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verschiedene: Die Gartenlaube (1866)

Telegraph Company einen Contract für Anfertigung und Versenkung eines neuen atlantischen Telegraphen zwischen Irland und Neufundland. Um der Expedition die vollkommenste einheitliche Leitung zu geben, beschloß man, das größte Schiff der Erde, den Great Eastern, in Dienst zu nehmen und die Taulänge nicht wie früher zu theilen, sondern ungetheilt an Bord dieses einen Schiffes zu verpacken. Auf die unermüdliche Sorgfalt, womit bei der Manufactur des Taues alle seit 1858 gemachten Erfahrungen und Erfindungen in Anwendung gebracht wurden, auf den rastlosen Eifer, der jedem kleinsten Detail der Maschinerie die umfassendste Aufmerksamkeit widmete, auf den gebildeten Sinn endlich, der für jedes Departement die besten Kräfte heranzog, können wir hier nur im Allgemeinen mit der Bemerkung hinweisen, daß das sachverständigste Urtheil sie als musterhaft anerkannte. Ohne Unterbrechung gingen so die Arbeiten weiter. Der Great Eastern lag schon im Februar 1865 an der untern Themse bereit; am 10. Juni war das neue Tau in den zu diesem Zweck bestimmten drei kolossalen Behältern des gewaltigen Schiffes verpackt und am 23. Juli, nach Legung des Landendes bei Valentia, ging die Telegraphenflotte in See. Um jede Täuschung über die Fortdauer der Insulation des elektrischen Stroms zu beseitigen, hatte man beschlossen, mit der Station in Valentia in unausgesetzter telegraphischer Verbindung zu bleiben, und die Theilnahme der gebildeten Welt an dem Erfolge des Unternehmens wurde auf diese Weise durch tägliche Depeschen aus der Mitte des Oceans wachgehalten.

Jeder Tag fügte der Länge des versenkten Taues seine hundert Meilen hinzu und die hoffnungsvolle Spannung wuchs, als die Zeitungen das Ueberschreiten der Mitte des Weges, die Zahl von tausend, von zwölfhundert Meilen meldeten. Die bald nachher folgende Katastrophe: das Zerreißen des Taues in einer Entfernung von nur siebenhundert englischen Meilen von Neufundland, die beharrlichen, aber vergeblichen Versuche, das versunkene Tau aus einer Tiefe von drei englischen Meilen emporzuwinden, sind noch in frischester Erinnerung. Aber ein Schlag, der hundert Andere entmuthigt haben würde, verdoppelte die Energie der Männer von der atlantischen Compagnie. Die Arbeit und die Opfer so vieler Jahre sollten nicht verloren gehen. Ohne Verzug schritt man zu der Manufactur eines neuen atlantischen Telegraphentaues; noch einmal wurden alle Mittel des Capitals, der Kunst, der Ausdauer in Bewegung gesetzt, und Anfang Juli dieses Jahres brach man noch einmal zur Erreichung des Sieges von Irland nach Amerika auf. Wie dieser letzte Versuch von Erfolg gekrönt wurde, haben wir Eingangs erzählt. Mehr als ein Monat ist seitdem verflossen und nach Allem, was über die Thätigkeit des atlantischen Telegraphen verlautet, entspricht der Erfolg den kühnsten Erwartungen. Trotz des hohen Preises der Depeschen, in denen jedes Wort zu einem Pfund Sterling berechnet wird, lassen die Einnahmen der Compagnie schon jetzt auf einen Jahresertrag von 900,000 Pfund schließen. Die Regierungen, der Handel, die Industrie, die Presse Englands und Amerika’s beginnen, sich im größten Umfang des elektrischen Stromes durch den Ocean zu bedienen, und nichts steht der Annahme im Wege, daß der Größe der Unternehmung auch der materielle Gewinn entsprechen wird, der ihr im höchsten Maße gebührt.

