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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

und 120 Fuß Breite – englisches Maß – ein und sind durchaus massiv, in den Fundamenten und Sockeln aus Sandstein, im Uebrigen aus Rohbacksteinmauerwerk aufgeführt. Die Dachdeckung ist Asphaltpappe. Die Decken der Rindvieh- und Pferdestallung sind zwischen schmiedeeisernen Trägern mit Hohlbacksteinen flach ausgewölbt, mit Cement verputzt und durch gußeiserne Säulen unterstützt. Zu den übrigen Decken und zu den Dachconstructionen ist durchaus geschnittenes hochkantiges Holz verwendet, Verputz an diesen Decken und an den Wänden überall vermieden.

Alle Stallungen haben Doppelfenster, welche jedoch nicht zum Oeffnen eingerichtet sind, da durch die dicht unter den Decken angebrachten Ventilirapparate, die je nach Bedürfniß leicht regulirt werden können, immerwährend frische Luft zugeführt wird. Krippen und Raufen im Pferdestall, sowie die Tränktröge im Rindviehstall sind aus Schmiede- und Gußeisen. Die Raufen im Pferdestall nicht, wie es bisher üblich war, über den Krippen, sondern neben diesen in derselben eisernen Platte hängend, so daß die Pferde das Heu wie aus einem Korbe fressen. Die Krippen im Rindviehstall sind aus Eichenholz, da dieses Vieh, wie in England, nur Trockenfutter erhält. In den Tränktrögen, von denen immer zwischen zwei Stück Rindvieh einer in die Krippen eingelassen ist, ist stets frisches Wasser vorräthig, und dasselbe wird aus einer 5000 Fuß von den Gebäuden entfernten Quelle in eisernen Röhren hergeleitet, von zwei Reserven aufgenommen und von diesen nach allen Theilen der Gebäude vertheilt. Das täglich der Wirthschaft zu Gebote stehende Wasserquantum beträgt 1200 Cubikfuß.

Durch die ganze Länge des an der Westseite liegenden, 94 Fuß langen Maschinengebäudes läuft eine Transmission, welche die Kraft einer acht Pferdekraft starken Dampfmaschine auf folgende Hülfsmaschinen überträgt: Mühle, Dreschmaschine, Rübenschneider, Grünfutterschneider, Häckselschneider, Strohschneider, Haferquetsche, Leinkuchenbröckler und Kartoffelmusmaschine. Der von der Dampfmaschine abgehende Dampf erwärmt das zum Waschen und zur Reinigung der Gefäße nöthige, ebenfalls in einer Reserve vorräthige Wasser bis zu einem ziemlich hohen Grad.

Von dem Raum, in welchem durch die Maschinen das Futter vorbereitet wird, läuft eine über den Futtergang sich hinziehende Eisenbahn, aus welcher mittelst eines kleinen Wagens das Futter in die Stallungen gefahren und sofort in die betreffenden Krippen vertheilt wird. Die gewonnene Milch wird in dem nach englischer Art eingerichteten Milchgewölbe in Porcellanschalen, welche auf gußeisernen Tischen stehen, aufbewahrt. Ueber diese Tische fließt immerwährend frisches Wasser. In der Mitte des Gewölbes befindet sich ein Springbrunnen mit Schale, in welcher die Butter frisch erhalten wird. Die Butterbereitung geschieht in dem vor dem Milchgewölbe liegenden Zimmer.

Das Schweinehaus hat, abweichend von der englischen Einrichtung, eine doppelte Fütterungseinrichtung, und zwar so, daß im Winter in dem im Schweinehaus selbst liegenden Futtergange, dagegen im Sommer in den Vorhöfen der Schweinekothen gefüttert wird. Auch hier sind die Futtertröge aus Gußeisen. Die Zubereitung des Futters geschieht mittelst eines in der dicht an den beiden Futtergängen liegenden Küche aufgestellten Dampfkochapparates. Sämmtliche Jauche wird durch in Cement gemauerte Canäle in ein vollständig geschlossenes Jauchengewölbe abgeführt, von wo aus sie mittelst einer Druckpumpe entweder auf die überdachte Miststelle verbreitet oder auf das Fuhrfaß gebracht werden kann.

Getreide und Heu werden wie in England in Feimen auf schmiedeeiserne Gestelle aufgestellt und von da aus auf die Maschinen zum Verarbeiten gebracht. Zu bemerken ist noch, daß, da das Dienstpersonal nicht im Hause verköstigt wird, auf Kücheneinrichtung und dergleichen Räume keine Rücksicht genommen worden ist.

Dies ein flüchtiger Ueberblick des Baues. Man sieht, es handelt sich hier, wenn von Fortschritt und Bedeutung für die Landwirtschaft die Rede ist, nicht um leere Phrasen oder hohle Theorien; vielmehr ist etwas praktisch und durch die That in’s Leben geführt worden, wovon wir nur wünschen können, daß es Nachahmung finde.

