, und wenn die erst die Deckel aufthun, was kommt da Alles zum Vorschein! Da melden sich zweihundertsechszig schöngekleidete Puppen und dort Dutzende von Weihnachtsmännchen und Hunderte von goldenen und silbernen Glasfrüchten für den Christbaum; da finden wir das ganze Thierreich von Papiermaché und dort Gelegenheit zur stärksten Kinderkapelle in Instrumenten aller Art; dort präsentiren sich in Dutzendpaketen Porcellanpuppenköpfe und Körper zu Hunderten etc. Kurz, das Redactionszimmer ist in die schönste Christmarktbude verwandelt. Wir dürfen aber jetzt diese Bescheerungslust nicht zu lange vorgenießen, die Gaben müssen fort, wohin der Wunsch der Kinder und Alten sie bestimmt hat. Eine ausführlichere Quittung bringen wir, sobald die ganze Bescheerung fertig, folglich die Sammlung geschlossen ist.



Kleiner Briefkasten.

G. Lr. in D. Allerdings hat unser Feldmaler W. Heine auch dem blutigen Kampfe um Villiers am 2. December unmittelbar beigewohnt und ist dabei wiederholt im Feuer gewesen. Er hat uns bereits eine vortreffliche Illustration davon geschickt und schreibt, indem er einen ausführlicheren Text noch zusagt, einstweilen: „Die Lebenswahrheit dürfen Sie meinem Bilde ,Im Granatfeuer' nicht absprechen. Fünfundzwanzig, dreißig Granaten – nicht im Geringsten übertrieben – schlugen neben, vor und hinter mir ein. Das Blut stockte mir für einige Augenblicke in den Adern. Dieser Tag war mir das Schrecklichste, was ich im Laufe des Krieges erlebt habe, und, wie Sie wissen, bin ich doch überall vornedran gewesen und habe Alles aus erster Hand mitangesehen und durchgemacht.“

N. in Stbg. Also auch Sie und obendrein eine ganze große Gesellschaft Ihres Städtchens, haben sich dupiren lassen! Wie war das möglich, nachdem bereits einige größere Zeitungen den Sachverhalt aufgedeckt hatten? Füsilier Kutschke krauchte bereits 1813 im Busche herum, und die Berliner Kreuzzeitung war es, die sich das Verdienst erwarb, das originelle Poem aus dem Schutte der Kriegsliteratur von Anno 13 herauszufinden und in die Oeffentlichkeit zu schleudern. Seitdem kraucht der Füsilier in den Köpfen, Broschüren und Blättern Deutschlands munter weiter.

M. in Meißen. Mit letzter Woche ist der dritte Nachdruck des Kriegsquartals beendet und stehen nun wieder complete Exemplare des Jahrgangs zu Diensten.



Fur die Verwundeten und die Frauen, Wittwen und Kinder unserer unbemittelten Wehrleute

gingen ferner ein: Von einem vielgeprüften deutschen Manne in Irkutsk in Sibirien 5 Rubel; G. H. in Dresden 5 Thlr.; vierzehnte und fünfzehnte Wochensammlung der Klinkhardt’schen Buchdruckerei 9 Thlr. 9 Ngr.; auf einer Hochzeit gesammelt von Lehrer Hügemey in Eggerscheidt 4 Thlr 1½ Ngr.; die fünf Geschwister Kinderlen verzichten auf die Hälfte ihrer Weihnachtsgaben zum Besten der Waisen deutscher Krieger mit 20 Thlr.; musikalischer Verein zu Neuhaus und Schmalenbucha 12 Thlr. 17 Ngr.; Ertrag einer Abendunterhaltung der Gesellschaft Germania in Ichtershausen 5 Thlr.; ungenannt aus Kirchheim a. Eck 4 Thlr. 8 Pf.; zweiter Beitrag des Vereins junger Kaufleute in Buchholz 6 Thlr.; Sammlung unter Russen und Deutschen im Gouvernement Kursk, Kreis Novii-Oskoll, durch C. E. G. 75 Rubel (herzlichen Dank für die freundlichen Beweise Ihrer Anhänglichkeit); Turnverein in Randegg (Baden) 4 Thlr. u. 4 fl. rhein.; zweite Sendung des patriotischen Jungfrauenvereins in Bleicherode 1 Thlr.; W. 15 Ngr.; achtzehnter und neunzehnter Wochenbeitrag der Officin von Schelter und Giesecke 52 Thlr. 22 Ngr.; Seifert in Zschopau 5 Thlr.; Hugo Sattler in Milwaukee 14 Thlr.; gesammelt in fröhlicher Gesellschaft nach Expedition der tausendsten Sendung an Steiger in Newyork 2 Thlr.; Gesangverein Luscinia in Leipzig 2 Thlr. 8½ Ngr.; aus Raschau 4 Thlr.; Geschenk des Rittergutspächters Wetzig in Börmichen und seiner Arbeiter, durch Abstellung des Erntefestes 30 Thlr.; Sammlung durch Fauchius 1 Thlr.; Frau E. M. in Moskan 5 Thlr.; beim Stiftungsfeste des Gesangvereins in Herbsleben 6 Thlr. 3 Ngr.; A. F. aus G. 5 Thlr.; von einer deutschen Familie in Wologda (Rußland) 10 Rubel; Sammlung der Deutschen in Columbus, Missouri 121 Thlr.; Ergebniß einer Theatervorstellung des Turnvereins in Mayville (Wisconsin) 89 Thlr.; Erlös für ein werthloses Buch, versteigert im Clublocal der Germania in Brooklyn 5 Thlr. 23 Ngr.; vierter monatlicher Beitrag von Alexander Wiede 20 Thlr.; vierter Beitrag der Redaction der Gartenlaube 100 Thlr.


