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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

Maria Antoinette’s Abschied von ihrer Mutter.

Gemurmel durch den Saal. „Welch’ eine Zukunft?“ fragte sich Maria Antoinette. Sie preßte das Portrait an ihr klopfendes Herz. Von ihrem Bruder Joseph geführt, verließ sie den Saal. Gleich dem Rauschen des Baches hallte es jetzt durch den großen Raum dahin; es waren die seidenen Roben der Damen, die zur Beugung sich herablassenden Füße der Herren, bei dem ersten, ehrfurchtsvollen devoten Gruße für Maria Antoinette, Dauphine von Frankreich. Abends war französisches Theater: ein Stück von Marivaux und ein Ballet von Noverre.

Am folgenden Tage die Vorlesung der Entsagungsacte durch den Fürsten Kaunitz. Maria Antoinette hatte keine Heimath mehr als Frankreich. Väterlicher und mütterlicher Hinterlassenschaft zu entsagen, gelobte sie an dem Altare; ihre schöne Hand ruhte auf dem Evangelium, das ihr der Graf Herberstein vorhielt. Frankreich – das Land ihrer Zukunft! Das Land der Pompadour, der Dubarry – vor dem die deutschen, gutmüthigen Scribenten warnten, ihre Hauptstadt Paris – jene glänzende Höhle des Lasters, verlockend, verwirrend, verderbend! –

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verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 773. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_773.jpg&oldid=- (Version vom 29.9.2019)