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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869)

Ohne sich aber auch nur einen Moment aufzuhalten, war er bei der zweiten Stange – dort die nämliche Manipulation in eben derselben kurzen Zeit wiederholend, und als ich meinen eigenen Geschäften nachging und nach etwa drei Viertelstunden Mainstreet vom Flusse aus wieder heraufging, hatte er schon fast die ganze Linie, allein und ohne irgend eine andere Hülfe, beendet.

Später sollte ich Zeuge sein, wie in noch viel rascherer Art „das geflügelte Wort“ den Schritten der Menschen folgt; an der Pacific-Bahn nämlich, wo das kecke amerikanische Volk, trotz allen Hindernissen, seine eiserne Bahn voll in die Wildniß hineinlegt und allen Gefahren trotzt, die ihm dabei entgegenstehen könnten. Wie die Bahn vorwärts schreitet, Meile nach Meile in die weite, bahnlose Ebene hinein, folgt ihr auch der elektrische Draht. Zwei Waggons, der eine mit dem Apparat und dem nöthigen Draht versehen, der andere als Schlaf- und Wohnplatz für die vortrefflich bewaffneten Beamten dienend, gehen mit dem Train bis zu den letzten ausgelegten Schienen. Telegraphenstangen werden schon mit der Bahn errichtet, und damit die Wagen auf dem einfachen Gleis nicht dem Zuge im Wege sind, auf der offenen Prairie ein paar Schienen seitwärts hinausgelegt, auf denen man die beiden Waggons bei Seite schiebt, um sie ihre Arbeiten beenden zu lassen. Haben sie den Draht nun an den letzten Stangen befestigt und sich dadurch selbst mit dem militärischen Hauptquartier zu Washington in unmittelbare Verbindung gesetzt, so bringt der nächste Zug die Beamten wieder auf das Gleis zurück, hängt sie hinten an und führt sie eine Strecke weiter auf den neugelegten Schienen. Wieder beginnt dann ihre Arbeit, und keine englische Meile wird solcher Art auf dem neuen Schienenweg der Pacific-Bahn gelegt, ohne daß dieselbe auch in directer Verbindung mit dem Telegraphen bliebe. Fr. Gerstäcker.     




Das größte Kriegsschiff der Erde ein deutsches. Als vor zwei Decennien der deutsche Geist mächtig zur Einigung des Vaterlandes drängte, legte man auch mit frohester Hoffnung den Grund zu einer deutschen Flotte. Wie diese Hoffnung realisirt und wie die wenigen angeschafften Materialien und Fahrzeuge des jungen Unternehmens auf schmähliche Weise verschachert und zersplittert wurden, ist allbekannt. Um so mehr muß es jeden Deutschen, welcher Partei er auch angehören mag, erfreuen, in den bedeutsamen Anfängen einer jungen norddeutschen Flotte endlich für die Erfüllung des langgehegten Wunsches zuverlässige Garantieen zu finden. Nicht bloß sanguinische Patrioten, nein, auch fremde, durchaus competente Fachleute erkennen die Lebenskraft des neuen Schmerzenskindes deutscher Nation an.

So äußerte ein schwedischer Admiral, welcher vor einigen Monaten die norddeutsche Flotte in Augenschein nahm: dieselbe bestehe zwar aus nicht vielen, aber durchaus mustergültigen Fahrzeugen und sei im Besitz des gar nicht hoch genug anzuschlagenden Vortheils, nicht, wie viele andere, in Arsenalen und Docks eine Masse halb oder gar nicht tüchtigen Materials aufbewahren zu müssen. Ueberdies habe sie in der unvergleichlich tüchtigen Bemannung der norddeutschen Handelsflotte den Stoff zu einer trefflichen Equipirung zur Hand.

In neuester Zeit hat das junge Unternehmen eine mächtige neue Grundlage durch Erwerb eines überaus gewaltigen Kriegsschiffes „“König Wilhelm“ gewonnen. Die folgenden Notizen, welche dem hervorragendsten technischen Journale Englands, „The Engineer“, entnommen sind (das sich seinerseits der directen Mittheilungen der Erbauer der Maschinen des „König Wilhelm“, der Herren Mandslay und Field, erfreute), mögen dem Leser ein Bild von den Dimensionen dieses Kolosses geben. Am 15. Februar fand die Probefahrt des „König Wilhelm“ vor der Commission preußischer Officiere auf der abgemessenen Wegmeile bei den Maplin-Sands in der Themse statt, wo seine außerordentliche Leistungsfähigkeit erkannt und das neue Schiff als das Meisterstück seines Erbauers, des Ober-Constructors der englischen Flotte, Herrn E. T. Reed, gekennzeichnet wurde. Der „König Wilhelm“ ist dem berühmten englischen Panzerschiff „Hercules“ an Schnelligkeit zum mindesten gleich, übertrifft ihn aber bedeutend an Vollkommenheit der Maschinerien und Größe der Kohlenräume.

