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verschiedene: Die Gartenlaube (1865)

an die amerikanischen Medien; er droht ihnen im Falle der Weigerung damit, ihre Experimente in einer öffentlichen Sitzung, welche zum Besten des Hospitales von Charenton gegeben würde, zu wiederholen, und erklärt zu gleicher Zeit, die Kosten der vorgeschlagenen Sitzung aus seinen eigenen Mitteln bestreiten zu wollen. Er stellt ihnen drei Bedingungen – Erstens: Er wird sie in eigner Person anbinden und zwar mit einem von ihm zu diesem Zweck mitgebrachten Strick. Zweitens: Er wird sich mit ihnen in demselben Kasten anbinden lassen. Drittens: Die fünf Personen, welche die Gebrüder gewöhnlich bedienen, sollen während der gemeinschaftlichen Vorstellung gar nicht zugelassen werden.

Da die Gebrüder Davenport die von Robin an sie gestellte Herausforderung nicht annahmen, erschien ein mit ungeheuern Lettern bedruckter Anschlagzettel, welcher das gesammte neugierige Pariser Publicum in nicht geringe Aufregung versetzte. Der Zettel besagte Folgendes:

„Heute allein wird Herr Robin die Experimente mit dem mysteriösen Schranke vornehmen. Die Thüren desselben werden offen bleiben.“

Abends um acht Uhr drängte sich auf dem Boulevard du Temple eine ungeheure Menschenmasse. Tausende von Neugierigen hatten in dem Saale, welcher Robin gewöhnlich zum Schauplatz seiner feenhaften Abendunterhaltungen dient, nicht zugelassen werden können. Wir werden also nun den Grund des Spiritismus mit unsern Fingerspitzen berühren und der mysteriöse Schrank mit seinen obligaten übernatürlichen Erscheinungen und Kräften wird uns das Geheimniß des phantastischen Spukes der Gebrüder Davenport enthüllen!

Herr Robin, welcher die weiße und die schwarze Magie kennt und sich in der Kunst der Metamorphose zum größten Meister emporgeschwungen hat, macht sich eine Pflicht daraus, das Publicum in vorliegendem Falle bei schärfster Beleuchtung in die Karten sehen zu lassen. „Ah! Ihr besteht darauf,“ sagt er, „Ihr wollt übel oder wohl, daß man Euch für außerordentliche Wesen hält, die einen Fuß in dieser und einen in der andern Welt haben. Wohlan! Auch ich werde es bis zum Aeußersten treiben, ich werde eine Vorstellung geben, in welcher der Blick des Zuschauers nicht gehemmt sein wird, die in dem geschlossenen Kasten durch ihre Medien sich manifestirenden Kundgebungen der Geister zu beobachten – bei offenen Thüren des Schrankes sollt Ihr die Wunder schauen, welche Euch für ein und allemal beweisen werden, wie sehr man in gewissen Ländern die Unwissenheit, Schwäche oder Leichtgläubigkeit des Volkes auszubeuten versteht!“

Der Saal ist zum Erdrücken angefüllt, das tiefste Stillschweigen herrscht in der Zuschauermenge, die Aufmerksamkeit ist auf das Höchste gespannt. Da rollt der Vorhang auf und Herr Robin erscheint mit lächelnder Miene auf der Vorderseite des Podiums. „Meine Damen und Herren,“ sagt er, „sogleich werde ich Ihnen das Phänomen des Geisterwesens vor Augen zu führen die Ehre haben, doch wenn das Experiment gelingen soll, müssen natürlicherweise auch Geister zu meiner Disposition stehen. Sind vielleicht welche in Ihrer Nähe?“ Und alsbald antworten verschiedene aus dem Hintergrunde des Saales, aus dem Fußboden, dem Plafond, den Rücklehnen der Fauteuils, dem Piano, dem Innern der Logen kommende Toc, Toc, Toc dem Aufrufe des Meisters.

