Seite:Die Gartenlaube (1866) 564.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1866)

und neun Fuß tief und läßt sie nach unten zu immer schmaler werden, so daß sie zuletzt blos noch einen Fuß breit bleiben. Durch Reisig und Heu wird die Oeffnung verdeckt. Fällt ein Elephant in der Nacht durch diese trügerische Decke hindurch, so werden seine Füße in dem engen untersten Theil eingeklemmt und er arbeitet, bis an die Schultern eingesunken, vergebens daran, sich frei zu machen. Ist ein Elephant gefangen, so ergreift die ganze Heerde in panischem Schrecken die Flucht und noch mehrere Thiere fallen in die Gruben, die in der Nähe zahlreich angebracht sind. In den Gruben sind die Elephanten so hülflos, daß man sie leicht mit Lanzen tödtet.

Die große Jagdzeit ist im Januar, wenn das hohe Gras der Prairien zu Heu ausgedörrt ist. Entdeckt man in dieser Zeit eine große Heerde, so sammeln sich die Eingeborenen in einer Zahl von vielleicht tausend Köpfen, umzingeln die Elephanten in ziemlich weiter Entfernung und stecken auf ein gegebenes Zeichen das Gras in Brand. Binnen wenigen Minuten sind die arglosen Thiere in einen Feuerkreis eingeschlossen, der ihnen näher und näher rückt. Die Menschen folgen den Flammen, die zwanzig und dreißig Fuß in die Höhe schlagen. Die Elephanten, von Rauch und Feuer geschreckt, versuchen zuletzt zu entfliehen. Wohin sie auch stürzen, überall begegnen sie einer undurchdringlichen Schranke von erstickendem Qualm und sengendem Feuer. Inzwischen wird der verhängnißvolle Kreis enger. Büffel und Antilopen drängen sich unter die Elephanten und über alle diese Thiere schlagen die wüthenden Flammen hinweg. Die halbverbrannten, vom Feuer geblendeten, vom Rauch erstickten Elephanten werden jetzt von dem wilden Haufen der Jäger angegriffen und fallen unter zahllosen Speeren. Diese Jagdart richtet alles Wild zu Grunde und macht namentlich die Antilopen so selten, daß man auf einer ganzen Tagereise in der offenen Prairie selten ein Dutzend sieht.

Nicht so verwüstend ist die folgende Jagdart. Etwa hundert Schwarze klettern in der Nähe einer Stelle, wo man Elephanten gesehen hat, auf Bäume. Sie führen schwere Lanzen mit Klingen von achtzehn Zoll Länge und drei Zoll Breite. Die Elephanten werden nun den Bäumen zugetrieben, auf denen die Jäger sich befinden, und jedem, der nahe genug kommt, wird eine Lanze zwischen die Schultern geworfen. Die Lanze macht eine furchtbare Wunde und der Elephant stürzt bald, von Blutverlust erschöpft, zusammen.

Die centralafrikanischen Elephanten haben weit größere Zähne als die abyssinischen. Baker schoß im Baseh-Gebiet an der Grenze von Abyssinien eine beträchtliche Anzahl Elephanten und erhielt nie einen Zahn, der mehr als dreißig Pfund wog. In der Nähe des Weißen Nils sind fünfzig Pfund das durchschnittliche Gewicht des Zahns eines männlichen Elephanten und die Zähne der Weibchen wiegen jeder mindestens zehn Pfund. Baker sah Riesenzähne von einhundertsechszig Pfund, ja ein französischer Händler besaß sogar einen Zahn, der einhundertzweiundsiebzig Pfund wog. Selten sind ein Paar Zähne einander gleich. Wie der Mensch die rechte Hand mehr braucht als die linke, so arbeitet der Elephant vorzugsweise mit einem Zahn, den die Händler el Hadam (den Diener) nennen. Dieser Zahn wird natürlich mehr abgenutzt als der andere und wiegt gewöhnlich zehn Pfund weniger.

Da die Elfenbeinhändler, die ihre Jagden von Jahr zu Jahr weiter ausdehnen, alle zugleich Sclavenhändler sind, so würde am obern Weißen Nil derselbe scheußliche Zustand eintreten, wie weiter unten, wenn die Schwarzen sich nicht besser zu schützen wüßten. In der Nähe der Grenze haben sie ihre Dörfer in den Ebenen verlassen und sich in die Berge zurückgezogen. An manchem Tage versammelten sie sich am Rande ihrer senkrechten Klippen, wenn Baker vorüberzog, und blickten auf die Fremden nieder, wie die Besatzung einer Festung von den Wällen auf einen vorbeimarschirenden Feind niederblickt. In den weiten Ebenen des Ellyriagebiets schützen sich die Schwarzen durch die Befestigung ihrer Dörfer. Man baut ein Pfahlwerk von „Basaursen“, die ein eisenhartes Holz haben, und umgiebt dasselbe mit lebendigen Dornsträuchern, welche zwanzig Fuß hoch werden. An dem Eingang zum Dorfe errichtet man eine Art von bedecktem Weg, der sich leicht vertheidigen läßt.

