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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870)

Dame, aus dem folgenden wurde ein Sarg gefahren und befanden sich mehrere Arbeiter mit Werkzeugen zum Graben. Vor einem Grabe, an dem mehrere Kreuze aufgerichtet waren, wurde still gehalten. Der Herr und die Dame stiegen ab, auch die Arbeiter, die den Sarg abhoben. Die Dame, eine schlanke, mittelgroße Gestalt mit festem energischen Ausdruck und mit jenem unsagbaren Etwas in den Zügen, das ein bewegter, ungewöhnlicher Lebensgang in dieselben verzeichnet hat, Fürstin, Amerikanerin, und ihr Gemahl hatten vor mehreren Jahren durch ihre Schicksale viel von sich reden gemacht; sie waren durch dieselben mit in eine tragische Katastrophe jenseits des Oceans verwickelt, und waren die letzten und einzigen Treuen eines unglücklichen Fürsten, der jetzt in seinem Grabe gerächt ist. Die Dame ging langsamen, aber festen Schrittes auf das Grab zu und sank in stillem Gebet auf demselben nieder. Ihr Begleiter in Johanniteruniform – es war der in Heidelberg lebende, auch als Dichter rühmlichst bekannte Kammerherr v. Oertzen – nahte sich mit den Worten:

„Bestehen Durchlaucht wirklich darauf, dem traurigen Geschäfte beizuwohnen? Wäre es nicht besser für Sie, wenn Sie sich zurückzögen, bis die Arbeit geschehen ist?“

Mecklenburgische Grenadiere überschreiten die französische Grenze bei dem Wirthshause zur „goldenen Bremm“, früherem Hauptquartier des Generals Frossard, und begegnen den ersten Verwundeten aus der Schlacht von Speicheren.
Nach der Natur aufgenommen von Chr. Sell.

„Haben Sie keine Sorge, ich bin gefaßt, ich habe soviel Gewalt über mich. Ich war gekommen, meinen Mann zu pflegen, und finde ihn im Grabe. Ich will ihn wenigstens noch einmal sehen und dann in diesem Sarge mit mir nehmen.“

Die Leute machten sich an die Arbeit, das Grab zu öffnen. Ein Sarg wurde emporgehoben, geöffnet – die Leiche des Majors Fürsten Salm lag darin. Seine Gemahlin trat an den Rand des Grabes, um hinabzusehen, und brach mit einem Aufschrei des Schmerzes zusammen. …

In St. Marie war eine Gruppe gefangener französischer Officiere, die alle ihre Ordensdecorationen trugen und sich aus ihren Koffern funkelnagelneue Uniformen genommen hatten. Es war irgend eine Differenz mit den Cavalleristen entstanden, von denen sie escortirt wurden, sie sprachen sämmtlich mit lebhaftesten Geberden zu den schweren Reitern aus Westphalen oder Pommerland, sie wollten es diesen recht verständlich machen, aber die Reiter hatten unglücklicherweise in ihrer Dorfschule nicht Französisch gelernt, sie hielten nur den Carabiner aufgesetzt – das war ihre deutliche Antwort. Zufällig ritt der Commandeur der Feldgensd’armerie, Oberst K., vorüber, ein Französischsprecher, vor dem der selige Teschier Respect gehabt hätte. Er ritt an den Wagen heran und glich die Sache zwischen den Franzosen und der Escorte aus. Schließlich stellte sich der höchstgestellte der Officiere ihm vor.

„Colonel H.“

„Ah, Herr Oberst, freut mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen,“ versetzte der deutsche Camerad. „Sie waren vor ungefähr drei Wochen in Rohrbach.“

„Ja, gewiß – in der Suite des General Frossard,“ antwortete nicht ohne Befremden der Franzose.

„Ganz recht; Sie logirten dort in einem Gasthause, wo zwei junge Mädchen die Aufwartung hatten.“

„O, zwei Brünetten, allerliebste kleine Geschöpfe – deliciös!“

„Ich stimme Ihnen vollkommen bei. Die Herren, General Frossard an der Spitze, waren auch in einer vortrefflichen Stimmung.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870). Leipzig: Ernst Keil, 1870, Seite 657. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1870)_657.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)