„Sehr gut,“ spricht Robin, „ich sehe schon, daß ich vorzüglich bedient sein werde, das verbürgt uns eine sehr schöne Vorstellung.“

Dieses humoristische Debüt versetzte die Anwesenden in die heiterste Laune. Man schafft nun unverzüglich den Schrank, die Musikinstrumente, die Violine, die Guitarre, die Schellentrommel, die große Trommel, die Glocke, den Strick und eine den berühmten Pappbecher vorstellende hohle Puppe herbei, gegen welche die Geister nach den Aussagen der Gebrüder Davenport eine unüberwindliche Abneigung empfinden.

Herr Robin stellt der Versammlung sein Medium vor und läßt dasselbe hierauf mit den Füßen, den Beinen, den Schultern und endlich mit auf den Rücken gebundenen Händen mit dem vorhandenen soliden Stricke an die im Innern des Schrankes befindliche Bank befestigen. Dieser Strick ist nicht aus sieben bis acht baumwollenen Schnüren verfertigt wie jener der Gebrüder Davenport, sondern aus starkem Hanf gedreht, er besitzt eine Länge von zweiundvierzig Schuh. „Meine Herren,“ beginnt nun Herr Robin, „wir werden die Sitzung in zwei Abtheilungen theilen, die erste bei geschlossenen Thüren des Schrankes, die zweite bei offenen.“

Die Thüren werden geschlossen und alsbald fällt die verwünschte Puppe auf den Kopf eines Zuschauers.

„Sie sehen, meine Herren, sie können sie wirklich nicht ausstehen.“ Im nämlichen Augenblick fängt der Geisterrumor an; die Guitarre seufzt, die Schellentrommel wirbelt, die Violine kreischt, die große Trommel poltert dazwischen, die Glocke klingelt, die Wände krachen, durch die in den Thüren des Schrankes angebrachten Oeffnungen erscheinen deutlich mehrere Finger, dann eine Hand, hierauf zwei und schließlich eine behandschuhte Hand.

„O,“ ruft Herr Robin ironisch, „eine Damenhand!“ Man öffnet Plötzlich die zwei Thüren des Schrankes und siehe, das Medium scheint ruhig und gelassen, natürlich immer noch an die Bank garottirt, die Knoten des Strickes sind unversehrt geblieben. Man schließt es von Neuem ein, doch diesmal steigt die Musik zur Höhe eines tobenden Orkanes. Gewichte von zwanzig Kilogrammen werden durch die Oeffnungen geschleudert.

„O, das ist doch gewiß ein starker Geist!“ ruft Herr Robin inmitten allgemeinen Gelächters. Die Hände machen convulsivische, drohende Bewegungen: Ein Rock fliegt zu einer Oeffnung heraus, eine Weste zur andern und Allen dieses unter einem Höllenlärm, der einem Tauben Angst gemacht hätte. Man öffnet von Neuem den Schrank, doch das Medium ist immer noch angebunden, gelassener als je, aber diesmal ohne Rock und Weste. Man schließt abermals, da kracht ein Pistolenschuß. Die Thür fliegt auf und diesmal steht das Medium aufrecht, frei und des Strickes entledigt da. Es nähert sich dem Publicum, den zweiundvierzig Schuh langen Strick emporhaltend.

„Wir werden nun,“ sagt Herr Robin, „die nämlichen Experimente bei offenen Thüren vornehmen.“ Die Aufmerksamkeit verdoppelt sich. Alles wird an seinen alten Platz zurückgebracht; das Medium präsentirt sich und man überreicht ihm den Strick.

