Seite:Die Gartenlaube (1863) 588.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

auch jetzt den Director Bendemann, die Professoren Sohn, Wiegmann und sogar die strengen Katholiken Deger, Karl und Andreas Müller, Ittenbach und Andere mehr zu seinen Freunden.

Im Angesichte einer solchen Gesellschaft stellt man sich naturgemäß die Frage, ob im Verhältniß zu ihrem Wachsthume auch die tiefern idealen Kunstzwecke gefördert worden sind. Haben die Künstler neue Bahnen eingeschlagen? Wurden die höchsten Richtungen der historischen Bildnerei in größerm Umfange aufgenommen? Ist die Composition zu höhern Flügen angeregt worden? Hat man in der Technik bedeutende Fortschritte gemacht? Seltsamer Weise können die Antworten nicht sehr erfreulich lauten. Leider haben im letzten Decennium eine Menge von ausgezeichneten Malern die Stadt verlassen. Freilich besitzen Dresden, Berlin, Frankfurt, Carlsruhe und Weimar Filialen der rheinischen Schule. Dieselben haben uns früher schon Hübner und Bendemann – der letztere ist bekanntlich zurückgekehrt – Becker und Dielmann, Schrader, Knaus, Lessing, Schrödter und Schirmer, sowie eine Menge anderer Künstler entzogen. Leutze kehrte nach Amerika zurück. Glücklicher Weise trägt die Kirche die Bestrebungen Deger’s, der Brüder Müller und Ittenbach’s, so daß wir also eine treffliche biblische Malergruppe besitzen. Dagegen ist die profane Geschichtsmalerei fast ganz erloschen. Lessing und Leutze waren ihre letzten bedeutenden Vertreter. Auch in der Volksmalerei sind die Talente aus früheren Tagen nicht übertroffen worden. Ritter und Hasenklever sind todt. Zu Jordan, Tideman, Böttcher, Gesellschap, Wieschebrink und Siegert haben sich in den letzten Zeiten nur Benjamin Voutier, Kindler und Salentin als ebenbürtige Talente gesellt. Schirmer, der jetzt die Carlsruher Schule dirigirt, und Gude, der nach England gegangen ist, vermißt Düsseldorf auch nicht gerne. Die beiden Achenbach, Scheuren und Weber werden von keinem Jüngern erreicht, viel weniger übertroffen. Die letzte Generation hat einen zu realistischen Weg betreten. Sie fügt sich zu sehr den Neigungen des Publicums, das im Volksbilde und in der Landschaft die nüchterne Wirklichkeit sucht. Es wird leider oft mehr für den Verkauf als für die Kunst gearbeitet. Und das geschieht denn auch noch rasch, hastig, ohne innerliche Vertiefung in den Gegenstand. In Beziehung auf gediegenen Fleiß und zähes Fortstreben sind die ältern Künstler nach wie vor die besten und gewissenhaftesten Meister.

So erscheinen die hauptsächlichsten Resultate, welche der Malkasten erreicht hat, als geselliger und socialer Natur. Die erstern suchte ich in der Kürze darzustellen, die zweiten anzudeuten. Ohne Zweifel haben die Künstler in Düsseldorf bedeutend zur Hebung des Standes mitgewirkt. In dem Unterstützungsverein, der im Malkasten stets eine freundliche Pflege fand und der gegenwärtig ein nicht unbeträchtliches Capital besitzt, hat die Künstlerschaft ein treffliches Institut geschaffen. Daß von dieser Seite her auch die deutsche Kunstgenossenschaft vorzugsweise in’s Leben gerufen und gefördert wurde, ist bereits gesagt. Dann aber gereicht es dem Verein zur ganz besondern Ehre, daß er sich einen solchen Sitz zueignete, wie das Jakoby’sche Gut, in welches ich die Leser beim Beginn meiner Darstellung eingeführt habe. Man darf mit Recht sagen: Der Malkasten hat sich um Düsseldorf, um den Rhein, um das deutsche Vaterland verdient gemacht.

Dieser alte classische Grund und Boden war nämlich vor einigen Jahren in Gefahr, als Erinnerungsstätte deutscher Cultur verloren zu gehen. Nach dem Tode des Staatsraths Jakoby, eines Sohnes des Philosophen, befand sich die Familie nicht mehr in der Lage, das Gut an der Hand zu halten. Es kam in andern Besitz. Schon sollte damit begonnen werden, den Park in Bauplätze zu parcelliren. Vergebens erhob sich ein Schrei des Entsetzens in den öffentlichen Blättern. Gesuche an die Regierung und an die Stadt, Haus und Garten zu erwerben, hatten keinen Erfolg. Da tauchte der Gedanke auf, daß die Künstlergesellschaft sich hier einen schönen Sommergarten bilden könne. Andreas Achenbach und Assessor Alexander von Sybel legten sich in’s Mittel und bewerkstelligten den Ankauf, indem sie sich erboten, die Anlagen später zu dem kostenden Preise wieder an den Malkasten abzugeben. Nun wurden Bilder gemalt, auswärtige Künstler sandten gleichfalls Spenden ein. Man rüstete eine große Lotterie, die im ganzen Vaterlande den lebendigsten Anklang fand. Die in Aussicht genommenen Summen wurden bedeutend überschritten. Das Gut wurde Eigenthum der Gesellschaft. Man besaß schließlich noch einen Reservefond, für den man ein neues Gesellschaftsgebäube her zu stellen denkt. Bei dieser Gelegenheit wurden nun auch alle Künstler Düsseldorfs einig. Wir sprechen unsern Segen dazu. Mögen sie es alle Zeit bleiben!