Das ganze große Gebiet der Nilquellen liefert in die Wirthschaft des menschlichen Geschlechts nichts als Elfenbein und vielleicht einige Löwen- und Leopardenfelle. In einer gewissen Höhe über dem Meere selbst für Weiße bewohnbar, könnte es am Welthandel einen nicht unbedeutenden Antheil nehmen. Mehrere der wichtigsten Pflanzen, von denen die sogenannten Colonialwaaren herrühren, gedeihen in diesen von Fruchtbarkeit strotzenden Ländern wild. Der Tabak erreicht bei einiger Pflege eine außerordentliche Höhe und liefert ein sehr gutes Blatt. Baker rauchte in Centralafrika viel, weil er darin ein Vorbeugungsmittel gegen das Fieber sah, und lobt den Geruch und Geschmack des Tabaks. In den Wäldern wächst der Kaffeebaum wild; großes Zuckerrohr sah Baker auf vielen Feldern. Auch eine wilde Flachsart kommt vor, doch ziehen die Eingeborenen für ihre rohen Gewebe die Faser einer Aloe-Art vor. Die Erdnüsse, die der Einführung der Cultur in Westafrika bereits einige Dienste geleistet, die Schwarzen an eine freiwillige leichte Arbeit gewöhnt und ihren Wohlstand gehoben haben, wachsen in den centralafrikanischen Wäldern in Ueberfülle. Kurz, die natürlichen Vorbedingungen eines besseren Zustandes sind im Lande selbst vorhanden. Um was es sich zunächst handelt, ist die Nöthigung der portugiesischen und ägyptischen Regierung, dem Sclavenhandel zu entsagen. Dann ist der zweite Schritt ermöglicht; der erste, d. h. die Erkundung des Landes durch Reisende, ist ja geschehen. Dem gewöhnlichen Laufe der Dinge nach haben diesen Kundschaftern Missionäre und weiße Händler zu folgen, deren Stationen die ersten Haltpunkte beginnender Civilisation bilden werden. Deutschland hat Reisende und Missionäre genug nach Afrika geschickt. Hoffentlich betheiligt es sich auch bei den wichtigeren ferneren Arbeiten, aber unter eigener, nicht unter englischer Fahne.




Aus dem Harz.
Wanderblätter von Rudolf Gottschall.
II.


Wir nahen uns dem Alexisbad. Das Brunnenhaus, die gepflegten Baumgänge und – das Badenegligé verkünden uns die Nähe eines fashionabelen Badeortes. Alexisbad, anmuthig in dem etwas erweiterten Thal gelegen, aus einer Gruppe stattlicher Häuser bestehend, gehört zu den reichhaltigsten Eisenquellen; dennoch hat es seine Glanzzeit hinter sich. Auch die Bäder haben ihre Schicksale und stehen unter der Herrschaft der Mode. Der Eisensäuerling des Alexisbrunnens ist noch derselbe geblieben; aber die Neigungen der beau-monde sind wandelbar. Eine Eisencur ist für die schwachen Nerven dieses Geschlechts immer ersprießlich – ist sie doch jüngst an deutscher Politik in großem Maßstab gemacht worden! Die Anlagen um Alexisbad sind freundlich, von dem Victorskreuz aus, zu dem wir emporklettern, sieht man die Häusergruppe im Thalgrund malerisch im Rahmen der Berge. Die Sonne schenkte uns dazu den „Silberblick“, den wir in der weiter hinauf gelegenen Silberhütte aufzusuchen verschmähten. Denn wir wollten uns nicht in jene Giftwolken der Schwefel-, Blei- und Arsenikdämpfe begeben, welche ringsum selbst das frische Leben der Natur verkümmern und bis in den Boden hinein das Wachsthum der Pflanzenwelt zerstören, nicht die bleichen Gesichter der Arbeiter mitansehen, welche oft von der „Hüttenkotze“ ganz darniedergeworfen werden. Mit Recht hat die Volkssage die unheimlichen Gnomen und Kobolde zu Wächtern der metallischen Schätze gemacht; denn ihre Geburtsstätte ist nächtig und Giftwolken umschweben die Stätten, wo sie für den Gebrauch der Menschen gelöst und geschmolzen werden.

Gastlicher sind die Eisenhütten, durch die wir in Mägdesprung die Runde machten. Das Eisen, das wir ja auch im Blute brauchen, ist uns vertrauter, als die glänzenden Metalle, welche von jeher unsere Phantasie geblendet haben. Eine andere Verwandtschaft des Eisens mit dem Blute zeigt uns die Blut- und Eisenpolitik. Sonst hat sich das Eisen am geschmeidigsten

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1866). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1866, Seite 564. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1866)_564.jpg&oldid=- (Version vom 12.12.2020)