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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

Hobel, seine Sägen und seinen Holzvorrath, und mit dem Erlös seiner Siebensachen schaffte er sich ein Teleskop an und stellte dasselbe hinter das eherne Pferd, auf welchem der eherne König Heinrich der Vierte sitzt. Aber ach! das Glück, das ihm in der Tischlerwerkstatt so abhold war, hat ihm auch in seiner astronomischen Laufbahn nicht lächeln wollen, und seine Hoffnung, wenigstens einen einzigen, wenn auch ganz kleinen Planeten zu entdecken, ist bis jetzt noch nicht in Erfüllung gegangen.

Die Pariser Straßen-Astronomen verdienen höchstens vier bis fünf Franken an einem Abend; denn die Pariser Bevölkerung hat so viele andere Ausgaben, daß sie keine drei Sous wagen will, um die ausgebrannten Vulcane und ausgetrockneten Seen im Monde, oder die vier Trabanten des Jupiter kennen zu lernen. Der Himmel selbst macht auch gar zu häufig diesen Astronomen einen Strich durch die Rechnung; denn bei schlechter Witterung, die nicht selten gerade dann eintritt, wenn der arme Teufel sein Instrument aufgestellt hat, verdient er keinen rothen Heller und muß sein Teleskop und das Gestell unverrichteter Dinge wieder nach Hause schleppen. Nur wenn eine Sonnen- oder Mondfinsternis bei heiterer Witterung stattfindet, oder wenn sich ein Komet sehen läßt, wird die Einnahme etwas beträchtlich. Allein solche Erscheinungen sind leider selten, und so gehört die Pariser Straßen-Astronomie zu den brodlosen Künsten. Ein Teleskop kostet tausend bis zwölfhundert Franken, und es bringt jährlich ungefähr so viel ein wie es kostet. Das ist auch die Ursache, warum die Zahl der Pariser Straßen-Astronomen so gering ist. Dieselben müssen, beiläufig gesagt, von der Polizei Präfectur zur Aufstellung ihrer Instrumente autorisirt sein. Das ist indeß eine Gunst, welche nur auf besondere Empfehlung erlangt wird.

Es ist höchst wahrscheinlich, daß die gelehrten Mitglieder des französischen Instituts mit einer gewissen Verachtung auf die Straßen-Astronomen herabsehen; es ist aber auch gewiß, daß diese vor den Gelehrten des Observatoriums keine sonderliche Hochachtung hegen. Der Astronom auf dem Pout-neuf nennt Leverrier einen Farceur und zuckt lächelnd die Achsel, wenn er von Babinet spricht. „Alles in diesem Leben kommt auf Zufall an,“ sagte er mir einst, indem er aus seiner kurzen Thonpfeife die Wolken seines Caporals dampfen ließ; „Alles kommt auf Zufall an; allein der Zufall ist dumm, sonst säße ich im Institut, Herr Leverrier aber, wenn er Schreiner geworden wäre, stünde gewiß noch an der Hobelbank.“




J. J. Weber’s „Illustrirte Zeitung“ ist in die Reihe der Jubilare eingetreten: mit dem unlängst vollendeten fünfzigsten Bande feiert sie die Vollendung des ersten Vierteljahrhunderts ihres Bestehens. Sie kann sich rühmen, nicht nur die Mutter, sondern die gewissenhafte Erzieherin der Holzschnitt-Illustration unserer periodischen Presse gewesen zu sein, und selbst als die Nachfolge eine zahlreiche und mit guten Kräften vorwärtsstrebende wurde, behauptete die „Illustrirte Zeitung“ durch sorgfältige künstlerische Ausführung von Zeichnung und Holzschnitt ihren hohen Rang in der gesammten, nicht nur deutschen, sondern europäischen illustrirten Literatur.

Von den Süßigkeiten, welche, besonders in Deutschland, jeder Bahnbrecher zu einem neuen Fortschritt zu genießen hat, ist auch dem ebenso kenntnißreichen wie geschäftstüchtigen J. J. Weber sein Theil geworden. Seiner Energie und klugen Leitung gelang es trotz alledem, das Blatt, welches nicht blos eine Quelle der Bildung für alle Stände, sondern zugleich des Erwerbs für viele Familien ist, durch alle Schwankungen und Stürme der politischen und Geschäftswelt glücklich hindurchzuführen, so daß heute, wo es sein fünfundzwanzigstes Jahr hinter sich hat, seine äußere stattliche Erscheinung wie sein innerer Gehalt dafür zeugt, daß es mitten in seiner kräftigsten Blüthe steht.

