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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

einer verhältnismäßig tiefen Stufe stehen, nicht alle und jede Geistesthätigkeit fehlt, daß auch sie nicht allein von dem sogenannten Instinct, von einem unbewußten Triebe geleitet werden, sondern in gewissem, wenn auch beschränktem Maße der vernünftigen Ueberlegung fähig sind.

Ich habe öfters mit Thieren Experimente angestellt, und dieselben haben sich stets auf eine bewundernswerthe Weise „aus der Affaire“ gezogen. Ich will hier nur ein Beispiel, das mir besonders interessant erscheint, mittheilen:

Ich brachte eine Spinne auf ein Brettchen, legte dieses auf ein Wasserglas, das ich in einen fast ganz mit Wasser gefüllten Napf stellte, so daß das Brett sich einige Zoll über dem Wasserspiegel befand. Die Spinne mußte nun, wenn sie sich von ihrem einsamen Sitze entfernen wollte, entweder durch das Wasser schwimmen oder darüber hinwegfliegen – tertium non datur dachte ich. Sie schlug aber keinen von diesen für sie allerdings etwas unpraktikabeln Wegen ein und kam doch glücklich auf’s Ufer des kleinen See’s.

Zuerst lief sie rathlos auf dem Brettchen hin und her und suchte vergebens einen Ausweg. Darauf ließ sie sich an einem Faden von einer Ecke des Bretts hinab und suchte so zu entkommen, hier kam sie aber auf den Wasserspiegel, und sobald sie dessen inne wurde, lief sie eilig wieder in die Höhe auf’s Trockne. Denselben Versuch stellte sie an mehreren Stellen unermüdlich an, als er aber immer dasselbe, d. h. kein Resultat lieferte, schien sie seine Nutzlosigkeit einzusehen und gab ihn auf. Längere Zeit saß sie darauf still auf einer Stelle, sei es um auszuruhen, sei es um zu überlegen, was nun zu thun sei, Nach einiger Zeit wurde sie wieder lebendig und fing an, auf dem Rande des Brettchens um dasselbe herumzulaufen. Nachdem sie vielleicht ein Dutzend Mal dasselbe umkreist hatte, kehrte sie um und schlug die entgegengesetzte Richtung ein. Plötzlich sah ich sie dann durch die Luft zu dem mehrere Zoll weit entfernten Rande des Gefäßes wandeln. Da es mir unklar war, wie sie dies bewerkstelligt haben möchte, so fing ich sie wieder ein und setzte sie auf’s Neue auf das Brett. Alsbald fing sie wieder an dasselbe zu umkreisen, wobei sie, wie ich bei genauem Zusehen bemerkte, einen Faden nach sich zog, den sie dann ablöste und in der Luft flattern ließ (in der Nähe stand ein Fenster auf, so daß der Faden in dem Luftzug fliegen konnte); als sich derselbe am Rande des Gefäßes festgesetzt hatte, lief sie über die so hergestellte Brücke unbehindert hinüber.

Kann man nun annehmen, daß es ein Instinct war, der sie dazu trieb, sich in solcher Weise zu befreien, daß ihr Mutter Natur für diesen besonderen Fall einen besonderen Instinct verliehen habe? Daß es ein „Instinct“ sei, der jede Spinne einer bestimmten Art treibt, ein Netz von bestimmter Gestalt anzufertigen, könnte man vielleicht gelten lassen, wenn nicht diese bestimmte Gestalt durch eine besondere Organisation der Beine oder Spinndrüsen bedingt ist; daß sie aber, wie die Thiere überhaupt, in allen Lebenslagen unbewußt handeln, von einem Instinct getrieben werden sollten, das scheint doch mehr als unwahrscheinlich. O. W.     




Gute Nacht!
Illustrationsprobe aus dem neuen für Mädchen sehr empfehlenswerthen Kinderbuche:
„Hausmütterchen“, von Oscar Pletsch.


Zum Stein-Denkmal. Mit Bezugnahme auf das Inserat eines Herrn Kunstwäscher Stressig in Schweidnitz, in welchem derselbe bekannt macht, daß er den Ertrag von ihm verkaufter „Gallenfleckseife“ für das Stein-Denkmal und die Wasserbeschädigten in der Schweiz bestimmt und an die Redaction der Gartenlaube bereits abgeliefert habe, bemerken wir einfach, daß letzteres auf Unwahrheit beruht und bis heute (23. Novbr.) von genanntem Herrn für obige Zwecke keine Geld- oder Werthsendung eingegangen ist. Expedition der Gartenlaube




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Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 800. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_800.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)