Aus Oesterreich gingen wiederum ein: Rahm in Mautern 5 fl.; von einer deutschen Whistpartie in Pest 12 fl.; Rest einer größeren Sammlung für nationale Zwecke in Prag 9 fl.; A. U. in Pn. (Ungarn) 10 fl.; A. v. Sachs in Ujnep (Ungarn) 10 fl.; F. u. M. C. in Prag 2 fl.; von einem

deutschen Mädchen in Prag 2 fl.; erste Rate einer von der akademischen Burschenschaft Freya in Wien eingeleiteten Subscription 30 fl.; L. A. in N. (Ungarn) 5 fl.; aus Temesvar von H. Szeszter 10 fl.; Fr. Reiber 5 fl.; J. Stehmann 5 fl.; G. Gonetz 3 fl. u. J. Riedel 2 fl.; Senator Henrich in Hermannstadt 1 Napoleond’or und Andr. Henning in Kerz 1 Thlr. 8¾ Ngr.; Weißbäckermeister Carl Engber, sammt Gattin und Familie in Hermannstadt 150 fl.

Die Redaction. 

Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das vierte Quartal und der achtzehnte Jahrgang unserer Zeitschrift. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das erste Quartal des neuen (neunzehnten) Jahrgangs schleunigst aufgeben zu wollen.


Wir beginnen den nächsten Jahrgang mit der vortrefflichen zeitgeschichtlichen Novelle: Pulver und Gold. Den Mittheilungen eines Officiers nacherzählt von Levin Schücking, und lassen alsdann eine höchst spannende dem altbaierischen Leben entnommene Erzählung von Herman Schmid: Die Zuwider-Wurzen folgen. Außerdem haben wir für den novellistischen Theil unseres Blattes den schon längst angekündigten Roman von E. Marlitt mit Bestimmtheit zu erwarten, während auch C. Werner, der Verfasser der heute zum Abschluß kommenden Erzählung: „Hermann“ bereits wieder mit einer Arbeit für uns beschäftigt ist.

Daß unsere durch so große Reichhaltigkeit ausgezeichneten Mittheilungen vom Kriegsschauplatze auch im neuen Jahrgange den Beifall unserer Leser haben werden, dafür bürgt die Tüchtigkeit unserer Mitarbeiter, von welchen wir nur die Maler Christian Sell, Fr. Wilh. Heine und Fritz Schulz, sowie die Schriftsteller Dr. Georg Horn, O. von Corvin und Ludwig Pietsch nennen. Dieselben befinden sich sämmtlich bei den Hauptquartieren der verschiedenen deutschen Armeen und sind somit auch fernerhin in der Lage, die Leser der Gartenlaube über die wechselnden Vorgänge des Krieges durch authentische, nicht zu Hause gefertigte Illustrationen und Schilderungen rasch und anschaulich zu unterrichten.

Leipzig, im December 1870. Redaction und Verlagshandlung.  

Titel und Register zum Jahrgang 1870 werden den Abonnenten nächste Woche zugestellt.

Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. - Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Ludwig von Wäcker-Gotter, Vorlage: Weker-Gotter
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1870). Leipzig: Ernst Keil, 1870, Seite 888. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1870)_888.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)