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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869)

No. 25.   1869.
Die Gartenlaube.

Illustrirtes Familienblatt. – Herausgeber Ernst Keil.


Wöchentlich bis 2 Bogen.    Vierteljährlich 15 Ngr. – In Heften à 5 Ngr.



Rettung vor Seelenhandel!
An alle Schulzen und Bürgermeister, Pfarrer, Schullehrer und Landärzte als Vertrauensmänner des Volks!

Je entschiedener wir alle Hemmnisse der Auswanderung unserer armen Volksgenossen nach durch Freiheit Glück verheißenden Ländern verurtheilen, um so energischer müssen wir der trügerischen Verlockung derselben durch ehr- und gewissenlose Auswanderungs-Agenten entgegentreten, deren „Geschäft“ es ist, gegen glänzenden Sündenlohn arme, unwissende deutsche Bauern- und Taglöhner- Familien in eine weiße Sclaverei zu verführen, von welcher sie oft nur der Tod erlöst. Und weil alle Flugschriften und Zeitungswarnungen bis jetzt noch nicht vermocht haben, bis zu denen vorzudringen, die auch in dieser Beziehung die redlichen Wächter und Führer des Volks sein sollten, so versucht es die „Gartenlaube“ den Weg zu ihnen zu finden, indem sie denselben ein Bild der schlimmsten Auswanderergefahr an’s Herz legt.

Die gefährlichsten Auswanderungsverlockungen geschehen durch sogenannte Contracte, durch welche der Deutsche schon hier für seine Bestimmung im neuen Lande sich binden läßt. Alle diese Contracte übertrifft aber an Nichtswürdigkeit der sogenannte

Parcerie-Vertrag für Brasilien

welcher dem Auswanderer freie Reise und Ueberfahrt zusichert, wogegen er sich durch seine Unterschrift unter einem „Contract“ genannten, aber „Verpflichtung“ überschriebenen Schriftstück verpflichtet, sämmtliche dafür aufgelaufene Kosten nach Antheil-Berechnung vom Geschäftsgewinn abzuarbeiten. Letzteres gelingt ihm jedoch nie, und er ist Sclave für sein ganzes Leben.

Tausende von Deutschen schmachten in dieser Sclaverei, – und trotz alledem, trotz aller öffentlichen, von der brasilianischen Regierung selbst ausgegangenen Verwarnungen vor solchen „Parcerie-Verträgen“ gehen immer noch Jahr um Jahr Schiffsladungen solcher deutscher „lebendiger Fracht“ nach Brasilien.

Um da endlich gründlich zu helfen, hat sich die unterzeichnete Verlagshandlung mit dem sichersten Kenner der deutschen Auswanderung und ihrer Wohnsitze, mit Friedrich Gerstäcker, verbunden. Derselbe hat, was in Zeitungsartikeln nicht möglich ist, all’ die vielen einzelnen Fingerzeige in einer Erzählung vereinigt; er konnte darin die „Agenten“ portraitiren, daß sie auch ein wenig Gebildeter wieder erkennt, er malt dem Auswanderungslustigen den ganzen Weg und das Schicksal vor, das er durchzumachen hat; es werden die brasilianischen Gutsbesitzer so scharf, wie die „deutschen Consuln“ geschildert, wie sie leider hie und da noch sind. Die Erzählung vergißt nichts, was dem Auswanderungslustigen die Augen öffnen kann. Und so ernst ist es dem Verfasser und dem Verleger dieser Erzählung mit dem Zweck derselben: „Rettung der Deutschen vor der weißen Niggerei in Brasilien“ –, daß Beide auf jeden Gewinn aus dem Vertrieb dieser Schrift verzichten, damit der Preis derselben sie dem Aermsten zugänglich machen könne.

Mehr noch als den armen Auswanderern selber, möchte diese Schrift den wahren Freunden des Volks, den gewissenhaften Berathern desselben an’s Herz zu legen sein. Alle Ortsbehörden, Bürgermeister wie Schultheißen, Ortspfarrer und Schullehrer, an die alle vorzugsweise sich das Vertrauen des Volkes wendet, sollten ihrem eigenen Gewissen zu Liebe aus dieser Schrift sich über das wahre Wesen des Parcerie-Vertrags belehren, um nicht durch Unkenntniß die Mitschuld zu tragen an dem unsäglichen Elend, das durch die gemeinste Agentenschurkerei, die diese öffentliche Brandmarkung längst verdient hat, gerade über die Redlichsten der armen bethörten deutschen Bauern- und Arbeiterfamilien verhängt wird.

Die Schrift: „Ein Parcerie-Vertrag. Erzählung zur Warnung und Belehrung für Auswanderer und deren Freunde. Volksbuch von Friedrich Gerstäcker“ kostet 10 Bogen stark nur 9 Sgr.

Redaction und Verlagshandlung der Gartenlaube. 




Reichsgräfin Gisela.
Von E. Marlitt.
(Fortsetzung.)


26.

Der alte deutsche Wald am See, der bisher zur Nachtzeit nur die falben Mondstrahlen auf seinen Wipfeln und über die moosige Decke zu seinen Füßen hatte tanzen sehen, sollte heute Nacht einen buntfarbigen Traum haben. Fürstliches Gold und durchlauchtigste Befehle hatten auch hier wieder einmal die glänzenden Eigenschaften der Wünschelruthe gezeigt – in wenig Stunden war die Waldwiese bis zur Unkenntlichkeit verwandelt worden. Jetzt, im letzten Schein der Abendsonne mochten freilich diese Vorbereitungen zu einer brillanten Illumination ziemlich

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869). Leipzig: Ernst Keil, 1869, Seite 385. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1869)_385.jpg&oldid=- (Version vom 25.1.2021)