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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

Blätter und Blüthen.

Deutsches Neujahr auf den Sandwichsinseln.[1] Aus Honolulu, der auf Oahu gelegenen Hauptstadt der Inselgruppe. Wie die Wellenkreise, die ein in die Mitte eines Teiches geworfener Stein erzeugt, nur langsam und allmählich das Ufer gewinnen, so erreicht auch uns hier, inmitten des Stillen Oceans, nur spät die Kunde von den großen Weltereignissen, welche das alte Europa und mit ihm die gesammte Menschheit erschüttern – aber sie erreicht uns doch. Und wunderbar genug hat sie geklungen, wunderbar, wie jenes eiserne Kämpenlied, das Heldenlied der Nibelungen. Wohl mag des wiedergeborenen Deutschlands neues Banner an tausend Orten in und außerhalb des Vaterlandes mit größerem Pomp sich entfaltet haben, als inmitten unserer bescheidenen Gemeinde, allein treuere Herzen haben ihm nirgendswo entgegengejubelt.

Die stolze Rieseneiche, auf deren Wipfel Preußens Aar allein jetzt horstet, ragt nur mit einem zarten, dünnen Zweige auf dieses ferne Eiland hinüber: es leben etwa zweihundert Deutsche unter den Insulanern, in deren Mitte Capitän Cook vor neunzig Jahren seinen Tod fand. Aber von jenen Zweihunderten fehlte Keiner, als am 1. Januar d. J. Mittags mit dem zwölften Glockenschlage der hiesige deutsche Club das neue Banner des Norddeutschen Bundes feierlich aufzog. Das Fest konnte natürlich nur einen rein privaten Charakter tragen, da das hiesige königlich preußische Consulat bis jetzt noch nicht autorisirt ist, die neue Bundesflagge aufzuziehen, aber die Notification derselben war ihm kurz zuvor officiell zugegangen und die von ihm auf Grund derselben sofort beantragte Anerkennung Seitens der Regierung des Königs Kamehameha des Fünften war von dieser, fast noch an demselben Tage, mit entgegenkommendster Bereitwilligkeit erfolgt.

Es war also ein Familienfest im höchsten Sinne des Wortes, dem indeß die gehobene Stimmung, die bei Allen herrschte, eine allgemeinere und höhere Bedeutung verlieh. Preußen, Hannoveraner, Hamburger, Bremenser, Mecklenburger, Sachsen und Schwaben, Alle umstanden sie, die Söhne Einer Mutter, in Eintracht den mit den schönen Wunderblumen unserer reichen Flora festlich geschmückten und mit Guirlanden umwundenen Flaggenmast, auf dem jetzt noch zum letzten Male das schwarz-roth-goldene Banner wehte, der Traum so manches gebrochenen Herzens, doch freilich eben nur – ein Traum. Es senkte sich allmählich, so wie sich das neue erhob. Die deutsche Kanone eines deutschen Walfischfängers, von deutschen Händen bedient, donnerte Deutschlands neuem Panier einen weithinschallenden Gruß entgegen, als dasselbe die Spitze des Mastes erreicht hatte und seine eleganten Farben lustig in der blauen Himmelsluft dieses Landes voll ewigen Sonnenscheines flatterten. Das Echo der schroffen Felsenwände des erloschenen Vulcans hinter uns gab den Gruß hundertfach zurück. Ein deutsches Musikchor (wo könnte das fehlen!) schmetterte die schönen Accorde des deutschen Liedes: „Heil Dir im Siegerkranz“ in die tropische Luft hinein. Aller Häupter waren entblößt, Aller Augen waren naß, auch die des Schreibers dieser Zeilen, der seines Vaterlandes ja immer mit der größten Liebe gedenkt.

Ein heiteres Mahl, bei dem des Vaterlandes funkelnde Weine im grünen Römerglase auch nicht fehlten, folgte dem ernsteren Theile der Feier, die jedoch ihren Höhepunkt erreichte, als der älteste der hierorts ansässigen Deutschen mit bewegter Stimme und in gehobener Weise den ersten Toast auf „Deutschland“, „seinen mächtigen Schirmherrn“, „seinen großen Staatsmann“ und „seine Helden“, in feurig beredten Worten ausbrachte. Das Bild des greisen Königs, mit frischem Lorbeer umwunden und mit Blumen geschmückt, so schön wie sie das Vaterland wahrlich nicht aufzuweisen hat, hing in der Mitte des Saales, von den Portraits der Feldherren umgeben, die es verstanden, den gordischen Knoten deutschen Wirrwarrs mit dem Schwerte zu durchhauen. Das Bildniß des Grafen Bismarck, nicht minder sinnig geschmückt, war ihm gegenüber aufgehangen. Ein Blumenkranz, dessen sich keine Königin zu schämen gebraucht hätte – von deutschen Frauenhänden geflochten – milderte den Ausdruck seines geistvollen, energischen Gesichts. Der preußische Consul, F. A. Schäfer, dankte im Namen seines Königs und des Bundeskanzlers, den Toast des Vorredners dergestalt officiell anerkennend. Darauf erhob sich die ganze Versammlung wie Ein Mann, um Wilhelm dem Ersten, Deutschlands oberstem Schirmherrn, ein begeistertes Hoch zuzurufen.

