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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

Der Salmfang im Rhein.

Verwalter ab. In sehr günstigen Jahren haben einzelne geringere Fänge dem Pächter 1500 bis 2000 Thaler eingetragen. Der Rheinsalm wird in den kühleren Jahreszeiten fast nach allen Hauptstädten Europas versandt; die Nähe der Bäder Ems, Schwalbach, Wiesbaden, Homburg, Kreuznach etc. sowie die erleichterte Versendung durch die Dampfboote haben die Preise so sehr gesteigert, daß selbst bei sehr reichem Fange das Pfund mit 18 bis 20 Silbergroschen und während der Badesaison sogar mit 1 Thaler 15 Silbergroschen bezahlt wird.

Von den 29 Arten des Salmengeschlechts, welche Linné in vier Gattungen eintheilt, nämlich in buntfarbige Salmen oder Lachsforellen (Truttae), in Stinte (Osmeri), in Eschen (Coregoni) und in Salmbrachsen (Characini), werden im Rheine blos folgende fünf Arten angetroffen und gefangen: 1) der Lachs oder eigentliche Salm (Salmo Salar); 2) die Lachsforelle (Salmo Trutta); 3) die Steinforelle (Salmo Fario); 4) der Saibling (Salmo Salvelinus) und 5) der Rheinank (Salmo Lavaretus). Der Salm führt am Rhein diesen Namen blos von Neujahr bis Jacobitag, von da ab wird er schlechter und heißt Lachs. Der Salm des Rheins hat in Ansehung seines Geschmacks den Vorzug vor allen übrigen Seinesgleichen in Deutschland. Die wahre Heimath desselben ist die Nordsee an den scandinavischen Küsten. Er gehört zu den Zugfischen. Anfangs April zieht er haufenweis aus dem Meere in die Ströme, um dort zu laichen. Gewöhnlich ziehen 30 bis 40 Stück in einem Haufen, in zwei Reihen, welche vorn zusammenstoßen und so die Seiten eines Dreiecks bilden, wahrscheinlich um durch diese Stellung die starke Strömung in den Flüssen besser zu überwinden. An der Spitze befindet sich der stärkste Fisch, dem in Entfernung von je zwei Fuß zwei andere folgen; die jüngsten machen den Schluß. Sie wissen, wie die Schwalben, die alten Laichplätze jährlich wiederzufinden. In der Hälfte des Aprils ist der Salm bereits bis Coblenz und Anfangs Mai selbst bis Basel gestiegen. Im August besucht er die Nebenflüsse, wo ihn kein Hinderniß, kein Wehr und kein Wasserfall aufhält, so daß er schon in der Linth 3012 Fuß und in der Reuß 4400 Fuß über dem Meeresspiegel angetroffen worden ist. In jenen Bächen wird nun gelaicht. Die Zahl Eier von einem Salmenpaar soll sich auf 30,000 belaufen; in einem schwachen Salm von 20 Pfund wurden 27,850 Eier gefunden. Der Salm legt dieselben zwischen Steine und in kleine Vertiefungen; daß er kleine Gräben verfertige und dieselben überdies noch befestige, wie die alten Naturforscher, besonders aber Aldrovand, sagen, wird von neueren Forschern für eine Fabel erklärt. Nach sechs Wochen kommen die jungen Salmen zum Vorschein, und sobald sie zu Kräften gelangt sind, geht die Brut rheinabwärts in’s Meer hinaus. Die Schnellkraft des erwachsenen Salm ist so groß, daß er Wehre von sechs Fuß Höhe überspringt; es ist selbst vorgekommen, daß er sich auf die zehn Fuß hohe Rheinbrücke bei Mainz schnellte; versucht er es doch sogar, freilich ohne Erfolg, zur großen Ergötzlichkeit der Zuschauer, den achtzig Fuß hohen Rheinfall bei Schaffhausen hinauf zu springen.

Der hohe Werth der Salmen, welcher durch die zunehmende Consumtion und den verringerten Fang noch immer gesteigert wird, hat die Industrie veranlaßt, der Natur in ihr Geschäft zu greifen, um auf künstliche Weise Fische zu erzielen. Was man früher für ein Märchen hielt, ist jetzt Wirklichkeit. In einer Versammlung der British Association berichtete Herr Edmund Ashworth über höchst interessante Versuche schottischer Salmenzüchter, die zugleich

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verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 621. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_621.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)