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verschiedene: Die Gartenlaube (1865)

Radhen Saleh.
Nach einer Skizze vom Grafen Arthur Mensdorff-Pouilly.

In der Malerei nannte er sich selbst einen Schüler des Horace Vernet. Man möchte daraus schließen, daß er längere Zeit in Paris verweilt habe, ehe er, von der Liebe zur Kunst fester, als die holländische Regierung berechnet hatte, an Europa gefesselt, sich entschloß, zu seiner weiteren Ausbildung nach Deutschland zu gehen.

Die Regierung gewährte ihm gern seinen Wunsch, gab ihm Mittel und Empfehlungen seines Ranges würdig, und so zog er denn nach Dresden. Ausflüge nach Berlin und Wien abgerechnet, verweilte er in der königlich sächsischen Residenz- und Kunststadt volle acht Jahre. Man kam ihm dort mit der Rücksicht und Theilnahme entgegen, die er in jeder Beziehung verdiente, denn höher, als den Reiz des Fremdländischen und Fürstlichen, schätzten Alle, die ihm näher treten konnten, die Klarheit und Erhabenheit seines Geistes bei der Reinheit und Kindlichkeit seines Gemüths – und diese vortrefflichen Eigenschaften öffneten ihm die Herzen der Künstler bis zu den hervorragendsten Leitsternen der Akademie hinauf und die Thüren vieler Familien von Auszeichnung, so namentlich das Haus des hochverdienten Majors Serre auf Maxen und selbst den königlichen Hof. Den innigsten Freundschaftsbund aber schloß er dort mit dem Herzog (damals noch Erbprinzen) Ernst von Coburg-Gotha; beide junge Männer von gleich regem Geist, gleicher ritterlicher Lebensrüstigkeit und gleichem Kunststreben schlossen sich so eng aneinander an, daß sie sogar ein gemeinschaftliches Atelier besaßen.

Als Erbprinz Ernst nach Coburg zurückkehrte, folgte Radhen Saleh einer Einladung des Leipziger Kunstmäcen Schletter. Saleh’s berühmtestes Dresdener Bild, der „Anfall eines Löwen auf ein Pferd, das mit ihm in einen Abgrund stürzt, während der Reiter an einem Aste festgeklammert vielleicht sich rettet“, hatte Schletter’s sehr schätzenswerthen Beifall in einem Grade, daß ihm nach dem eigenen Besitz eines Gemäldes von Saleh verlangte. So entstand in Leipzig die „Stierjagd im Orient“, die jetzt ein schöner Schmuck des dortigen Museums ist. (Das Bild hängt im rechten Eckzimmer nach der Augustusplatzseite über der Thür, leider nicht in günstigem Licht und für die Größe der Figuren zu hoch.) Nach etwa einjährigem Aufenthalt in Leipzig folgte Radhen Saleh endlich dem Freundschaftswinke des nunmehr (1844) zur Regierung gelangten Herzogs nach Coburg und Gotha, wo wir ihn Eingangs dieses Artikels mit dem Grafen Mensdorff bereits in treuem Seelenbund gefunden haben.

Der Aufenthalt am coburgischen Hofe scheint, nach der künstlerischen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1865). Ernst Keil, Leipzig 1865, Seite 396. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1865)_396.jpg&oldid=- (Version vom 11.9.2022)