„Ich wäre glücklich,“ sagt Herr Robin, „wenn ich einen der Zuschauer einladen könnte, das Medium selbst anzubinden; doch könnte sich sehr wohl unter Ihnen ein Officier finden, der den Feldzug in Indien mitgemacht und von einem der dortigen Gaukler gelernt hätte, unauflösliche Knoten zu schlingen, ich würde deshalb befürchten, das Experiment mißlingen zu sehen.“

Ein homerisches Gelächter erschallt auf diesen geistreichen Ausfall. Das Medium bindet sich also selbst fest, ganz auf dieselbe Art wie zuvor und zwar in drei Minuten; man trägt es mit der Bank auf den alten Platz, doch kaum befindet es sich in dem Kasten, so schleudert es vermöge eines raschen Ruckes des Handgelenkes die verhängnißvolle Puppe auf die Köpfe der Zuschauer. Blitzschnell ist ein Arm frei und während es die eine Hand vollends aus dem Knoten zu ziehen sucht, stößt und schüttelt es mit der andern ohne Unterlaß die in seinem Bereich sich befindlichen Instrumente. Man vernimmt von Neuem das ohrenzerreißende barbarische Concert. Der Orchestermensch gebahrt sich im Innern des Kastens wie ein wahrer rasender Dämon. Die Instrumente ertönen, die Hände erscheinen, das Kleid wird mit der Schnelligkeit des Blitzes an- und wieder abgezogen. Da haben wir nun das ganze Geheimniß.

Herr Robin, der schon wesentliche Dienste geleistet hat, indem er gewisse wissenschaftliche Errungenschaften unserer Zeit populär zu machen verstand. hat auch hier ein verdienstliches Werk gestiftet, indem er offen den Schleier gelüftet, unter welchem die finstern Operationen der Geisterseherei sich verborgen hielten.




Unzerstörbar. Die Kaiserin Josephine war eine große Freundin von Parfüms, ganz besonders von Moschus. Ihr Ankleidezimmer in Malmaison war davon förmlich erfüllt, trotzdem daß Napoleon seine Abneigung gegen diesen Geruch oft und entschieden erklärte. Vierzig Jahre sind nun seit ihrem Tode verstrichen und der gegenwärtige Besitzer von Malmaison hat die Wände jenes Ankleidezimmers wiederholt tünchen und malen lassen. Aber weder Abkratzungen noch Anwendung von Kalk und Tünche sind im Stande gewesen, den Geruch von dem Moschus der guten Kaiserin zu entfernen, welcher jetzt sich noch eben so stark bemerkbar macht, als ob die Flasche, die ihn enthalten, erst gestern entfernt worden wäre.

A. K.

Kleiner Briefkasten.

B-s in M–an. Ihre Alltagsgeschichte ist doch gar zu alltäglich. Das Manuscript liegt mit den anderen zu Ihrer Verfügung.

H. S. B. in Stuttgart. Ohne Nennung von Namen ist die Notiz unverwendbar.

S. in N…g. Die interessanten Enthüllungen in nächster Nummer.



Bock’s Buch in Heften. 6. Auflage.

Die fünfte, 12.000 Exemplare starke Auflage des schon bei seinem ersten Erscheinen mit allgemeinem Willkommen begrüßten, und ungeachtet der vielen Nachahmungen nun schon in 56,000 Exemplaren verbreiteten Werkes:

Das Buch vom gesunden und kranken Menschen
von Dr. Carl Ernst Bock,
Professor der pathologlschen Anatomie in Leipzig.
Mit 73 feinen Abbildungen.
Preis eleg. brosch. 1 Thlr. 22½ Ngr., in engl. Einband 2 Thlr.

ist vergriffen, und die sechste, wiederum verbesserte Auflage ist soeben vollständig erschienen.
Hierin dürfte wohl der Beweis liegen, daß das für jede Familie unentbehrliche Buch noch von keiner Concurrenz erreicht worden ist und seine Aufgabe erfüllt hat: die Wissenschaft lebendig und der Volksbildung dienstbar zu machen.
Die 6. Auflage des Buches vom gesunden und kranken Menschen ist wieder in sieben Lieferungen ausgegeben worden, welche nach wie vor in monatlichen Zwischenräumen bezogen werden können. Der Subscriptionspreis jeder Lieferung von 5–6 Bogen ist nur 7½ Ngr., wofür auch der weniger Bemittelte im Stande ist, sich diesen Helfer in der Noth nach und nach anzuschaffen.
Leipzig, im November 1865.

Die Verlagshandlung von Ernst Keil.

Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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