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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

Gemeinsames Mahl.
Nach der Natur gezeichnet von Guido Hammer.

theils im Herumstreifen mit ihm durch Wald, Feld und Busch, und zwar zumeist beim Einheimsen von Kräutern und allerhand Gethier, die er dann zu Medicamenten verbraute, um – es war dies eine ganz besondere Leidenschaft von ihm – alle Welt damit curiren zu wollen. Aber auch bei Jagden, zumal in Moritzburg[1], die er, waren es eingestellte, natürlich niemals verabsäumte. So entsinne ich mich bei Veranlassung einer solchen noch mit Wonne eines Nachtstellens. Es traf sich nämlich eines Tages, als ich gerade bei meinem guten Haidefried zum Besuch war, daß ein Befehl für ihn einlief, noch am selben Abend in Moritzburg zum Stellen einzutreffen. Sofort, denn es war ein kurzer Novembertag und bereits Tischzeit vorüber, machten wir uns selbander auf die Beine. Rüstig und ohne Aufenthalt schritten wir auf kürzestem Wege, quer durch die Dresdner Haide, unserem Bestimmungsorte zu. An diesem Tage nun sah ich ihn auch, den Dienstthuenden, zum ersten Male in voller Uniform der Zeugdiener, die wirklich eine gar prächtige, recht gut eines Försters würdige war. Grüner, breitschößiger Tuchfrack, dergleichen eng anliegende Beinkleider, hohe Stiefeln und silberbetreßter dreieckiger Hut, dazu an blankschlossiger Kuppel der Hirschfänger mit Elfenbeingriff und Bügel, der ihm als gelerntem Jäger zustand – alles dies gab dem alten Manne ein wahrhaft stattliches Ansehen. In einem am Wege gelegenen Dorfe überholte uns von Dresden aus die Jagdkalesche des damaligen Oberlandjägermeisters, eines alten, leutseligen, gütigen und dabei drolligen Herrn. Beim Erblicken seines Untergebenen, eben unseres Haidefrieds, ließ der freundliche Chef sofort halten und nahm ihn ohne Umstände – und mich, den ihm gänzlich Unbekannten, dazu – auf seinen Wagen, in welchem er eben auch nach Moritzburg fuhr, um dort des anderen Tages seinen königlichen Jagdherrn zu empfangen.

  1. Moritzburg ist ein mit weitem Wildpark umgebenes königliches Jagdschloß bei Dresden.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_269.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)