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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

Ausbildung der Jugend eine Verkürzung der Dienstzeit zu ermöglichen, wie das z. B. in Würtemberg der Fall ist. In Frankfurt hat man, neben dem hochanzuschlagenden pädagogischen Einfluß solcher Uebungen und solcher militärischen Ausbildung und Gewöhnung, hauptsächlich das oben angedeutete Ziel im Auge gehabt, und wenn Frankfurt nur eine einzelne Stadt ist und ein gar kleiner Staat in Deutschland, so hat man Angesichts des politischen Lage Deutschlands und der politischen Bildung der heutigen Tage


Frankfurter Jugendwehr.
Nach einer Photographie aufgenommen.

doch gehofft, daß es nur dieses Beispieles und dieses praktischen Beweises, was sich auf solchem Wege wirken läßt, bedürfe, um allerorts in deutschen Landen ähnliche Institute erstehen zu sehen. Ferner ist die Ansicht heutzutage keine vereinzelte mehr, daß zu den zu erstrebenden Neuerungen in erster Linie die Ersetzung der stehenden Heere durch Volksheere gehören müsse. Auch für Erreichung dieses Zieles glaubten die Gründer der Jugendwehr mit dieser Gründung den Weg betreten und angebahnt zu haben, wenn anders die oben ausgesprochene Hoffnung sich erfüllt.

Solche Ansichten und Wünsche hatten schon lange in einigen Männern den Gedanken reifen lassen, der Jugend Frankfurts durch Errichtung einer Jugendwehr ein Geschenk zu machen, wie ihr nicht leicht ein schöneres und nützlicheres werden konnte. Die Männer, welche außerdem von Liebe zur Jugend erfüllt waren und das Wesen und das Gemüth der Knaben verstehen gelernt hatten, glaubten für ihre Pläne mit dem Schützenfest den günstigen Moment gekommen und gingen an’s Werk, den Boden zu bereiten. Zu diesem Zweck allein veranlaßte einer dieser Männer die Verwendung der Schuljugend als Führer für die fremden Schützen. Man hatte hierzu ein Corps von circa 500 Knaben gebildet, zu welchem jede Schule in Folge Einladung an die Directoren eine ziemlich gleiche Anzahl stellte, und das durch jenen Mann, der als Turnwart des hiesigen Turnvereins und Leiter des Knabenturnens in demselben die nöthige Befähigung hierzu gewonnen hatte, militärisch abgetheilt und geordnet und binnen 5 Abenden in den nothwendigsten Bewegungen so weit eingeschult wurde, daß die Mannschaft sowohl für den angeführten Zweck leicht verwendbar war, als auch in ihrer Gesammterscheinung und dem disciplinirten und geordneten Auftreten der aus allen Ständen und Schulen zusammengewürfelten Knabenschaar einen vortheilhaften Eindruck machte auf Fremde und Einheimische. In Manchem ist damals der Wunsch rege geworden, eine solche Erscheinung keine vorübergehende sein zu lassen, und Manchem ist wohl eine Ahnung aufgegangen, was sich mit und aus dem kleinen Volke schaffen lasse. – Da so der Boden gelockert war

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 629. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_629.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)