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verschiedene: Die Gartenlaube (1865)

Blätter und Blüthen.

Noch einmal das technische Räthsel. Noch immer gehen der Redaction aus allen Gegenden des deutschen Vaterlandes und selbst aus dem Auslande kleinere und größere Aufsätze mit Lösungen des in Nr. 42 des vorigen Jahrganges der Gartenlaube gebrachten technischen Räthsels zu. Unsere Absicht war einzig und allein, das hübsche Problem zur allgemeinem Kenntniß zu bringen, ohne daß wir uns dadurch, daß wir dessen Lösung in weitem Kreisen, anregten, Hoffnung machten, den Gegenstand vollständig zum Abschluß zu führen. Der größte Theil des uns zugegangenen Materials rührt von Laien her, der bei weitem kleinere von Fachmännern, denen gegenüber wir keineswegs gewillt sind, als kompetente Richter aufzutreten. Gleichwohl glauben wir die Bemerkung nicht unterdrücken zu dürfen, daß wir auch diese von Fachmännern herrührenden Lösungsversuche als ungenügend erachten. Selbst ein namhafter Physiker hat uns einer Zuschrift gewürdigt, in welcher die Lösung aus Grund der Behauptung versucht wird, das; wohl festes Eisen, auf flüssiges Eisen gelegt, schwimme, aber nicht wieder an die Oberfläche komme, wenn es untergetaucht werde – eine Behauptung, von deren Gegentheil man sich augenblicklich durch den Versuch überzeugen kann. Ueberhaupt scheint uns die Frage noch so zu liegen, daß vor allen Dingen Thatsachen zu sammeln und Versuche anzustellen sind, und daraus wollte eigentlich unsere ursprüngliche Notiz hauptsächlich hinwirken. Von Thatsachen und Versuchen ist aber im Allgemeinen in dem ganzen Haufen von Material, welches sich angesammelt hat, wenig die Rede. Einer Mittheilung wollen wir noch Erwähnung thun, welche, wenn sie sich bewahrheitet, der Sache eine neue Wendung zu geben scheint. Ein Eisenbesitzer schreibt uns nämlich Folgendes: „Blei ist bekanntlich etwa ein halb Mal specifisch schwerer, als Eisen; wie geht es daher zu, daß Blei auf flüssigem Eisen schwimmt, ähnlich, wie Oel auf Wasser? Ich habe heute ein Pfund Blei in eine Kelle voll flüssigen Eisens, circa einhundert Pfund enthaltend, geworfen und gefunden, das, sich diese Erscheinung vollständig bestätigt. Auch habe ich ferner mit einem Schöpflöffel die obere Lage des flüssigen Eisens mit dem darauf schwimmenden Blei abgeschöpft und übersende Ihnen diese Kruste zur eigenen Anschauung.“

Wir haben keine Gelegenheit gehabt, diesen Versuch zu wiederholen; die eingesandte Eisenkruste mit den eingestreuten Bleikügelchen ist aber in unserm Besitz. Im Widerspruch hiermit aber stehen in einem andern von einem Ingenieur verfaßten Schreiben die Worte: „Blei sinkt in Eisen unter allen Umständen augenblicklich unter; es schwimmt aber Kupfer auf Eisen.“ (Das specifische Gewicht des Kupfers verhält sich zu dem des Eisens ungefähr wie 11 zu 9.) Bestätigt sich nur eine dieser beiden Mittheilungen, so ergiebt sich daraus, daß die fragliche Erscheinung eine Wirkung von viel gewaltigeren Kräften ist, als wir bisher vorauszusetzen Ursache hatten. Wir weisen deswegen nochmals darauf hin, daß immer wieder

neue Versuche angestellt werden mögen, welche im Stande sind, ein Licht auf die dunkle Naturerscheinung zu werfen.

R. H.




Schützer und Schützling. In den letzten dreißiger Jahren besuchte ein tüchtiger piemontesischer Artilleriecapitän aus einer militärischen Studienreise auch Mailand und erwarb sich hier die besondere Gunst des daselbst commandirenden österreichischen Generals Walmoden.

Als der Capitän, im Begriffe abzureisen, nach genommenem Abschiede, aus dem Hotel des Generals trat, begegnete ihm ein österreichischer Artilleriehauptmann seiner Bekanntschaft. Derselbe war zu wiederholten Malen Zeuge gewesen, mit welcher Auszeichnung Walmoden den jungen piemontesischen Officier behandelt hatte, und als er hörte, daß dieser nunmehr wieder abreisen werde, äußerte er sein Bedauern darüber lebbafter, als dies sonst wohl bei der Trennung von Bekannten geschieht.

