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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869)

Ludwig Knaus.

bestimmte das bei Regenwetter ziemlich unleidliche Köln zu verlassen, um den befreundeten Künstler in seinem neuen Heimwesen in Düsseldorf aufzusuchen. Unfreundlich sind die Landesstrecken zwischen Köln und der Malerstadt. Kohlenlager und Fabrikwesen kennzeichnen die dem rheinischen Auge allzu flach scheinende Strecke zwischen beiden Orten, die Wupper trägt zur malerischen Staffage der Landschaft nicht bei, und aus diesem Grunde erfreut sich Düsseldorf wohl leider seltener des Besuches der Rheinreisenden, allerdings zum Schaden der letzteren. Freundlich aber ist der Eindruck Düsseldorfs selbst. Bietet auch die Rheinseite der Stadt kein überraschendes Bild, so zeigt doch Düsseldorf inmitten seiner Straßen und Plätze ein so malerisches Aeußere, daß es den Ruf einer hellen und offenen Stadt vollständig verdient, ja, wir begreifen recht wohl, daß einzelne Partien des sogenannten Hofgartens auch dem Auge des Landschafters von Profession eine künstlerische Augenweide bieten.

In der Nähe der Stadt, bei dem durch Heinrich Jacobi, durch Sophie La Roche und Goethe bekannten Pempelfort, hat sich Knaus seinen neuen, nun wohl bleibenden Heerd gegründet. Insgemein ist es das Loos des Künstlers, unter Mühen und Entbehrungen und häufig dem ungünstigen Schicksal trotzend, seinen Weg zurücklegen zu müssen, mit Anstrengung alles Fleißes zu streben nach einem Heim. Unserem Künstler hat sich’s aufgethan, mit allen Reizen der gemüthvollen Häuslichkeit. Ehe wir ihn in seinem Atelier selbst aufsuchen, dürfen wir aber wohl einen Blick auf Knaus’ Leben werfen.

Ludwig Knaus ist am 5. October 1829 in Wiesbaden geboren, wo sein Vater, den er in seinen „Puffspielern“ verewigt hat, ein optisches Geschäft betrieb. In der Schule seiner Vaterstadt zeigte sich bereits das erwachende Talent des Knaben. Heute, nachdem der Ruf des Künstlers ein so begründeter ist, erhalten die Zeichnungen seiner Kinderjahre einen gewissen Werth für seine Lebensgeschichte, und die Stammbuchblätter der Schulgenossen unseres Knaus zeigen schon in jener Zeit selbstcomponirte Entwürfe, deren Motive dem jugendlichen Talente ebenso große Ehre machen, wie ihre geschickte Ausführung in Farben. Nicht geringen Kummer verursachte die leidenschaftliche Vorliebe für die edle Zeichen- und Malerkunst dem Knaben schon in seinen frühesten Jahren. Es verging kein Abend, an dem er nicht mit heißen Kämpfen sich seinen Platz am elterlichen Tisch erobern mußte, wenn die mütterliche Fürsorge und der väterliche Wille den emsigen Zeichner zu nächtlichen Ruhe verweisen wollten. Aber mit eiserner Consequenz, welche seine Bestrebungen auch später kennzeichnet, wußte er sich sein Plätzchen zu sichern, bis ihm vor Erschöpfung Augen und Hand den Dienst versagten.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869). Leipzig: Ernst Keil, 1869, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1869)_181.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)