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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

um die Scheibe herum, dabei die Erde um sich selbst und um die Sonne, und der Mond um die Erde. Dabei kommen folgende geographische und astronomische Lehren und Thatsachen zu voller Anschauung und wirklichem Vorgange:

1) Wirkung der Sonne auf Erde und Mond mit ihrem Lichte,

2) Bewegung der Erde um ihre Achse und um die Sonne,

3) Bewegung des Mondes um die Erde,

4) Sonnen- und Mondfinsternisse.

Das Tellurium steht vor uns auf dem Tische. Wir stecken die Lampe oder Sonne an, machen das Zimmer dunkel und


Das Tellurium.

lassen durch den Druck auf eine Feder das aufgezogene starke Federwerk wirken. Und nun haben wir den bewegten Himmel in unserer Stube. Die Sonne scheint auf die um sich selbst rollende und sich um die Sonne drehende Erde hinüber. Der Mond muß immer mit und dabei auch nicht versäumen, immer zu rechter Zeit um die Erde herumzukommen und zwölf Mal „neu“ und „voll“ zu werden. Auf der Scheibe ist rundum der Thierkreis bezeichnet, wodurch wir sehen und begreifen lernen, wie die vier Jahreszeiten und die Monate verlaufen, während die Erde einmal um die Sonne sich bewegt.

Dabei dreht sich die Erde 365mal um sich selbst. Wir sehen, wie Tag und Nacht sich damit um die Erde jagen; wir sehen, wie es immer zugleich (nur auf verschiedenen Stellen) Morgen, Mittag, Abend und Nacht wird auf der Erde.

Mit diesen beiden Bewegungen kommt auch der Mondumlauf zur genauen Auschauung. Der Draht, der ihn bewegt, wird durch eine genau regulirte excentrische Scheibe (die Mondbahn) so bewegt, daß die sonst schwer deutlich zu machende Mondbahn wirklich durchlaufen wird und der Mond während jeder 29½ maliger Erdumdrehung (also eines Monats) einmal um die Erde geht. Gleichzeitig werden die Mondwechsel in Raum und Zeit, Licht und Schatten wirklich verauschaulicht. Nun gilt es aber noch das Interessanteste, nämlich Sonnen- und Mondfinsternisse zu machen. Bei den besten und theuersten Tellurien entstehen sie von selber. Um die gewöhnlichen auch dazu zu benutzen, stellt man nur die excentrische Scheibe danach, indem man mit der einen Hand das Gestell der Erdachse festhält, während man mit der andern die Scheibe dreht. So kann man beliebig eine Sonnen- oder Mondfinsterniß machen, totale und theilweise, auch deren Wege, Richtungen, Anfänge und Ausläufe. Sobald die Mondkugel sich zwischen dem Erdglobus und der Sonne (Lampe) befindet, bedarf es nur einer richtigen Stellung der excentrischen Scheibe, um den Mondschatten über die Erde gleiten zu lassen. Die in dem Schatten stehen, sehen dann natürlich die Sonne nicht, also eine Sonnenfinsternis. Befindet sich die Mondkugel auf der entgegengesetzten Seite des Erdballs, so läßt sie sich leicht in den Erdschatten drehen, wir sehen also eine Mondfinsterniß.

So haben wir mit einem wunderbar einfachen Mechanismus, der für Kinder und allgemeinste Anschauung schon von vier Thaler an zu haben ist (aber blos zum Drehen mit der Hand, ohne Uhrwerk) das prächtigste, plastische Unterrichtsmittel in der sonst so schwer begreiflichen mathematischen Geographie. Es wird Tag und Nacht vor unseren Augen, Voll- und Neumond, Frühling, Sommer, Herbst und Winter, und wir erfahren und sehen, warum und wie.