Dem ersten Toaste folgten andere nicht minder begeisterte und gehobene. Selbst die Redacteure der hier erscheinenden beiden englischen Blätter, die einzigen nicht deutschen Gäste unter uns, im gewöhnlichen Leben sonst nicht die besten Freunde, da der eine die Regierung, der andere die Opposition vertritt, selbst sie vermochten nicht, dem Hauche deutscher Eintracht und Brüderlichkeit zu widerstehen, der unsere Gemeinde durchglühte, und reichten sich – zum ersten Male in diesem Leben – die Hand der Versöhnung.

Möchten doch die Worte, mit denen Schreiber dieses – auf unsere Nationalflagge deutend – seine für die Leser der Gartenlaube wohl etwas zu lange Ansprache schloß, auch anderwärts in deutschen Herzen widerklingen; sie sind ja nicht sein Eigenthum, sondern das eines jeden Deutschen:

„Freude dieser Stadt bedeute,
Friede sei, was sie bereite!“

Aus der Kunstwelt. In Nr. 9 unseres Blattes vom vorvergangenen Jahre[WS 1] ward in einer Skizze über Buonaventura Genelli bemerkt, daß die Veröffentlichung seines „künstlerischen Tagebuches“ in Aussicht genommen sei. Das Werk ist nun soeben im Verlage von Alphons Dürr in Leipzig unter dem Titel: „Aus dem Leben eines Künstlers, vierundzwanzig Compositionen von Buonaventura Genelli, in Kupfer gestochen von J. Burger, K. von Gonzenbach, H. Merz und H. Schütz.“ (Preis 24 Thlr.) erschienen und gereicht der deutschen Kunst zur hohen Ehre. D. Red.

Kleiner Briefkasten.

A. B. in San Antonio (Texas). Der von Ihnen erwähnte Posten ist bis heute bei uns nicht eingegangen.

R. H. in Gera. Wir haben jetzt der ernsten Kriegsbilder genug gehabt, so daß Paradescenen kaum noch interessiren dürften.

Opferstock für Ostpreußen.

Es gingen ferner ein: 760 Franken, Ertrag eines geistlichen Concerts in Neuchatel, unter Direction des Professor Werrmann, durch Hrn. Riepke; ein Oesterreicher in London 5 Thlr.; G. L. in H. 1 Thlr.; aus der Avenue de Clichy et de St. Ouen in Paris 4 Thlr.; aus Rheydt „durch den hängenden Ami" 3 Thlr. 10 Sgr.; eine arme Kranke in Frankenhausen 1 Thlr.; aus Reisen 2 Thlr. mit den Worten:

Am Geburtstage des Königs kein Licht verbrannt,
Doch's Herz voll Liebe für König und Vaterland,
Das Geld den Armen Ostpreußens zugewandt.

Ges. bei einem Festmahle des Buchholzer Männerturnvereins 3 Thlr. 21 Sgr.; I. A. I. in Prag 2 fl. öster.; Jacob Unselt in Warschau 2 Thlr. 23 Sgr.; Turnverein in Brüx mit dem Motto: „Mit Herz und Hand für's ganze deutsche Vaterland" 37 fl. öster.; Stadtcassirer F. in A. 1 Thlr.; I. D. K. und C. G. 2 Thlr.; Wiesewetter in Saratow 10 Rubel Silber; Louise 20 Sgr.; Max Hailer 4 Thlr.; H. M. in Aachen 25 Thlr.; Ersparnisse eines jungen Mädchens in Aachen 3 Thlr.; aus Camburg 5 Thlr.; Handtke in Warschau 27 Thlr. 5 Sgr.; Albert in Warschau 27 Thlr. 5 Sgr.; Spargelder einer jungen Wienerin 5 fl. und von deren Mutter 10 fl.; ein Deutscher in Utrecht 1 Thlr.; aus Leipzig 1 Thlr.; von K. durch P. 10 Sgr.; H. Sasteiner im goldenen Kreuz in Ischl 20 Franken; Ungenannt 1 fl. rhein.; A. F. in Hbg. 2 Thlr.; von einigen Geschäftsreisenden, erübrigt beim Kartenspiel im Rautenkranz in Eisenach 1 Thlr. (Sehr nachahmungswerth); Beitrag des Gesangvereins Concordia in Glashütte bei seiner Auflösung 5 Thlr. 18 Sgr.; Gesangverein in Geiersthal 12 Thlr.; sieben Schüler des Schottengymnasiums in Wien 7 Thlr.; ein weimarischer Lehrer 1 Thlr.; Wachter in Würzbach 2 fl. rhein.; aus der Stadt Charkow in Südrußland, gesammelt durch W. St. von achtundsechszig Deutschen und zwei Russen 200 Silberrubel oder 185 Thlr. 17 Sgr.; aus Bensberg 5 Thlr.

