Seite:Die Gartenlaube (1867) 749.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1867)

Preußischer Denkstein am Saume des Waldes von Sadowa.

und voller österreichischer Soldaten; rings umher üppig wogende Felder von Hafer, Gerste, Kartoffeln, die aus dem Blute der hier gefallenen Menschen und Pferde ein dunkel gefärbtes, üppiges Gedeihen sogen. Um die Scheunen des Wirthshauses herum ruhen die Leichen von zwanzig österreichischen Officieren unter mehreren Hügeln mit Holzkreuzen, die heute weit und breit von Schaubuden, Caroussels, Verkaufstischen mit Fleisch, Backwaaren, Heiligenbildern, Kirschen, Getränken und Gläsern, schmausenden und trinkenden Volksmassen umgeben waren. Bei Lipa über der Chaussee drüben unterhalb der Schanzen hatte die Kriegsfurie ihre furchtbaren Brandfackeln am wüthendsten geschwungen, allein der Natur und menschlichem Fleiße war es gelungen, fast alle Spuren, wenn nicht zu vertilgen, so doch mit einem wohlthätigen Schleier zu verhüllen.

Kirche zu Chlum am 3. Juli 1867 nebst Grabmälern des Grafen Grünne und Potschachers.

Granatsplitter, Kartätschen- und Gewehrkugeln, österreichische Adler und sonstige Reliquien des mörderischen Kampfes wurden in Lipa und Chlum lebhaft feilgeboten und zwar für ziemlich mäßige Preise: vollständige österreichische Granate sechszehn, preußische neunzehn bis zwanzig Silbergroschen; Zündnadelgewehr sieben, Säbel zwei Gulden; österreichischer Adler drei, Spitze einer crepirten Granate zwei Silbergroschen; kleinere Granatsplitter schon von sechs Pfennigen an. In dem Hause des Kaufmanns Fränkel waren diese Reliquien centnerweise feil, und da sie auch vorher und nachher lebhaft gekauft wurden, wollen wir gern annehmen, daß sie für die Käufer einen talismanischen Werth haben und dazu beitragen, die Vermächtnisse und Errungenschaften der Gefallenen uns als Pflichten zuzurufen. Man treibt noch heute in Mekka und Medina, in Jerusalem und

Ansicht des Dorfes Chlum und Lipa den 3. Juli 1867.

Großes österreichisches Denkmal auf der Höhe zwischen Chlum und Lipa.

anderen heiligen Orten einen lebhaften Handel mit Splittern und Abfällen, Erinnerungszeichen und Andenken an die Gräber und die geweihten Stätten unserer Heilande, und der Glaube des Volkes hält sie für Schutzmittel gegen allerhand Krankheiten und Anfechtungen des Bösen. Möge ein vernünftigerer Glaube diesen Reliquien von den böhmischen Schlachtfeldern einen höheren Werth sichern und uns behülflich sein bei redlicher Arbeit für Verwirklichung unserer Einigungs- und Befreiungsbestrebungen!

Ich begab mich um zehn Uhr unter strömendem Regen nach dem Festplatze zurück, wo das sechsunddreißig Fuß hohe Denkmal als weißer Sandstein-Obelisk, nun vollendet und geschmückt, bedeutungsvoll aus der bunten Menge empor in den Himmel wies. Ueber dem Unterbau erhebt er sich zwischen vier kleinen Würfeln mit Schildern, aus Quadern zusammengesetzt, mit stumpfer Spitze; innerhalb desselben sieht man hinter eisernem Gitter einen einfachen Altar mit Crucifix und über der Eingangsthür die Inschrift: „Den heldenmüthigen Kriegern Oesterreichs und Sachsens. 3. Juli 1866“. Es ist aber weder das Werk der österreichischen Regierung noch des Volks, sondern des Ritters von Liebig, Eigenthümers eines großen Theiles des Königgrätzers Schlachtfeldes, der es aus eignen Mitteln für etwa zehntausend Gulden errichten ließ. Die Festlichkeit selbst ist in den Zeitungen ziemlich ausführlich geschildert worden.

Gleichzeitig wurde das sächsische Denkmal bei Problus eingeweiht, ein einfacher, sechsundzwanzig Fuß hoher Obelisk, ebenfalls aus Sandstein und mit der Inschrift im Sockel: „Das königlich sächsische Armeecorps seinen am 3. Juli 1866 auf dem Felde der Ehre Gefallenen.“

Preußisches Denkmal bei Cistowes den 3. Juli 1867.

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 749. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_749.jpg&oldid=- (Version vom 21.3.2017)