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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

Momente der Selbstanklage! Es ist hier, wo es sich um Beschreibung der Folterwerkzeuge handelt, nicht Raum gegeben, um auf dieses Thema näher einzugehen. Was aber trieb die vielen Elenden zur Richterbank, um sich der unnatürlichsten, unmöglichen Verbrechen anzuklagen? Von einem dunklen, unbewußten Drange gejagt, lieferten sich jene Besessenen dem Richter freiwillig aus. Wie religiöser Wahnsinn seine Anhänger zu den verkehrtesten Dingen trieb, so läßt sich auch hierbei nur annehmen, daß eine Verwirrung des Geistes die höllischen Gespenster heraufbeschwor und daß diese Störungen die Bewohner ganzer Landstrecken, förmlich epidemisch, ergriffen, eine fürchterliche Manie erzeugend.

Fig. XIII. Der
Ungeheuerkopf
.

Fig. XIV. Der Schellenkragen.

Die Strafen betreffend, welche die Zauberer u. Hexen nach überstandener Folter ereilten, so lauteten die Urtheile meist auf Tod durch das Schwert, durch den Galgen oder durch das Feuer. War mit den Bezauberungen ein Mord verbunden, so condemnirte man sie zum Rade. Das Fig. VII. abgebildete Rad ist oben mit einem scharfen, messerförmigen Kamm versehen, welcher die Glieder abstieß; bei der Procedur selbst griff der Henker in die Speichen und schlug auf die Gebeine des zu Richtenden.

Die Strafe des Galgens, Hexen und Zauberer treffend, wurde durch besondere Vorrichtungen vollstreckt. Fig. VIII. a und b. zeigen unter a. einen „Hexenhaken“ mit Feder, welchen der Henker an beliebiger Stelle einschraubte; b. einen „kunstgerecht“ geschlungenen Strang zum Hängen gerichtet. Diese besonderen Requisiten für Zaubererexecutionen wurden deshalb in Bereitschaft gehalten, weil mit den Stricken, Haken etc. Mißbrauch getrieben ward. „Es sollen die Schöffen darauf sehen, daß die Henker nicht Strick, Haken oder Stäbe von denen armen Sündern nach ihrer Abthuung liegen lassen; dieweil allerlei Hexenwerk mit solchen Dingen getrieben wird.“

Fig. IX. zeigt unter a. und b. ein zur Folter gebrauchtes Instrument, welches jedoch älterer Zeit entstammt. Es ist dies eine „Würgbirne“, a. geschlossen, b. geöffnet. Diese Birne ward, im 16. Jahrhundert namentlich, den zu Folternden in den Mund gesteckt. Mittelst einer Feder öffnete sich das Instrument (b) und füllte den Mund vollständig aus, wodurch jeder Schrei oder sonstige Gewaltthat z. B. Beißen des Henkers, verhindert wurde. Die Würgbirnen sind eine spanische Erfindung und waren bei den peinlichen Fragen des Inquisitionsgerichtes ein beliebtes Requisit.

Fig. XVI. Der Todtenschädel.

Hieran dürfte sich unmittelbar das unter Fig. X. abgebildete Straf-, nicht Folterinstrument schließen. Im 16. Jahrhundert wurden diese Zangen Ungulae genannt. Man behielt ihren Gebrauch jedoch bei und nannte sie später „Spinnen“, mit welchem Insecte sie der Form nach auch Aehnlichkeit haben. Der empörende Gebrauch, den man von der Spinne machte, stempelt sie zu einem der fluchwürdigsten Werkzeuge menschlicher Tyrannei.

Diese spitzen Klauen, diese scharfen Eisen schlug man in das Fleisch des Verurtheilten. Jeder Biß dieser Zangen riß große Stücke aus dem Körper. Namentlich – es ist haarsträubend – zermarterte man damit die Brüste der Verdammten. Wunderlich genug scheint die Spinne durch religiöse Verehrung in Aufnahme gekommen zu sein. Unter Papst Paul III. soll man zu Rom auf dem Vaticanischen Gottesacker ein solches Werkzeug in dem Grabe eines Märtyrers gefunden haben. Die Reliquie ward im Vatican aufbewahrt; sie gab leider einem Finsterlinge das erwünschte Model.

Fig. XVI. Straf-Instrument für
Marktfriedensbrecher.

Daß die ersten Christen mit ähnlichen scheußlichen Instrumenten gepeinigt wurden, dürfte übrigens keinem Zweifel unterliegen.

War nach abgelegtem Geständnisse etwa ein neuer Widerruf erfolgt, so schritt man zur Feuerfolter, dem fünften Grade. Er

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verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 605. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_605.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)