„Recht schlimm für mich,“ sprach er niedergeschlagen, „daß Sie schon fort wollen, Herr Camerad! Ich hätte Sie so gern noch um einen Freundschaftsdienst gebeten. Der Alte da oben, ich weiß es, hält ganz besondere Stücke aus Sie, vielleicht hätten Sie darum ein gutes Wort bei ihm für mich einlegen können, daß er mir doch endlich einmal das Majorspatent ausfertigen läßt, welches er mir – weiß Gott warum – seit langer Zeit vorenthält.“

Der Piemonteser besann sich einen Augenblick und stieg dann rasch die Treppe des Hotels wieder hinauf. Nach wenigen Minuten kam er lachend zu dem unten wartenden Oesterreicher.

„Da, Herr Camerad,“ rief er, „haben Sir was Ihnen gebührt,“ indem er dem erstaunten und glücklichen Oesterreicher die ersehnte Avancementsurkunde überreichte. „Nun aber muß ich eilen, daß ich in den Wagen komme. Gott befohlen, Herr Major!“

Der Piemonteser war der gegenwärtige italienische Ministerpräsident La Marmora und sein Schützling – der derzeitige Höchstcommandirende in Venetien, General Benedek.




Wieder eine neue Industrie. In verschiedenen Zeitungen war und ist noch die Anzeige zu lesen, daß man sich gegen Einsendung eines Thalers an „das Bureau der Unterrichtsbriefe für fremde Sprachen in Frankfurt a. M.“ in den Besitz eines Geheimnisses bringen könne, das Jedermann auf leichte Weise und ohne große Mühe zu seinem Lebensunterhalte zu verhelfen im Stande sei. Einer der Abonnenten unserer Zeitschrift hat nun versucht, sich dies werthvolle Geheimniß enthüllen zu lassen, hat darum seinen Thaler nach Frankfurt a. M. geschickt, – und was bat man ihm dafür offenbart? - ein langes autographirtes Schreiben des genannten Unterrichtsbureaus ist ihm geworden – es liegt uns vor – das ihm Anfertigung von - Briefcouverts empfiehlt, da, bei dem täglich steigenden Bedarfe diesen Artikeln, sich durch Fabrikation desselben ein ansehnlicher Gewinn werde realisiren lassen!

Weil nun jedenfalls Niemandem mit Enthüllung diesen Geheimnisses gedient sein wird, so wollen wir hierdurch alle nach einem „Lebensunterhalte“ strebenden Leser unseres Blattes vor nutzloser Verausgabung eines Thalers bewahren.




Ein Dank aus Südamerika. Grundsätzlich haben wir uns bisher aller und jeder Empfehlung von Bock’s „Buch vom gesunden und kranken Menschen“ im redactionellen Theile unseres Blattes enthalten und wollen auch beute nicht von diesem Grundsätze abweichen, können uns aber nicht versagen, im Nachstehenden einen Brief abzudrucken, welchen kürzlich unser verehrter Mitarbeiter Herr Professor Bock aus einer Gegend empfangen hat, in der sonst deutsche Literatur wohl kann, sehr verbreitet sein dürfte.

Sicher wird dieses Schreiben durch seinen Inhalt sowol als durch seine Beigaben auch den Lesern unseren Blattes von Interesse sein.

„Osoino, Provinz Valdivia in Süd-Chile, am 16. Sept. 1864.
Hochgeehrtester Herr Professor!

Obgleich ich nicht die Ehre habe, persönlich von Ihnen gekannt zu sein, so glaube ich doch auf Ihre Entschuldigung rechnen zu dürfen, indem ich diese Zeilen an Sie richte, welche allein das aufrichtigste Gefühl der Hochachtung und Dankbarkeit mir in die Feder giebt.

Ihnen, Herr Professor, verdanke ich nicht allein meine Gesundheit, sondern auch die Ruhe den Gemüthes, welche mich in den Stand setzt, mit unbefangenem Blicke die kurze Lebensstrecke zu übersehen, die meinem vorgerückten Alter noch zugemessen ist.