Der Hauptwerth, welcher der Illustrirten Zeitung auf die Dauer bleibt, ja mit den Jahren sich erhöht, ist ihre Eigenschaft einer „illustrirten Chronik ihrer Zeit“. Noch nach Jahrhunderten werden ihre Illustrationen beitragen, den Nachkommen das Gesammtbild unserer Gegenwart zu verdeutlichen. Bis heute hat die Illustrirte Zeitung in etwa achtzehn Millionen Exemplaren nicht weniger als fünfundzwanzigtausend Illustrationen in die Welt geschickt. Diese Zahlen sprechen laut genug für das großartige Unternehmen, so daß es einer besonderen Empfehlung desselben für unsere Leser nicht bedarf.





Zur Geschichte der Kunst, Staatsschulden zu tilgen. Schon vor zweihundert Jahren übte man die Kunst der Zinsenreduction, wenn auch damals zur Abtragung des schuldigen Capitals und nicht zur Deckung eines fortdauernden Deficits. Die Kunst ist so einfach, man kommt so leicht von einer drückenden Schuld, daß es wunderbar ist, daß sie nicht von allen schlechten Schuldnern ausgeübt wird.

Schon im Jahre 1658 entschlossen sich die Staaten von Holland die Zinsen von einhundertundvierzig Millionen Gulden um ein Procent nämlich von fünf auf vier herabzusetzen. Die Staaten ersparten dadurch einhundertundvierzigtausend Gulden jährlich, wodurch in einundzwanzig Jahren die ganze Schuld abgetragen werden konnte. So viel man weiß, war dies der erste sinking fund (Amortisationsfond). Diese Einrichtung machte Papst Innocentius der Elfte im Jahre 1685 nach, ungeachtet sie eine Erfindung der Ketzer war. Er sorgte dafür, daß drei bis vier Millionen Kronen ausgeborgt wurden, und setzte dann die Zinsen von vier auf drei Procent herab. So gewann die päpstliche Kammer ein Capital, womit sie ihre Schulden jährlich vermindern konnte.

Man sieht, diese Kunst ist so leicht, so natürlich, so ohne alle Hexerei, daß man versucht ist, sich ein Patent daraus geben zu lassen, so weit sie nämlich neu und eigenthümlich ist.

G. H.





Buchhändlerische Annexion, um die mildeste Bezeichnung zu wählen, ist die Benutzung von Titel, Format und Ausstattung eines bereits gangbaren Unternehmens, um etwas neues Aehnliches an dessen Stelle beim Publicum einzuschmuggeln. Dies ist soeben mit dem seit Jahren erschienenen „Illustrirten Familien-Kalender“ von Payne’s Kunstanstalt in Leipzig geschehen, welchem plötzlich der hiesige Verlag von Karl Minde einen solchen nachgeborenen Zwilling für dieses Jahr voraus in die Welt geschickt hat. Daß hier eine Täuschung des Publicums beabsichtigt ist, erkennt der Fachmann auf den ersten Blick, denn Alles, Papier, Farbe und Format desselben, Titelvignette und innere Einrichtung, ist bei diesem Minde’schen genau dem Payne’schen Kalender nachgeahmt. Obwohl die Payne’sche Kunstanstalt und namentlich die Redaction des „Illustrirten Familien-Journals“ sich nicht so verdient um die Gartenlaube und deren Herausgeber gemacht haben, daß wir Beiden besondere Zuneigung schuldig wären, so müssen wir doch das ihrem Geschäftsrechte durch eine solche buchhändlerische Annexion widerfahrene Unrecht rügen und unser Bedauern darüber aussprechen, daß überhaupt solche Kunststückchen von Verlagsspeculation im deutschen Buchhandel noch möglich sind und gegen die eigene Collegenschaft ausgeführt werden.




Deutsch-amerikanischer Gemeinsinn. Unser am Ende dieser Nummer mitgetheilter Schlußbericht über die seiner Zeit unternommene Sammlung für die Abgebrannten der sächsischen Bergstadt Johann-Georgenstadt bringt unter andern zwei von Deutschen in Amerika eingesandte Posten: 215 Thlr. vom Verein „Sachsenbund“ in Philadelphia, vor Jahresfrist von den Herren Louis Winter, Besitzer des Hotel de Saxe, Hermann Gerth, Carl Güttner, Carl Reimer und Heinrich Wolf gegründet, zur gegenseitigen Hülfsleistung sowohl, wie zur Unterstützung bedrängter Landsleute, und 407 Thlr. von einer Anzahl Deutscher in Chicago, die uns mit dem Ausdruck des tiefsten Bedauerns seitens der Beauftragten zugehen, daß der Ertrag nicht größer ausgefallen, was ohne Zweifel geschehen sein würde, „wenn nicht in der letzten Zeit der Gemeinsinn der Deutschen in Chicago durch Aufbringung von 2500 Thlr. für die Familie Mögling, 1000 Thlr. für Freiligrath, 4000 Thlr. für den Einwanderungs-Hülfsverein, 4000 Thlr. für eine neue Turnhalle und 12,000 Thlr. für ein israelitisches Hospital etwas stark in Anspruch genommen wäre“.