Für die Lehrer insbesondere:

Gesammelt durch die Stammgäste der Rheinländischen Weinstube H. Pr. und W. Lr. von: P. 5 Thlr.; Sdl. 2 Thlr.; O. S. 2 Thlr.; P. 2 Thlr; E. S. 2 Thlr.: B. 2 Thlr.; G. 1 Thlr.; W. 1 Thlr.; W. 1 Thlr.; vr. V. 1 Thlr.; P. K. 2 Thlr.; T. P. 20 Sgr.; M. K. 10 Sgr.; W. W 10 Sgr.; S. 5 Sgr.; W. R. 2 Thlr.; C. W. 1 Thlr.; A. M. 15 Sgr.; S. ein Patriot 1 Thlr.; G. 5 Sgr.; L. K. 10 Sgr.; Carl (Schieseneck) 1 Thlr.; C. St. 20 Sgr.; Adv. Kr. 1 Thlr.; Adv. H. 1 Thlr.; Forbrich 2 Thlr.; Mischel 2 Thlr.; Ritter W. 1 Thlr.; R. K. 1 Thlr.; G. Zöl 1 Thlr.; G. Hrd. 5 Thlr.; C. G. R. u. C. 5 Thlr.; Cal u. E. 5 Thlr.; Stadtrath B. 1 Thlr.; Schlobach 5 Thlr.; P. G. 5 Thlr.; Otto Mf. 5 Thlr.; H. 5 Thlr.; Dr. Kdt. 15 Sgr.; R. H. 3 Thlr.; F. u. C. 10 Thlr.; Gebr. H. 1 Thlr.; Gebr. F. 1 Thlr.; H. W. u. C. 5 Thlr.; in Summa 94 Thlr. 20 Sgr.

Abgesandt haben wir wieder an den Ausschuß des Hülfsvereins in Berlin 300 Thlr.; John Rettenbach in Plicken (Bürger- und Bauernfreund) 300 Thlr.; Provincialcomité in Königsberg 300 Thlr.; Unterstützungsverein für Lehrer (Lehrer Frischbier) in Königsberg 100 Thlr. zur Unterstützung kleiner Handwerker und Landbesitzer 100 Thlr.

Die Redaction.




Inhalt: Im Hause der Bonaparte. Historische Erzählung von Max Ring. — Land und Leute. Nr. 25. Winterleben in Tirol. Mit Illustration. — Der Präsident auf der Anklagebank. Bon einem Augenzeugen. (Schluß.) — Charakterbilder vom 5. Hofe des Onkels. 1. Der Schulterknochen des heiligen Johannes. — Unterbrochene Eisenbahnfahrt. Mit Abbildung. — Ein kaufmännischer Orden. Von Ferdinand Heyl. — Blätter und Blüthen: Deutsches Neujahr auf den Sandwichsinseln. — Aus der Kunstwelt. — Kleiner Briefkasten. — Opferstock für Ostpreußen.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. — Verlag von Ernst Keil in Leipzig. — Druck von Alexander Wiede in Leipzig.


  1. Der Verfasser dieses Berichtes dankt der Redaction der Gartenlaube für die freundliche Aufnahme seiner Mittheilungen aus Mexico, die auch hier in dem fernen Honolulu mit vielem Interesse gelesen worden sind. Er wird es sich zur Ehre schätzen, seine geringen Kräfte einem Blatte zu widmen, das sich die schöne Aufgabe gestellt hat, selbst in den fernsten Regionen des Erdballs deutsche Gesittung und deutsche Gemüthlichkeit frisch und lebendig zu erhalten, deren sonnige Strahlen auch die Herzen der auf den ausgebrannten vulcanischen Inseln des Stillen Oceans wohnenden Deutschen mit wohlthuender Wärme erquicken.
    Gustav von Gößnitz,     
    Instructor der Kaffer’schen Truppen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. 1866; Vorlage: vergangenen Jahre
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_240.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)