Daran wenigstens kann wohl nicht gezweifelt werden, daß die neu errichtete Musterfarm ihre nächste Aufgabe, die rationelle Landwirthschaft zu heben, glänzend zu erfüllen im Stande ist.


Ein vergessener Held der Befreiungsjahre.
(Schluß.)

Das Jahr 1813 und der Feldzug in Deutschland fügten neue und noch reichere Lorbeeren zu den früheren, die sich Eugen in Rußland erkämpft hatte. Die Schlacht bei Lützen am 2. Mai 1813, die, wenn sie nach des großen Scharnhorst Plane am frühen Morgen von dem zaudernden russischen Oberbefehlshaber v. Wittgenstein eröffnet worden wäre, einen für die verbündeten Waffen sieggekrönten Ausgang genommen haben würde, flocht den ersten Ruhmeskranz um die Stirn unseres 25jährigen Helden, und erwarb ihm die Freundschaft und das Wohlwollen des alten York, der an diesem Tage Gelegenheit fand, des Prinzen Muth und Feldherrnblick zu bewundern. Nach einem hartnäckigen Wechselfieber, von welchem sein, obschon an Strapazen gewöhnter, an sich aber schwächlicher Körper heimgesucht wurde, gewahren wir ihn in der zweitägigen Schlacht bei Bautzen, am 20. und 21. Mai, wieder an der Spitze seiner Truppen, mit denen er zwar keinen Sieg erfechten konnte, wie es wohl auch nicht in der Absicht der Verbündeten lag, dem Feinde jedoch namhafte Verluste beibrachte. Das historisch denkwürdige Treffen bei Reichenbach und Markersdorf am 22. Mai war eigentlich das erste, was er ganz selbstständig leitete, und er traf in demselben seine Dispositionen so trefflich, daß der an allen Waffengattungen vielfach überlegene Feind bis zur hereinbrechenden Nacht, ohne große Verluste Seitens der Russen, von ihm aufgehalten wurde. Mit gleichem Glücke hielt er am 20. August das Armeecorps Vandamme’s bis spät Abends, zwischen Krischwitz und Struppen, auf, obschon bereits an diesem Tage ein unseliger Gast bei ihm eintraf, der geisteskranke General Graf Ostermann-Tolstoy, welcher, gestützt auf einen beschmutzten Zettel Papier, den Oberbefehl auf dem rechten Flügel der Verbündeten beanspruchte und vielfache Verwirrungen unter Eugen’s Generalstab, wie unter seinen Truppen, veranlaßte. Zwar gelang es dem Prinzen, ihn inmitten des Kampfes nach seinem Standquartier zurückschaffen zu lassen, allein er wich nicht von seiner Seite, und schon nach wenig Tagen trat die unglückliche Gestalt des verwirrten Grafen ihm bei Priesten und Culm vielfach hindernd und störend entgegen. Es war am 29. August 1813, als in der Nähe von Culm sich eine der entscheidenden Waffenthaten den fast tagtäglichen Gefechten des Prinzen anreihte, die Schlacht von Culm am 30. August glorreich vorbereitete und die Heere der Verbündeten zu neuen Siegeshoffnungen berechtigte.

Die große Wichtigkeit des Treffens bei Priesten mag es entschuldigen, wenn wir hier den nur zu bescheidenen Bericht des Prinzen Eugen über dasselbe wörtlich mittheilen: „Um 1 Uhr Mittags begann der russische Oberstlieutenant Bistrom das Feuer, was eine starke Batterie auf den Culmer Höhen ohne allen Erfolg erwiderte. Während sich die französischen Truppen um Culm her in dichten Massen zusammenzogen und für’s Erste den von dieser Seite begonnenen Andrang aufzugeben schienen, begann das Gefecht bei Straden gegen den General Bistrom mit äußerster Heftigkeit, sodaß dieser Flügel bis an die Eggenmühle zurückweichen mußte. General Yermolow sendete ihm sofort das Regiment Semenov zu Hülfe, und vermöge dieser Unterstützung ging Bistrom gegen den zuerst Vortheile erringenden Feind wieder vor. Ich selbst ließ den General Helfreich bei der Juchten-Capelle in die Intervalle zwischen dem linken Flügel und dem Dorfe Priesten einrücken und später auch noch die Regimenter Czernigoff und Tobolsk in dieser Richtung vorrücken, während Fürst Schachowskoy bei dem Dorfe Priesten zurückblieb. Der Feind näherte seinerseits das Gefecht durch die Division des Generals Mouton-Duvernet und warf in erneuertem fürchterlichen Kampfe die Truppen unter Bistrom wieder nach der Eggenmühle zurück. Yermolow ließ nun auch

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 582. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_582.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)