Hier seine Dimensionen: ganze Länge dreihundertfünfundfünfzig Fuß zehn Zoll; größte Breite sechszig Fuß; Tiefe des Schiffraumes achtzehn Fuß zehn und einen halben Zoll; Tiefgang vorn vierundzwanzig Fuß sechs Zoll, hinten sechsundzwanzig Fuß sechs Zoll. Bei der Probefahrt stellten sich beide Angaben um anderthalb Fuß tiefer bei voller Ladung, denn der „König Wilhelm“ hatte achthundertundsiebenzig Tonnen Kohlen und so viel Eisenballast an Bord, wie die Armirung und Munition betragen werden. Höhe vom Wasserspiegel bis zu den Lukenschwellen zehn Fuß. Die Angaben sind alle nach englischem Maß. Die Panzerplatten sind auf der Batterie acht Zoll stark und mit zehnzölligen Balken von dem sehr festen Rigaer Kiefernholz hinterfüttert. Nach dem Wasserspiegel zu werden die Platten dünner, so daß sie unter demselben blos noch sechs Zoll acht Linien stark sind. Der „König Wilhelm“ wird mit zweiundzwanzig Stück dreihundertpfündigen Gußstahlkanonen von Krupp im Hauptdeck und vier leichteren Geschützen auf dem Oberdeck, welche in bombenfesten Casematten stehen, armirt werden. Außerdem sollen noch am Spiegel und am Stern (vorn und hinten) je zwei Geschütze zu stehen kommen. Die Geschütze im Hauptdeck werden aller Wahrscheinlichkeit nach auf Scott’sche Lafetten gelegt werden. Der zur Bewegung der Maschine nöthige Dampf wird in acht Kesseln erzeugt, deren je vier nebeneinander an den Schiffswänden stehen, so daß der zwischenliegende Raum als sehr bequemer Heizraum benutzt wird. Unter jedem Kessel befinden sich fünf Feuerungen, im Ganzen also vierzig im Schiffe.

Die Schraube, welche das Schiff durch das Wasser treibt, ist vierflügelig und hat einen Durchmesser von dreiundzwanzig bei einer Steigung von zweiundzwanzig Fuß sechs Zoll. Die Cylinder haben fünfundneunzig Zoll im Durchmesser bei einem Kohlenhub von vier Fuß sechs Zoll und sind auf einen Druck von fünfundzwanzig bis dreißig Pfund pro Quadratzoll berechnet. Das Gesammtgewicht der Maschine einschließlich der Reservetheile beträgt bei gefüllten Kesseln 1057 Tonnen gleich 21140 Centnern. Der Tag, an welchem der „König Wilhelm“ von der preußischen Commission in Bezug auf seine Schnelligkeit und Steuerbarkeit geprüft wurde, war nicht sehr günstig, außerdem das Schiff sehr schwer berüstet und die Themse voller Fahrzeuge, welche zu fortwährendem Ausweichen nöthigten. Trotzdem ergab sich eine mittlere Geschwindigkeit von fünfzehn Knoten, ungefähr drei deutsche Meilen, pro Stunde, zu deren Erzeugung durchschnittlich 8344 Pferdekräfte nöthig waren (nominell besitzen die Maschinen nur 1150 Pferdekräfte, also siebenundeinviertel mal weniger als sie geäußert haben). Doch wurden bei einer der Probefahrten sogar 8663 Pferdekräfte bei einer Schnelligkeit von 15,6 Knoten erreicht. An dieser sonderbaren Anomalie ist der Umstand schuld, daß die Engländer die nominelle Kraft der Maschine immer noch nach den alten Formeln berechnen, die James Watt gegeben hat und die auf die neuen Constructionen, wie unser Beispiel zeigt, in keiner Weise mehr passen.

Dieses Schiff ist das größte Kriegsschiff der Erde, auf welches die englischen Ingenieure, als auf ihr Werk, mit Stolz, die englische Nation, weil es nicht ihre Flotte bereichern soll, mit Bedauern, wir Deutschen, als auf ein neues Werkzeug unserer Machtentwickelung, mit großer Genugthuung blicken. M. v. Weber.     




Ein zweiter Mäusezug. Beim Durchlesen Ihrer trefflichen „Blätter und Blüthen“ finde ich soeben den interessanten Bericht des Herrn Lehrer T. aus Hfd. über einen sogenannten Mäusezug und frene mich, nur das bestätigt zu finden, was ich vor etwa drei Jahren meinen Freunden öfters erzählte, von diesen aber für „Jägerlatein“ gehalten sehen mußte. Ich verfehle daher nicht, Ihnen über das Erlebte gewissenhaft zu berichten:

Ein hiesiger Müller hatte wiederholt unterlassen, mir als Fischpächter vorher anzuzeigen, daß er seinen Mühlteich ausschöpfen wolle. Hierdurch wurde ich veranlaßt, dem betreffenden Herrn Oberförster A. davon Anzeige zu machen, um mit diesem den Thatbestand an Ort und Stelle zu constatiren. Als wir in die Nähe des Mühlteichs kamen, fanden wir Arbeiter damit beschäftigt, die Sohle desselben und namentlich das eingerutschte Ufer auszuheben. In demselben Augenblick bemerkten wir eine geschlossene Mäusegesellschaft eiligst das bedrohte Ufer verlassen, um unter einem etwa zwölf Schritte entfernten hohen Steinhaufen Schutz zu suchen. Es mochten etwa ein Dutzend Mäuse gewesen sein, von gleicher Größe und aschgrauer Farbe, die ebenso schnell dahinliefen, wie dies die gewöhnlichen Hausmäuse zu thun pflegen.

