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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

Das nordische Ufer umbrandet die See,
Im hellen Rock auf dem hellen Schnee
Liegt hart gebettet der Alpe Sohn,
Die Nacht und der Tod umhüllen ihn schon.
Ihm riß das tückische dänische Blei
Des Kaisers Rock und das Herz entzwei,
Und Keiner ist, der Kunde ihm bringt,
Daß des Sieges Fanfare schmetternd erklingt;
Verlassen stirbt er in eisiger Ruh’,
Und Keiner drückt ihm die Augen zu.
Sein Kaiser rief ihn zum fernen Strande —
Zu Deutschlands Ehre, zu Deutschlands Schande?
Wofür er gefallen, er weiß es nicht,
Er folgte gehorsam dem Rufe der Pflicht,
Im Herzen die Ehre und nicht den Verrath,
Der tapfre, der treue Kaisersoldat.
Ein Seufzer ringt aus der Brust sich hervor,
Noch einmal schlägt er die Augen empor,
Hinauf zu den ewigen funkelnden Sternen,
Da grüßen ihn Alle, die Lieben und Fernen;
Er fühlt, wie der Mutter frommes Gebet
Mit stärkendem Segen ihn tröstend umweht;
Die Thräne der Braut thaut ihm in’s Herz
Und kühlt den brennenden tödtlichen Schmerz;
Des Vaters denkt er, da grüßt ihn leise
Die treue, die traurige heimische Weise;
Sanft sinkt er zurück — die See geht hohl —
Ade, mein treues Land Tirol!
Ade, mein Land Tirol!

Albert Traeger. 


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_269.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)