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verschiedene: Die Gartenlaube (1867)

Prag mit großem Erfolg aufgeführt, Friedrich Haase spielte den „Glendower“ darin, in Wien gefiel es jedoch nicht. Noch weniger Glück machte sein drittes Drama: „Der Prätendent von York“.

Jetzt begab sich Meißner auf das Gebiet des Romans und es erschienen 1855 „Zwischen Fürst und Volk,“ drei Bände, drei Jahre später „Die Sansara“, 1860 „Neuer Adel“ und „Zur Ehre Gottes“. Nebenher gab er kleinere Arbeiten und Sammlungen heraus, Reiseeindrücke, da jetzt sein Aufenthalt oft wechselte und Thüringen, Tirol, Italien ihm die mannigfachsten Anregungen boten, so: „Am Stein“, „Durch Sardinien“, „Seltsame Geschichten“, „Charaktermenschen“ u. a. Sein großer und neuester Roman „Schwarzgelb“, der die kaum abgelaufene Reactionsepoche seines Vaterlandes in den treuesten Zügen vorführt, ist das umfassendste Gemälde, welches davon gegeben werden konnte. Aber es ist hier nicht der Ort, eine Kritik oder ein Inhaltsresumé dieser Werke zu geben, sie sind in den Händen der deutschen Lesewelt und diese hat es längst festgestellt, daß Alfred Meißner auch als Romanschriftsteller so gut wie als Lyriker zu den Ersten der Gegenwart gehört. Ueberflüssig zumal wäre es hier vor den Lesern der Gartenlaube, zu deren Mitarbeitern er ja zählt, die poetische Schönheit und Klarheit seines Styls, die Tiefe seiner Empfindung, die Lebenswahrheit, die er seinen Gestalten, das durchsichtige und naturgetreue Colorit, welches er seinen landschaftlichen Schilderungen zu geben weiß, noch hervorheben zu wollen.

Was ihn uns aber besonders werth und zu einer Zierde unserer Nation macht, das ist die Ueberzeugungstreue, die durch sein ganzes Leben geht, daneben zugleich dies rastlose Streben und Ringen einer echten Künstlernatur nach der Lösung immer neuer Aufgaben, nach immer größerer Vervollkommnung – der Ernst des Schaffens, den er sich bewahrt, die Höhe des Ideals, zu der er klimmt. Es giebt für ihn kein bequemes Ruhen auf leicht errungenen Lorbeeren, kein Sichgenugthun auf irgend einem Gebiet der Literatur, kein leichtsinniges Produciren, keine eitle Selbstüberschätzung. Er hat im Kampfe dieser Zeit, in den sich die ganze begeisterungsfähige Jugend opferfreudig stürzte, redlich mitgekämpft und wo Andere unterlagen, die einstigen Ideale verleugneten, verriethen, sich selbst und ihrem Volke untreu wurden –, da ist Alfred Meißner auf der Bahn geblieben, welche vorwärts führt. Aber es ist ein Vorwärts, das nicht mehr im unklaren Drange auf die gewaltsame Umgestaltung aller Verhältnisse gerichtet ist – es ist ein Vorwärts, das er sich selbst zuruft, indem er immer gediegenere vollendetere Werke schafft, welche der Nation einen Spiegel vorhalten und sie unmerklich an der Hand der poetischen Unterhaltung zwingen sich selbst zu betrachten und selbst muthig vorwärts zu schreiten, trotz aller Hemmnisse der Gegenwart, in eine bessere Zukunft. Für diese zu leben und zu wirken ist unser Aller Aufgabe, aber würdig gelöst wird sie nur von Denen, die nicht müde werden an sich selbst zu arbeiten, ob sie auch noch so begabt sind – Alfred Meißner ist solch’ ein Reichbegabter, allein auch solch’ ein Unermüdlicher!

L. O.




Rom am Rhein.
II.
Die Bischofswahl. – Papst und Staat. – Klöster und Orden. – Die Väter Jesu. – Die Erbschleicherei der Klöster. – Werbungen für das Kloster. – Klosterpensionate. – Menschenraub der Klöster. – Kirchliche Brüderschaften, Sodalitäten und Congregationen. – Denunciationssystem in den geistlichen Seminarien. – Katholische Gesellenvereine. – Katholische Clubs. – Die katholischen Vereine und ihre Generalversammlung in Trier. – Protest gegen den Schulzwang. – Die freie deutsche katholische Universität. – Der Bonifaciusverein.


Ein Hauptgegenstand des Conflicts zwischen Staat und Kirche betrifft die Differenzen über die Bischofswahl.

Einer Kirche gegenüber, welche grundsätzlich ihrem obersten Träger die geistliche und weltliche Herrschaft über die ganze Erde vindicirt, so daß er Könige ein- und absetzen, Völker ihres Eides entbinden kann, – welche Jahrhunderte hindurch bestandene Thatsachen, wie den westphälischen Frieden, nur so lange factisch bestehen läßt, bis sich Gelegenheit und Macht ergiebt, den anfänglich erhobenen schlummernden Protest zu wecken und sie umzustürzen, einer solchen Kirche gegenüber kann auch der Kampf der weltlichen Herrschaft nur schlummern und es bedarf fortwährender Compromisse.