Die Reliefgloben, auch Reliefkarten, die Tellurien, auch physikalische, chemische und elektrische Apparate, hemisphärische Sonnenuhren (patentirte Erfindung des Herrn A. Schmeißer) sind eine ganz besondere, sich täglich vervollkommnende und erweiternde Kunstindustrie der geographisch-artistischen Anstalt von Ernst Schotte und Comp. in Berlin, Potsdamer Straße 36. Ich lernte die Anfänge der Reliefgloben vor 25 Jahren beim Commissionsrath Kummer in Berlin kennen. Dieser starb und mit ihm auch weiterer Fortschritt auf dessen Gebiete auf lange Zeit. Erst ganz neuerdings hat der junge, intelligente, thatkräftige Eigenthümer der erwähnten Anstalt Alles vereinigt, was Wissenschaft, Kunst und Technik zur vollkommensten Ausbildung dieser herrlichen Anschauungs-Unterrichtsmittel irgend leisten können. Reliefgloben in allen Größen und in den meisten gebildeten Sprachen werden zu Preisen von acht bis zu mehreren hundert Thalern gefertigt, wobei wir bemerken, daß Nr. 10 mit politischer Eintheilung, Meeresströmungen, vollständiger Druckschrift für Schulen und für Privatgebrauch für den schönsten und empfehlenswerthesten gehalten wird (kostet 12 Thlr.). Ich denke aber, daß derselbe mit beweglichem, graduirtem, messingenem Halbmeridian (15 Thlr.) vorzuziehen sei. Relief-Kugel-Abschnitte und specielle Reliefkarten eignen sich für genauere Studien, aber auch als würdige Wandverzierungen in Goldrahmen. Von den Tellurien empfehlen sich die einfacheren (ohne Uhrwerk) für Kinder zu Geschenken, genauere mit Uhrwerk (20 Thaler) für alle größeren Schulen, da mit ihnen in einer Stunde mehr mathematisch-geographische Wissenschaft verbreitet werden kann, als sonst durch Lehren und Auswendiglernen in Monaten.

Eltern, Lehrer, Schulvorsteher, „Behörden“ sollten bedenken, daß sie durch Anschaffung solcher Unterrichtsmittel dem nothwendigsten und unerläßlichsten Wissen einen Reiz, eine Leichtigkeit und einen Genuß verschaffen, der belebend und verschönernd auf die ganze Schulstube und auf alle Gesichter aus- und niederstrahlen wird. Es liegt ein wundervoller Zauber in diesen neuen, praktischen, technisch und künstlerisch schönen, gebirgigen Erdkörpern und den geheimnißvoll schnurrenden Drehungen, die Tag und Nacht, Frühling, Sommer, Herbst und Winter, Sonnen- und Mondfinsternisse in unserer engen Zelle mit freundlicher Lampe machen.

H. B.



Der neue Herzog von Schleswig-Holstein.

Auf Grund eines von der Willkür beschriebenen Blattes Papier, welches angeblich das Gleichgewicht Europa’s sichern sollte, in Wahrheit aber nur im Interesse Rußlands ausgefertigt wurde, hat Prinz Christian von Glücksburg den Thron der dänischen Monarchie bestiegen. Im Namen des hier in Eins fallenden alten Fürsten- und Volksrechts hat sich ihm für die deutsche Hälfte jenes Ländercomplexes der Prinz von Augustenburg als Herzog Friedrich VIII. von Schleswig-Holstein entgegengestellt.

Ein dänischer Staat mit Schleswig unter einem Fürsten und einer Verfassung, mit Holstein als Nebenprovinz unter einem und demselben Fürsten – so lautet dort die Parole.

Schleswig-Holstein ein Staat für sich und Dänemark ein Staat für sich, dort Friedrich VIII., hier Christian IX. Träger der Krone; denn in den Herzogthümern herrscht der Mannsstamm der Oldenburger – so heißt das Feldgeschrei im diesseitigen Lager.

Dort eine diplomatische Intrigue, hier das Recht, das Interesse,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 793. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_793.jpg&oldid=- (Version vom 6.1.2019)