Nachdem ich von dem hiesigen Arzte Jahre lang auf eine Leberkrankheit behandelt worden war, ohne eine Besserung meines Zustandes eintreten zu sehen, führte ein glücklicher Zufall mir Ihre Schrift „Vom gesunden und kranken Menschen“ in die Hände, welche mir bald Arzt und Apotheke ersetzte. Die ruhige, überzeugende Klarheit Ihrer Darstellung befreite mich von einer Last eingebildeter Sorgen wegen des trostlosen Verlaufs meiner Krankheit und erfüllte mich mit Lebenslust, indem sie mich anregte mit ungetrübtem Herzen über die wahre Beschaffenheit meines Leidens und seiner Behandlung mich zu belehren, wobei die gleichzeitige Anwendung der einfachen Hausmittel, welche ich in verschiedenen Heften der „Gartenlaube“ zerstreut fand, mein körperliches Wohlbefinden in jeder Beziehung beförderte.

Durch eigne Erfahrung von der wohlthuenden Wirkung und der Zweckmäßigkeit Ihres ärztlichen Rathes fest überzeugt, habe ich mich bemüht, das obengenannte Buch unter den Mitgliedern meiner Familie und auch in weitern Kreisen zu verbreiten, während Ihr Bild in meinem Zimmer den Gegenstand der Verehrung bildet, welche Ihrer Person darzubringen mir nicht verstattet ist.

Indem ich mir erlaube, als ein Zeichen dieser Gesinnung die beifolgenden Kleinigkeiten Ihnen zu übersenden, welche nur durch Ihre freundliche Annahme einen Werth erhalten, zeichne ich mit aufrichtigster Hochachtung

Ihr ergebenster
Justo H. G … c.“

Diese „Kleinigkeiten“, die seit dem August des vorigen Jahres unterwegs gewesen waren, bestehen in einem Löwenfelle - zwei Otterfellen – einer großen wollenen Decke, chilenische Weberei. Sie steckt in einem Binsensacke, wie sie die Indianerinnen als Tragkörbe auf dem Rücken tragen, indem sie die Schnur vor der Stirn anlegen - einem Mate-Gefäß, bestehend aus einem Calabazo auf Silbergestell nebst silberner Bombilla; hierzu ein Päckchen Paraguaythee - goldenen, silbernen und kupfernen Geldstücken, wie sie früher und jetzt in Chile in Gebrauch; acht goldenen – davon einige im Werthe von fünfzig Thalern – zehn silbernen und vier kupfernen - verschiedenen irdenen Töpfchen – einigen Rebhuhneiern - einem Bündel Fidibus aus Alerzeholz – einem kleinen Calabazo mit gemahlenem Gewürz - Holzknorren, krankhaften Auswüchsen von Aepfelbäumen; einer Cigarrenspitze daraus – einem Glas mit Marmelade von Murta-Beeren – Caque, Waffe der Pehuenches (zwei Kugeln an einem Strick).




Wilhelm Bauer’s Taucherwerk und Küstenbrander. Ueber beide Erfindungen und ihre Schicksale sind wir seit einiger Zeit unsern Lesern die Mittheilungen schuldig geblieben; es geschah dies, weil der Stand der letzteren Erfindung lange in Ungewißheit schwebte, so daß jede Agitation für sie gelähmt war. Die Zeitungen haben nun bereits die Aenderung angezeigt, die in jüngster Zeit mit ihr vorgegangen ist, und somit hält auch uns nichts mehr auf, über das, was für beide Unternehmungen durch die Comités und die Gartenlaube gewirkt worden ist, in der nächsten Nummer einen Vorbericht zu geben und in der darauffolgenden mit der Quittung der für den Küstenbrander bis jetzt eingegangenen Beiträge zu beginnen. Die Summe, welche die Nation für das Taucherwerk vermittelst der Gartenlaube aufbrachte, betrug in runder Zahl

zwölftausend dreihundert und dreißig Thaler;

möge nun, der nationalen Wichtigkeit des Küstenbranders entsprechend, auch die Sammlung für diesen ausfallen!



Zur Beachtung. Uns vorliegende drängende Beiträge machten es uns unmöglich in der gegenwärtigen Nummer eine Fortsetzung der Schmid’schen Erzählung „der bairische Hiesel“ zu geben; in der nächsten Nummer dagegen wird ein weiterer Abschnitt der genannten Erzählung erscheinen, die dann ununterbrochen zu Ende geführt werden soll.

Die Redaction.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1865). Ernst Keil, Leipzig 1865, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1865)_320.jpg&oldid=- (Version vom 12.9.2022)