Insbesondere wird ein protestantischer Fürst bei der tiefen, immerfort bestehenden Wechselwirkung zwischen Staat und Kirche vorzusehen haben, daß dem von ihm regierten Staate ein Einfluß gesichert bleibe. Um so nöthiger ist dieses in Preußen, nachdem durch den Art. 15 der Verfassung der römisch-katholischen Kirche die selbstständige Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten zugesichert ist. Hiernach ist solcher Einfluß hauptsächlich zu suchen in der vertragsmäßig festgestellten Einwirkung auf die Anstellung der Bischöfe, in deren Hand unter päpstlicher Oberhoheit die gesammte Leitung der kirchlichen Angelegenheiten im Staate, namentlich die Ernennung sämmtlicher Curat-Geistlichen ruht. In welche böse Conflicte ein widerwilliger Bischof den Staat bringen kann, haben wir oben an dem Beispiele des Erzbischofs Clemens August gesehen.

Als im Jahre 1839 der bischöfliche Stuhl zu Trier in Folge seiner Erledigung wieder besetzt werden sollte, hatte die Staatsregierung mit unbegreiflicher Sorglosigkeit es versäumt, eine bestimmte Person für den Bischofssitz zu bezeichnen. Es waren in den Vorverhandlungen mehrere Namen im Allgemeinen genannt worden, welche gleich annehmbar erscheinen mochten. Die feierliche Wahl fiel aber auf den Pfarrer Arnoldi, von welchem der Staatscommissär in den Vorbesprechungen wenig oder gar nichts gehört zu haben vermeinte, um sich auch für diesen die Ermächtigung zu erbitten. Letztere wurde daher versagt und die Publication im Dome unterblieb. Das Capitel bestand auf seiner Wahl und Rom, wohin die Angelegenheit gebracht wurde, entschied, nachdem die Staatsregierung, sich auf ein für sie schwaches Compromiß einlassend, erklärt hatte, sich der Wahl nicht widersetzen zu wollen, weil sie dieselbe nur grundsätzlich in Ermangelung einer vorgängigen Einigung nicht anerkannt habe: daß die Wahl erneuert werden solle. So wurde nun unter Bestellung eines andern Staatscommissärs der p. Arnoldi gewählt und bestätigt und die Regierung hatte zwar in der Form gesiegt, in der Sache aber eine Niederlage erlitten.

Wie läßt es sich nun mit der Treue gegen die von Niebuhr geleiteten Verhandlungen zwischen dem Staate und der römischen Curie vereinigen, wenn im Jahre 1865 nach dem Tode des Cardinal-Erzbischofes v. Geissel das Domcapitel zu Köln auf dem sogenannten Listenverfahren bestand, wonach das Capitel in einer Vorwahl eine Candidatenliste aufstellen und der Regierung zur Genehmigung vorlegen sollte, so daß die Krone auf ein bloßes Negiren beschränkt bleibt; wenn es behauptete, auf der nach eigenem Belieben aufgestellten Liste müßten mindestens drei Namen zurückbleiben, welche der Regierung vielleicht am mindesten schlimm dünkten; wenn es auf die Liste, selbst der Bulle de salute animarum zuwider, Nichtpreußen wie den eifrigen Jesuitenfreund, den Bischof v. Ketteler zu Mainz, brachte; wenn es zwei- und dreimal die gestrichenen Namen reproducirte; wenn es sich deshalb sogar an den in München accreditirten päpstlichen Nuntius wandte; wenn seine Vertheidiger sich auf die jenen positiven Zugeständnissen gegenüber unzutreffende Analogie des positiv anders geregelten Verfahrens in der oberrheinischen Kirchenprovinz und im Königreiche Hannover beriefen; wenn sie endlich, wie es in den Kölnischen Blättern geschah, die Beurtheilung, ob der Vorgeschlagene dem Könige genehm sein müsse, lediglich dem Domcapitel vindicirten?

Ja, was soll man dazu sagen, wenn im Widerspruch mit den nach dem Breve vom 16. Juli 1821 vorher gewechselten Noten und gemachten Zugeständnissen der Cardinal Lambruschini im Namen des Papstes in einem Schreiben vom 15. März 1837 dreien Domherren zu Trier mittheilt, sie hätten nach dem Sinn jenes Breve sich durch öffentliche Nachrichten, durch Privat- oder vorsichtig und klug beim königl. Ministerium angestellte Erkundigungen oder durch Handlungen der Regierung selbst zu vergewissern, ob die Person dem Könige genehm sei, – und wenn Papst Gregor

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verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_071.jpg&oldid=- (Version vom 28.2.2017)