Zur Vervollständigung unsrer Darstellung bleibt uns nur übrig, auf die Construction des atlantischen Telegraphen einen Blick zu werfen und auf eine dem Hauptdrama an Interesse beinahe gleiche Episode der letzten Expedition hinzuweisen, von deren glücklichem Abschluß unlängst die Kunde einlief. Gestalt und Umfang des Taues stellen die beigefügten Illustrationen in den wirklichen Verhältnissen dar. Das Tau erscheint danach etwa eine Linie dünner, als das Tau von 1865, aber doppelt so dick als das Tau von 1858, dessen Durchmesser nur etwa sieben Linien betrug. Die in eine ebenso solide als biegsame Masse verarbeiteten Bestandtheile des Taues von 1866 sind folgende: 1. ein Conductor von sieben Kupferdrähten, von denen sechs den siebenten umwinden; 2. vier (zusammen etwas weniger als einen halben Zoll dicke) Lagen den Kupferdraht isolirender Gutta Percha; 3. eine äußere Umhüllung von zehn galvanisirten Eisendrähten, von denen jeder einzelne mit Flechten weißen Manillagarns umwickelt und mit einer präservirenden Mixtur getränkt ist. Kupferdrähte, Gutta Percha und garnumwundene Eisendrähte zusammen wiegen per englische Meile einunddreißig Centner in der Luft, nahe an fünfzehn Centnern im Wasser, woraus für die gesammte am Bord des Great Eastern verschiffte Taulänge von zweitausendsiebenhundert Meilen ein absolutes Gewicht von fünftausend Tonnen oder hunderttausend Centnern resultirt. Berechnet man hinzu die zur Fahrt erforderlichen achttausendfünfhundert Tonnen Kohlen, nebst einem gleichen Gewicht von achttausendfünfhundert Tonnen für die zur Aufnahme des Taues bestimmten Wasserbehälter und Maschinerien aller Art, so erhält man das staunenswerthe Resultat, daß der Great Eastern die atlantische Expedition mit einer Frachtlast von etwa zweiundzwanzigtausend Tonnen oder vierhundertvierundachtzigtausend Centnern unternahm. Einen doppelt größeren Umfang und ein entsprechend größeres Gewicht als die Hauptmasse des Taues haben die Landenden, deren Verpackung auf die das Hauptschiff begleitenden Fahrzeuge bereits erwähnt wurde.

Aber mit der Landung in Neufundland war die Aufgabe des Great Eastern noch nicht vollendet. Er hatte noch mehr als siebenhundert Meilen unbenutzte Taulängen an Bord, die zur Herstellung einer zweiten atlantischen Linie bestimmt war, und am fünften August brach er von Heart’s-Content-Bay auf, um auch dieses Werk zum Ziele zu führen. – Es handelte sich um nichts mehr und nichts weniger als um die Hebung des im Jahre 1865 versunkenen Telegraphen, dessen Vereinigung mit dem an Bord des Great Eastern befindlichen Tauende und die Landung auch dieser zweiten Linie an der amerikanischen Küste. Von vielen Seiten wurde, selbst nach dem Gelingen der großen atlantischen Expedition, die Möglichkeit nicht blos des Einwindens eines so mächtigen Gewichtes aus so gewaltigen Tiefen, sondern des bloßen Erfassens des Taues auf dem Meeresgrunde, bezweifelt. Doch die Männer der atlantischen Compagnie und des Great Eastern waren durch keine Bedenken in ihrer Zuversicht zu erschüttern. Sie wußten durch fortgesetzte Experimente, daß die Leitungsfähigkeit des versunkenen Taues seit Jahresfrist eher gesteigert als geschwächt sei; sie hatten sein temporäres Grab durch astronomische Beobachtungen genau bezeichnet und sie vertrauten, neben dem eignen Geschick, auf die Kraft des Grapnel, einer Hebemaschine, die, für den besondern Zweck der Hebung des Taues construirt, am Bord des Great Eastern ihrer Bestimmung wartete. Und das Staunenswerthe geschah. Nach einer Reihe vergeblicher Versuche wußte man am 27. August in England von dem glücklichen Aufwinden des Taues von 1865 und seiner Amalgamirung mit dem Tau am Bord des Great Eastern. Der verloren geglaubte Telegraph redete aus einer Tiefe von drei englischen Meilen wieder in vernehmlicher Sprache. Jeder folgende Tag brachte seine eigne Kunde vom Ocean über den Fortgang der Fahrt, über das Schwinden der Entfernung zwischen dem Great Eastern und dem amerikanischen Ufer, und heute, wo ich diese Zeilen schließe, (11. September), meldet er, der Telegraph von 1865, in allen Zeitungen seine Landung in Heart’s-Content-Bay auf Neufundland. Die einfache Erzählung dieser Thatsachen spricht für sich selbst und dem Berichterstatter bleibt schließlich nur der lebhafte Ausdruck der Befriedigung, daß es ihm vergönnt war, den Erfolg eines so hohen Ereignisses in der Geschichte der Menschheit zu constatiren, der Wunsch, daß die Vollendung des Ganzen, von dem es der Haupttheil ist, ohne Verzug gelingen möge.




Erinnerungen aus dem deutschen Kriege des Jahres 1866.
Nr. 1. Heiligenbilder auf dem Schlachtfelde.
Von Georg Hiltl.


Die Landstraßen, Felder, Thore und Gassen der Städte, welche innerhalb eines Ländergebietes liegen, dessen herrschende Religion die katholische ist, zeigen an unzählig vielen Stellen einen ebenso poetisch reizenden, als für den Bekenner zur Andacht mahnenden Schmuck: die Heiligenbilder. Man mag darüber urtheilen, wie man will, gewiß hat Jeder von uns schon bei dem Anblick

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verschiedene: Die Gartenlaube (1866). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1866, Seite 626. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1866)_626.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)