Nothwendige Maßnahme. Die Menge unbrauchbarer Manuskripte aller Art, die wir, da sie uns entweder anonym oder Pseudonym zugingen oder poste restante remittirt werden sollten, den Verfassern nicht zurücksenden können, wächst mit jedem Tage mehr an, so daß wir kaum noch Raum zu ihrer Aufbewahrung haben. Wir erklären demnach, daß, wenn die betreffenden Einsender ihre Arbeiten nicht binnen zwölf Wochen von uns reclamiren, wir die Manuscripte alsdann ohne Weiteres den Flammen übergeben werden.

Leipzig, am 27. Juni 1868.

Die Redaction.

Für Johann-Georgenstadt.

ging noch ein: Gesammelt beim Turnerkränzchen in Ober-Oderwitz durch C. E. Martini 3 Thlr.; K. in Texel 5 Thlr.; Mülheimer Turner 1 Thlr.; C. B. 3 Thlr.; Turngemeinde in Jena 3 Thlr.; H. Köhler in Striegau, gesammelt beim Abendbrod einer zu Wasser gewordenen Schlittenpartie nach Jauer 4 Thlr. 15 Sgr.; von Margarethe 15 Sgr.; von Schulze in Gifhorn 1 Thlr.; Sammlung in der Neustadt-Krone zu Kempten in den Weihnachtstagen 4 Thlr. 6 Sgr.; Ertrag einer dramatischen Aufführung des deutschen und englischen Literaturkränzchens in Nördlingen, durch H. Kerler 11 Thlr, 123/4 Sgr.; gesammelt bei einer frohen Verlobung am 5. Januar durch P. Kr. in Leipzig 11 Thlr.; Leop. H. in Darmstadt 1 Thlr; ein Ungenannter aus Bamberg 28 Thlr. 17 Sgr.; gesammelt unter den Mitgliedern des Gesangvereins Glocke in Leipzig bei ihrer Christbescheerung 6 Thlr.; R. in R. 17 Sgr. 3 Pf.; Ergebnis einer Sammlung unter Bekannten durch Emma Wehner in Greiffenberg i. S. 3 Thlr.; aus Strückhausen im Großherzogthum Oldenburg 60 Thlr.; aus Hamburg: „Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt“ 2 Thlr. 15 Sgr.; gesammelt beim Weihnachtsfest des deutschen Arbeiter-Bildungs-Vereins in Marseille 4 Thlr. 10 Sgr.; gesammelt durch Schullehrer Schmeißer in Schöndorf bei Weimar 2 Thlr.; aus Znaym l Thlr.; C. P. in Ilmenau 2 Thlr.; H. G. aus G. W., K. Schw., Pr.-Schl. 5 Thlr.; A. B. in Antwerpen 5 Thlr. 12 Sgr. (20 Fr. Pap.); R. Br. in Rudolstadt 1 Thlr.; gesammelt in gemüthlicher Gesellschaft durch Th. Herrmann in Schwiebus 1 Thlr. 20 Sgr.; ein Ungenannter 3 Thlr.; gesammelt unter einigen Leserinnen der Gartenlaube in A. 3 Thlr. (5 fl. 15 Kr. rh.) und ein Paket Kleidungsstücke; Sammlung der Plemperie in Leipzig beim Carneval 9 Thlr. 4 Sgr.; Ertrag einer Sammlung bei einer Gesangproduction der Liedertafel am zweiten Weihnachtsfeiertage in der Rosenau in Schmalkalden 7 Thlr. 12 Sgr.; Gemeinde Göbschelwitz bei Leipzig 8 Thlr. 211/2 Sgr.; Verein Sachsenbund in Philadelphia 215 Thlr.; eine Anzahl deutscher Bürger in Chicago durch Hrn. H. Raster und H. Claussenius 407 Thlr.

Unsere Sammlung für Johann-Georgenstadt, die nunmehr geschlossen, hat die Summe von 1680 Thlr. 3 Sgr. 3 Pf. ergeben, die wir laut Quittungen an das Hülfs-Comits einsandten.

Die Redaktion.


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verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 464. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_464.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)