Das war in der That ein wackeres Werk. Jedem Deutschen, der ein Herz für sein Volk und dessen geistige Geschichte hat, ist hier ein Ort erhalten worden, der in alle Zeiten hin heilig und geweiht sein wird. Wir Leute von der Feder danken es den thätigen und liebenswürdigen Künstlern ganz besonders. Und sie selber werden es wahrlich am wenigsten bereuen, daß sie im Augenblicke der Gefahr mit Rath und That eingeschritten sind.

In den letzten Jahren hat sich der Verein lebhaft mit dem Plane beschäftigt, auf diesem Grund und Boden ein Gebäude aufzuführen, das sowohl im Winter wie im Sommer seinen Zwecken entspricht. Man hat bereits eine Concurrenz ausgeschrieben, es sind Entwürfe eingekommen, einem derselben ist der Preis zuerkannt worden. Zur Ausführung wird er indeß vorläufig wohl schwerlich kommen, da ein Zwischenfall eingetreten ist, der der Gesellschaft wahrscheinlich und hoffentlich noch zu einem größern Besitz verhilft. Zwischen dem Garten des Jägerhofes und dem Jakoby’schen Gut erstreckt sich nämlich ein Theil der frühern Fabrik, welche die Familie besaß und die später in andere Hände überging. Dieselbe hat aber eine große Fronte nach der Straße hin, während das Jakoby’sche Gut im Hintergrunde liegt. Die Fabrik und der anliegende Garten ist aber vom Fiscus erworben worden. Der letztere wird wohl kein Bedenken tragen, dem Malkasten den Theil an der Straße abzugeben, damit er auf demselben bauen und den Park und das alte Haus schonen kann. Die ganze Gegend würde dadurch sehr an Anmuth und Schönheit gewinnen. Die Düsseldorfer Künstlergesellschaft hat schon früher das Unmögliche möglich gemacht. Sie wird auch wohl hier zum sichren Ziel gelangen. Und wenn sie erst in dem neuen Hause ihren Sitz aufgeschlagen hat, möge denn auch fürder Freude, Einigkeit und echtes Kunstgefühl bei ihr wohnen!




Bilder aus dem dritten deutschen Turnfeste zu Leipzig.
1. Scene aus dem Festzuge.

Wir hoffen, in den vor uns liegenden, besonders wichtige oder belebte Momente des Festes vergegenwärtigenden Bildern denjenigen unserer lieben Leser, welche nicht Zeugen jener festlichen Tage waren, eine willkommene Gabe zu bieten; für die Theilnehmer an jenem großen Feste aber sollen diese Darstellungen Gedenkblätter sein, bei deren Anblick die Erinnerung an die in der Feststadt verlebten schönen Tage immer wieder warm und belebend die Seele durchzieht.

Die begeisterndste Erinnerung wird immer dem großen Festzuge am Montage bleiben. Eine stattliche Armee war es, die sich da aufgestellt hatte, aber es war nicht das Volk in Waffen, es war ein Volk in Liebe, ein Brudervolk! Wenn man diese von begeisterter Freude gehobene Schaar sah, so mußte man sich erstaunt fragen: ob dies Söhne und Enkel derselben Vorfahren seien, die vor Zeiten um geringer Ursachen willen im allerhöchsten Auftrage einander nach Leben und Eigenthum trachten mußten?

Ja, sie sind es, aber der große Festzug beim dritten deutschen Turnfeste war gewissermaßen die Verkörperung aller der Einheitsideen, die uns in Lied und Wort schon so oft vorgeschwebt und uns begeistert haben.

Eine glühende Sonne schien auf den unendlichen Festzug hernieder, ohne jedoch dessen Theilnehmer ermatten zu können. Fanden sich doch auch überall Mundschenken und liebliche Mundschenkinnen in Menge, welche den Vorüberziehenden einen Labetrunk kredenzten. Mit Dank und Jubel wurden immer diese erfrischenden Liebesgaben aufgenommen, und wenn sich durch dergleichen Zwischenfälle auch die Ordnung des Zuges an einzelnen Stellen auf Augenblicke zu lösen schien, so wurde sie doch stets rasch genug wieder hergestellt. Mit einem begeisterten Hoch! oder einem käftigen Gut Heil! dankte man den freundlichen Gebern oder den schönen Geberinnen; man schwenkte ihnen zu Ehren die Fahnen, und dann wurden im Sturmschritte die im Zuge entstandenen Lücken rasch wieder ausgefüllt.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 588. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_588.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2019)