Wir glauben deutlich gesehen zu haben, daß immer eine Maus sich an der Schwanzwurzel der andern vermittels ihrer Zähne festhielt, und zwar so, daß hierdurch sämmtliche Schwänze verdeckt wurden mit Ausnahme des Schwanzes am letzten Gliede. Offenbar hatte die hinterste Maus das leichteste Spiel, während dem Zugführer jedenfalls die schwierigste Rolle zugetheilt worden war; dagegen hatte dieser wohl auch das stolze Bewußtsein für sich, ganz nach eigenem Ermessen die Gesellschaft aus der ihr drohenden Gefahr geführt, ohne dabei ein theures Familienglied verloren zu haben. Ehe die Mäuse eine geschlossene Kette bilden konnten, mußten sie vorher versammelt gewesen sein. Bei dem überaus unruhigen Lebenswandel dieser Nager nun ist nicht anzunehmen, daß sie zufällig vor ihrem Auszug alle beisammen in einem Loche etwa auf der Bärenhaut lagen, vielmehr wird man zu dem Schlusse gelangen, daß vielleicht einige Mäuse die drohende Gefahr bemerkten, dann sofort Generalmarsch schlugen oder pfiffen, worauf sich die ganze Gemeinde schnell versammelte und nun überlegte, ob Einzelflucht vorzuziehen, oder ob man in geschlossenem Gliede sich der Führerschaft eines Mäuseritters anvertrauen solle.

Katzenelnbogen, im März. C. Caesar.     




Berichtigung. In Nr. 6. der diesjährigen Gartenlaube ist unter „Polytechnicum der Gartenlaube“ auch der Trüffelplantagen in Frankreich gedacht, und der Herr Verfasser jenes Aufsatzes scheint das Geheimniß über den Trüffelbau als gelöst betrachten zu können. Da von den Hunderttausenden von Lesern der Gartenlaube sich gewiß der größte Theil gern durch ihre Aufnahmen belehren läßt, so sehen wir uns veranlaßt, eine Unrichtigkeit, die hier in Betreff des Trüffelbaues auftaucht, in die richtige Bahn zu lenken, zumal da auch die geehrte Redaction zu dergleichen Berichtigungen stets ein freundliches Entgegenkommen zeigt.

Bei der Pariser Weltausstellung im Jahre 1867 hatte ein sehr angesehener Herr, Namens Rousseau, Eichen aus Carpentras (dem Orte der größten Trüffelzucht) nach Paris versetzen lassen, um der Welt zu zeigen, daß es nur der Eichen oder deren Früchte bedürfe, um sich seine Trüffeln selbst erzeugen zu können. Die Trüffeln wurden wirklich gefunden – und mancher Besucher mag sich zu Gunsten des großen Trüffelzüchters einen Plan für eine solche Trüffelplantage in seiner Heimath schon in Paris zurechtgelegt haben. Die Jury entdeckte jedoch bei näherer Untersuchung, daß das Ganze ein Blendwerk, ein Betrug war, der, um ihn einigermaßen zu entschuldigen, vielleicht nur eine Reclame, ein Hinweis auf die Trüffelzucht in Carpentras sein sollte. Die Trüffeln waren, nachdem man mit einem runden, spitzen Holz Löcher gebohrt, in diese hineingelegt und mit Erde überfüllt worden. – Da es eben ein wirklich angesehener Mann war, der sich diesen Betrug hatte zu Schulden kommen lassen, so haben die meisten Ausstellungsberichte darüber geschwiegen, und nur einige französische, aber fast alle deutschen Gartenzeitungen hatten sich’s zur Aufgabe gemacht, die ganze Trüffelaffaire in das wahre Licht zu stellen. Allein auch abgesehen von allen schriftlichen Erörterungen wird Jeder, der einigermaßen einen tiefern Blick in die große Werkstätte der Natur hat thun können, gefunden haben, daß jedwede Pflanze an gewisse klimatische und noch mehr an bestimmte Bodenverhältnisse gebunden ist, und daß mit einem Samenkorn nicht auch zugleich die Bedingungen für das Wachsthum zwei verschiedenartiger Pflanzen (wie hier Eiche und Trüffel) translocirt werden können.

Der Gärtnerverein zu Leipzig.     



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869). Leipzig: Ernst Keil, 1869, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1869)_272.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)