Seite:Die Gartenlaube (1865) 750.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1865)

daß durch diese reiche Auswahl jedes Bedürfniß befriedigt und jeder Concurrenz begegnet wird.

Der mißliche Anfang schreckte Faber nicht ab; er arbeitete unermüdlich fort, seine Bleistifte auf eine immer höhere Stufe der Vollkommenheit zu bringen, auch zeichnete er seine verbesserten Fabrikate und namentlich seine neuen sogenannten Polygrades-Bleistifte, die sich besonders in der Künstlerwelt den größten Ruf erworben haben, alle mit der Firma der Fabrik. Da dieselben jedoch durch die erhöhten Preise, welche die mehr und mehr verbesserten Qualitäten zur Folge haben mußten, bei den Nürnberger Kaufleuten nur wenig Abnahme fanden, so bereiste er selbst ganz Deutschland, Rußland, Oesterreich, Belgien, Holland, Frankreich, England, Italien und die Schweiz und knüpfte mit allen bedeutenden Städten des In- und Auslandes directe Handelsbeziehungen an, die bei der fortwährenden Verbesserung seines Fabrikates ihm bald eine befriedigende Abnahme und eine immer steigende Nachfrage verschafften, bedeutend genug, um sich über die beschränkte Sphäre localer Interessen zu erheben.

Die beinahe zahllosen Beschäftigungsarten, welche den Bleistift in Anspruch nehmen, machten nach und nach ein großartiges Assortiment nothwendig, von dem langen Staffelei-Bleistift bis zum kleinsten Etui-Stift. Die Aufgabe der Fabrikation hatte sich, da man vielfach mit dem Ausland in Verbindung getreten war, schon bedeutend höher gestellt, und der verschiedene Geschmack, selbst die verschiedenen Sitten der consumirenden Bevölkerungen wollten in Betracht gezogen sein. Faber that dies Alles, und so ist der Ruf seiner Fabrikate in alle Welttheile gedrungen, und nicht nur der weitverbreitete Gebrauch derselben ist es, der ihre Güte gewährleistet, sondern insbesondere die Stimme der Männer, welche die höchsten Anforderungen an das Fabrikat stellen. Die Architekten und Ingenieure bedienen sich nicht leicht eines anderen als des A. W. Faber-Stiftes; auch die gesammte Künstlerwelt hat längst den A. W. Faber’schen Bleistift für den besten Zeichenstift erklärt. Männer wie Cornelius, Kaulbach, Bendemann, Lessing, Horace Vernet haben sich in diesem Sinne ausgesprochen.

Ebenso wurden dem Faber’schen Fabrikate auf allen großen Gewerbausstellungen der neuesten Zeit der Preis vor sämmtlichen ähnlichen Erzeugnissen, die besten aus Wien, Frankreich und England nicht ausgenommen, zuerkannt. Dank den Bemühungen Faber’s behauptet jetzt Nürnberg vor allen Ländern in der Bleistiftfabrikation den unbestrittenen Vorrang. Wie bedeutend aber dieselbe ist, geht daraus hervor, daß nach der Angabe des Professors Flegler gegenwärtig in Nürnberg gegen zwanzig Bleistiftfabriken in Thätigkeit sind, welche mit viertausendfünfhundert bis viertausendachthundert Arbeitern jährlich gegen zweihundertundsechszehn Millionen Bleistifte im Werthe von etwa drei Millionen Gulden erzeugen. Die umfangreichste und größte darunter aber ist die Fabrik in Stein, welche den bedeutendsten Umsatz hat und allein fünfhundert Arbeiter beschäftigt. – Auch in Amerika hatten sich Faber’s Bleistifte einen großen Markt zu eröffnen gewußt. Dies veranlaßte Faber ein Haus in New-York zu gründen und dessen Leitung seinem jüngsten Bruder zu übertragen, während ein anderer Bruder seit dem Jahre 1840 am Nürnberger Hause mit betheiligt ist.

Wie in der amerikanischen Handelsmetropole, so wurde auch in Paris ein Haus gegründet, und zwar nicht nur um den bedeutenden Verkehr mit Frankreich und den Nebenländern zu leiten, sondern auch um den feinen Geschmack und die ansprechende Eleganz der Franzosen, welche jedem an sich guten Producte noch zum besonderen Vortheil gereichen, zu vermitteln. Ebenso ward auch den Bedürfnissen Englands, Indiens und Australiens durch Errichtung einer Agentur in London Rechnung getragen. Mit der Verbreitung der Fabrikate nach außen hält die innere Entwicklung des Etablissements Schritt. Ebenda, wo einst das kleine Häuschen der Voreltern stand, erheben sich jetzt die Fabrikgebäude diesseits und jenseits der Rednitz. Da die Wasserkraft dieses Flusses theils unzureichend, theils zu unbeständig war, mußte der Dampf zu Hülfe genommen und eine große Maschine aufgestellt werden. Fast jedes Jahr erforderte einen Neubau. Dabei wurde vorzüglich darauf Rücksicht genommen, die Gebäude geräumig und hell herzustellen und der Gesundheit der Arbeiter Rechnung zu tragen. Auf diese Weise erfuhren nach und nach alle Räumlichkeiten mit Rücksicht theils auf die immer zunehmende Production, theils auf die Anforderungen, welche die Gesundheit des Arbeiters und der Schönheitssinn überhaupt stellen, bedeutende Erweiterungen und Umwandlungen im Grundbau, so daß selbst der Charakter der ganzen Ortschaft ein wesentlich anderer geworden ist. Das früher verwahrloste Dorf hat ein neues Ansehen gewonnen; der Dampf der Kamine verkündet weithin ein reges industrielles Leben, und das frühere Bild der Dürftigkeit hat einer gewissen Wohlhabenheit Platz gemacht.

Besonders verdient hierbei hervorgehoben zu werden, daß auch die sittlichen Verhältnisse der Arbeiter ein Gegenstand unablässiger Sorge Faber’s sind. Im Interesse derselben wurden vor Allem Fabrikstatuten verfaßt, welche dem vorzüglich tüchtigen oder im Lebensalter vorangeschrittenen Arbeiter Gelegenheit boten, sein Einkommen zu vergrößern, indem ihm unter bestimmten Voraussetzungen eine Lohnerhöhung zugesichert ist. Nicht minder errichtete er eine Arbeiter-Sparcasse, die schon sehr viel Gutes gestiftet hat, und gründete daneben eine Bibliothek, welche, dem Arbeiter und seiner Familie zugänglich, sich einer sehr fleißigen Benützung erfreut.

Ferner wurde ein großes Gebäude in schönen äußeren Verhältnissen zu Arbeiterwohnungen erbaut und andere Gebäude in Arbeiterwohnhäuser verwandelt. Die Häuser selbst enthalten einzelne, für sich abgeschlossene Wohnungen, die den Familien um eine geringe Miethe einen weit angenehmeren Aufenthalt als die meisten Wohnungen in den Städten gewähren. Dabei findet indeß keinerlei Zwang statt, die Häuser stehen Jedem offen und die im Interesse der Gemeinschaft eingeführte Hausordnung ist von der Art, daß ihr Jeder mit Freude nachkommt.

Machen wir jetzt einen Gang durch die Fabrik und sehen wir uns die Art und Weise der Fabrikation des Bleistiftes an. Unsere Wanderung führt uns zunächst in den Raum, wo die Rohmaterialien, Graphit und Thon, geschlemmt werden, die alsdann zum Trocknen in Pfannen kommen. Von da wird das Material auf die Mühlen gebracht, welche Tag und Nacht im Gange sind und auf denen die aus Graphit, Thon etc. zusammengesetzte Masse in nassem Zustande feingemahlen wird. Nach dem Mahlen wird die Masse in eigens dazu bestimmten Oefen getrocknet. Jetzt beginnt die Bearbeitung des Bleies selbst. Wir betreten einen großen, hellen Saal; ein Theil der Arbeiter macht, wie wir sehen, aus der trockenen Masse durch Anfeuchtung mit Wasser einen Teig, welcher in feuchtem Zustande in den Cylinder der Presse kommt, wo er durch ein am Boden des Cylinders befindliches Kupferplättchen, das in der Mitte eine Oeffnung von beliebiger Form und Stärke hat, gepreßt wird. Das durch den Cylinder gepreßte Blei legt sich ringförmig auf und wird von anderen Arbeitern auf Breter in gerade Richtung gelegt und an einem mäßig warmen Orte getrocknet. Noch ehe das Blei indeß vollkommen ausgetrocknet ist, wird es in Stäbchen von der Länge der zu verfertigenden Bleistifte geschnitten. Nach dem Trocknen erfolgt das Ausglühen in eigens dazu construirten Oefen; es geschieht in luftdicht verschlossenen Kästchen von Thon oder Eisen, in welche die Bleistäbchen wagrecht eingelegt werden.

Der nächste Saal, in den man uns geleitet, ist von dem Brausen und Schwirren des Maschinenwerkes erfüllt. Hier wird das Holz geschnitten, gesägt und gehobelt. Ein Block Florida-Cederholz – von acht bis vierundzwanzig Zoll im Durchmesser und von zehn bis fünfzehn Fuß Länge – wird zunächst durch eine Gattersäge in Stücke von der Bleistiftlänge quer zertheilt, die einzelnen Stücke werden vermittelst kleiner Circularsägen zu Bretchen zerschnitten und diese auf besonderen Maschinen glattgehobelt. Hinter den Hobelmaschinen befinden sich die Nuthenmaschinen, auf denen durch kleine Circularsägen aus den glattgehobelten Bretchen die Nuthen und Deckel gemacht werden. Hierauf beginnt das Einleimen der Bleistäbchen in das Holz. An jedem Leimtische sitzen drei Arbeiter, von denen der eine die Nuthen und Deckel mit Leim bestreicht, der andere die Bleistäbchen in die Nuthen einlegt und der dritte, nachdem die Deckel aufgelegt sind, die Bleistifte ordnet. Sodann werden diese in eine Presse gebracht und dicht nebeneinander durch Schrauben fest eingepreßt.

Die soweit fertigen Bleistifte sind alle viereckig und kommen nun in den Arbeitersaal der Hobler. Hier werden sie zu gleicher Länge vermittest feiner Circularsägen gebracht und durch die Hobelmaschinen, welche sie in viereckiger Form aufnehmen, rund oder auch sechseckig, viereckig, dreieckig und oval gehobelt.

Die weiteren Arbeiten verichten Mädchen. In dem einen Saale geschieht das Poliren, worauf jeder Bleistift vermittelst einer

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1865). Ernst Keil, Leipzig 1865, Seite 750. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1865)_750.jpg&oldid=- (Version vom 28.11.2022)